Arztsoftware

Test-KVen fordern Standards

Anwendungen, die von den Ärzten für sinnvoll gehalten werden, dürfen nicht daran scheitern, dass einzelne Software-Anbieter nicht für die notwendigen Schnittstellen sorgen. Die Test-KVen fordern deshalb verbindliche Standards.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Eine Frage der Schnittstelle: Damit die E-Card-Anwendungen den Praxen wirklich Mehrwert bringen, muss eine direkte Kommunikation mit der Praxis-Software möglich sein.

Eine Frage der Schnittstelle: Damit die E-Card-Anwendungen den Praxen wirklich Mehrwert bringen, muss eine direkte Kommunikation mit der Praxis-Software möglich sein.

© vege / fotolia.com

KÖLN. Damit Telematik-Anwendungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte umgesetzt werden können, muss das KV-System die Möglichkeit haben, den Softwarehäusern Vorgaben für die notwendigen Schnittstellen zu machen.

Darauf macht Dr. Thomas Kriedel aufmerksam, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und Sprecher der KVen, die an den Telematik-Testregionen Nordwest und Südost beteiligt sind.

"Es muss Standards geben, an die sich die Industrie halten muss", sagt Kriedel der "Ärzte Zeitung". Anwendungen, die von der Ärzteschaft für sinnvoll und praktikabel gehalten werden, dürften nicht daran scheitern, dass einzelne Anbieter von Praxisverwaltungssystemen (PVS) nicht für die notwendigen Schnittstellen sorgen.

"Wir können nicht auf das Wohlwollen der Systemhäuser angewiesen sein", betont er.

Selbst große IT-Häuser sperren sich

Die verpflichtenden Vorgaben sollen sich nicht auf alle Anwendungen erstrecken, sondern nur auf den notwendigen Basisbereich. Hier nennt Kriedel die Übermittlung von Verordnungs- und Abrechnungsdaten. "Die Entwicklung zusätzlicher Schnittstellen kann zum Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen werden", sagt er.

Ohne verbindliche Standards werde die Umsetzung von Telematik-Anwendungen schwierig. "Ärzte werden nicht das Programm wechseln, weil ihr Anbieter keine Schnittstelle liefert."

In Bochum und Umgebung betreibt die KVWL das Projekt "Integrierte Telematik Anwendungen für Ärzte" (iTA). Dort erproben Niedergelassene beispielsweise, wie sie den elektronischen Arztbrief sinnvoll einsetzen können. Nicht alle großen Softwarehäuser seien bereit, dafür die notwenigen Schnittstellen zu entwickeln, berichtet Kriedel.

Bei der Erprobung des elektronischen Arztbriefs haben sich weitere Tücken gezeigt. Auch der Austausch zwischen verschiedenen Programmen der CompuGroup war nicht problemlos möglich.

"Wir haben die Fehler gemeinsam mit der CompuGroup behoben", berichtet der KVWL-Vorstand. Das Beispiel zeige aber, wie wichtig Standards und Tests unter Praxisbedingungen sind. "Nichts ist selbstverständlich, man muss alles testen."

"Ärzte sind nicht die Bremser"

Unabhängig von iTA gehört Bochum zur Testregion Nordwest für die elektronische Gesundheitskarte.

Die KVWL unterstützt gemeinsam mit vier weiteren KVen aus den beiden Testregionen - Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz - die Entwicklung von Telematik-Anwendungen, knüpft sie aber an bestimmte Voraussetzungen: Sie müssen, wie kurz berichtet, praxistauglich sein, einen Zusatznutzen für Patienten und Ärzte haben, den Aufwand in den Praxen reduzieren und kostenneutral sein.

"Wir wollen sinnvolle Anwendungen, aber nicht Verwaltungstätigkeiten für die Krankenkassen erledigen", stellt Kriedel klar.

Die KVen weisen die Kritik der Kassen zurück, sie seien die Bremser beim Aufbau der Telematik-Strukturen. Kriedel verweist auf das KV-Safenet mit inzwischen über 42.000 Anwendern. "Wenn man das beendet, gibt es gar nichts", betont er. Das sichere Safenet stehe nicht in Konkurrenz zur Telematik-Infrastruktur der gematik. Aber: "Wir brauchen eigene, zertifizierte Anwendungen."

Wenn KVen etwa ein Programm einsetzen wollen, das Ärzte vor Regressen schützt, sollte es nicht von der gematik zertifiziert werden, an der ja auch die Krankenkassen beteiligt sind. "Als KV gewährleisten wir, dass die Standards eingehalten werden."

Die KVen in den Testregionen nehmen die Tests der Telematik-Infrastruktur ernst, betont Kriedel. Dabei gehe es nicht nur um die Sicherheit, sondern auch um die zeitnahe Bereitstellung sinnvoller Anwendungen.

Von einer zügigen Entwicklung kann allerdings nicht ausgegangen werden - die erste Phase des Online-Rollouts der Gesundheitskarte in den Testregionen ist offenbar vom 1. Oktober 2014 auf das zweite Quartal 2015 verschoben worden (siehe Bericht links).

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