Klage gegen E-Card gescheitert

Verletzt die E-Card Grundrechte? Das argumentierte zumindest ein Versicherter und zog vor Gericht. Dort ist er jetzt mit seiner Klage gescheitert. Nun ist das Bundesverfassungsgericht gefragt.

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Gesundheitskarte im Geldbeutel: Dort bleibt sie erst einmal.

Gesundheitskarte im Geldbeutel: Dort bleibt sie erst einmal.

© Bernd Thissen / dpa

DÜSSELDORF (iss). Wenn es nach Rechtsanwalt Jan Kuhlmann geht, wird sich das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) befassen.

Kuhlmann will für einen Mandanten das Recht erstreiten, sich von der Nutzung der neuen Karte befreien zu lassen. Letztendlich geht es ihm um die höchstrichterliche Feststellung, dass das gesamte Projekt verfassungswidrig ist.

Der Jurist vertritt einen Mann aus Wuppertal, der bei der Bergischen Krankenkasse versichert ist. Sie hatte ihn bereits 2009 über die eGK informiert und um ein Foto gebeten. Der 32-jährige Versicherte hat datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Projekt und will die Karte nicht nutzen.

Deshalb hat er seine Kasse verklagt: Sie soll ihn von der Einführung der eGK ausnehmen und sicherstellen, dass sein Sachleistungsanspruch dennoch unvermindert weiter gilt. Damit ist der Mann jetzt vor dem Sozialgericht Düsseldorf (SG) gescheitert.

Verfassungsrechtlich unbedenklich

Ein Befreiungsrecht sei im Gesetz nicht vorgesehen, was auch verfassungsrechtlich unbedenklich sei, sagte die Vorsitzende Richterin Dr. Elke Hagemann.

Sie konnte die Befürchtung des Versicherten nicht nachvollziehen, dass auf der eGK Daten gespeichert werden, von denen er das nicht möchte.

Zurzeit gehe es nicht um bedenkliche Daten, sagte sie. "Die Pflichtangaben sind komplett identisch mit dem, was bisher auf der Krankenversichertenkarte gespeichert ist." Zu den freiwilligen Anwendungen müsse der Versicherte ja seine Zustimmung geben.

Für das elektronische Rezept (eRezept) sei zwar keine Einwilligung vorgesehen, trotzdem sehe das SG es nicht als Pflichtanwendung an, sagte Hagemann. Die Karte müsse nur geeignet sein, Angaben für das eRezept aufzunehmen.

Gerade bei den freiwilligen Anwendungen sieht Rechtsanwalt Kuhlmann ein gravierendes Problem. Das Gesetz sehe vor, dass die Versicherten bereits beim ersten Einsatz der Karte ihre Einwilligung für die freiwilligen Anwendungen geben müssen und dies auf der Karte zu dokumentieren sei (Paragraf 291 Abs. 3 Satz 4).

Da es solche Anwendungen noch nicht gebe, würden die Versicherten bei der ersten Nutzung der Karte auch nicht gefragt.

"Das Problem ist, dass der Versicherte nur jetzt die Chance hat zu sagen: Ich will das nicht." Im Nachhinein könne er gar nicht mehr feststellen, was mit der Karte passiert, argumentierte der Jurist.

"Es gibt eine Menge Diskrepanzen zwischen dem, was das Gesetz vorsieht und dem, was die gematik macht", sagte er. Sein Vorwurf: Die eGK-Betreibergesellschaft macht nicht das, was im Gesetz steht, sondern das, was sie für zweckmäßig hält.

Richterin: "Gesetz bedarf möglicherweise der Überprüfung"

Auch die rechtlichen Vorgaben selbst sieht Kuhlmann kritisch. "Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Wortlaut des Gesetzes und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts", sagte er unter Verweis auf die Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung.

2010 hatte das oberste Gericht das entsprechende Gesetz gekippt und Anforderungen an die Verwendung der Daten und die Datensicherheit gestellt.

SG-Richterin Hagemann schloss nicht aus, dass es weiteren Klärungsbedarf zur eGK geben könnte. "Das Gesetz bedarf möglicherweise der Überprüfung", sagte sie. "Dafür muss die konkrete Beschwerde eines einzelnen Versicherten vorliegen, der dann den Instanzenweg gehen muss."

Kuhlmann hofft, dass er bereits im aktuellen Fall Karlsruhe anrufen kann, nachdem sich auch das Landessozialgericht in Essen mit der Sache befasst hat - der Versicherte wird in die Berufung gehen.

Bei der Entwicklung der eGK komme dem Datenschutz große Bedeutung zu, betonte der Justitiar der Bergischen Krankenkasse Ingo Kegler. Der Bundesdatenschützer und die Landesdatenschützer seien eng in das Verfahren eingebunden. "Die gematik ist kein privates Unternehmen, das tun kann, was es gerade will.", sagte er.

Die von dem Versicherten gewünschte Zusage, dass er in Zukunft auch ohne eGK alle Leistungen erhalte, könne die Kasse ihm gar nicht geben.

Das hänge stark von den Ärzten, Kliniken und anderen Leistungserbringern vor Ort ab. Formal könne man die Entscheidung des SG vielleicht nachvollziehen, so der Präsident der Freien Ärzteschaft Martin Grauduszus. "Inhaltlich halten wir sie aber nicht für richtig."

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