Gespart wird erst mit der digitalen Signatur

Wie sieht das Klinikarchiv von morgen aus? Auf jeden Fall digital. Doch erst mit der digitalen Signatur können Kliniken richtig sparen. Denn dann müssen Dokumente nicht mehr eingescannt und abfotografiert werden. Vom 20. bis 22. April ist dieses Thema auf der conhIT, Messe und Kongress für Healthcare-IT, ein Schwerpunkt.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Ordner haben ausgedient: das moderne Klinikarchiv ist digital. © sth/mei

Ordner haben ausgedient: das moderne Klinikarchiv ist digital. © sth/mei

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BERLIN. Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs hat eindrucksvoll vor Augen geführt, wie schnell eine Großstadt wie Köln wesentliche Teile ihres "Gedächtnisses" für immer verlieren kann. Auch im medizinischen Umfeld kann der Verlust von Archivmaterial gravierende Folgen haben: Wichtige Informationen aus der medizinischen Vergangenheit eines Patienten gehen verloren. Vorbefunde, die einen Vergleich mit aktuellen Befunden erlauben würden, fehlen dem weiterbehandelnden Arzt.

Digitalisierung macht das Archivieren schwieriger

Die zunehmende Digitalisierung der Patientendaten im Krankenhausumfeld macht das Archivproblem im Krankenhaus eher größer als kleiner: "In Krankenhäusern müssen viele Unterlagen mindestens zehn Jahre aufgehoben werden. Empfehlenswert sind teilweise sogar dreißig Jahre. In solchen Zeiträumen ändern sich Hardware und Software, aber die Dokumente müssen trotzdem lesbar bleiben", betont Professor Paul Schmücker vom Institut für Medizinische Informatik an der Hochschule Mannheim.

Das Zauberwort heißt Migration

"Migration" heißt hier bisher das Zauberwort, also das "Umkopieren" von Daten von alten auf neue Datenträger. Doch derartige Aktionen sind zeitaufwändig und teuer. Es geht aber auch anders: "Ein aktueller Trend geht dahin, mit Speichersystemen zu arbeiten, die mit digitalen Medien bestückt sind. Das verringert die Problematik der Datenmigration deutlich", so Schmücker. Speichersysteme haben zudem den Vorteil, dass sie auch bei älteren Dokumenten einen raschen Zugriff erlauben. Unnötige Verzögerungen bei der Versorgung eines Patienten werden dadurch vermieden.

Ein klassisches Beispiel für ein digitales Speichersystem ist der Einsatz von Festplatten als nicht nur kurzfristige, sondern dauerhafte Datenspeicher. Solche Archivsysteme sind im Extremfall als zentrale Archivplattformen für das gesamte Klinikum konzipiert, lösen also abteilungseigene Archive komplett ab. Technisch betreut wird das Archiv dann nicht mehr zwangsläufig von der Klinik-IT, sondern direkt von den Herstellern, die auch für Backup- und Recovery-Lösungen sorgen.

Auch finanzielle Gründe sprechen für ein Digitalarchiv

Die digitale Langzeitspeicherung von Patientendaten beschleunigt nicht nur das Auffinden älterer Dokumente. Auch finanzielle Gründe können für ein Digitalarchiv sprechen. Geld gespart wird freilich in den meisten Fällen erst dann, wenn die Dokumente von vornherein digital erstellt und beweissicher digital signiert werden. Denn erst wenn das gewährleistet ist, kann sich ein Krankenhaus das kostenintensive Einscannen oder Abfotografieren von Papierdokumenten sparen.

"Leider kommt die elektronische Signatur im Krankenhaus nur zögerlich voran", sagt Judith Balfanz, Mitglied im Vorstand des Competence Center für elektronische Signaturen im Gesundheitswesen (CCESigG). "Die Technik für eine elektronische Signatur im Klinikumfeld ist vorhanden. Wichtig ist, dass sich die Kliniken schon heute mit dem Thema befassen und die elektronische Signatur schrittweise einführen. Nur so bleiben sie auf Dauer konkurrenzfähig", so Balfanz.

Bei der elektronischen Signatur ist vieles unklar

Seit immer mehr Ärztekammern mit der Ausgabe elektronischer Heilberufeausweise (e-HBA) beginnen, ist der fehlende e-HBA kein stichhaltiges Argument mehr gegen die elektronische Signatur im Krankenhaus.

Problematisch ist eher, dass noch gar nicht so genau festgelegt wurde, welche Dokumente eigentlich mit welchen Signaturen versehen werden müssen. Braucht wirklich jeder Arzt die Vollversion einer qualifizierten digitalen Signatur? Genügt eine solche Signatur auf Oberarztebene? An welcher Stelle genau muss qualifiziert signiert werden? Das sind Fragen, auf die derzeit niemand eine schlüssige Antwort hat. Um das zu ändern, will das CCESigG jetzt gemeinsam mit der Industrie Praxisleitlinien für die elektronische Signatur im Krankenhaus erarbeiten.

Anlaufstellen für das digitale Archiv

Digitale Archive sind keine Vision mehr, sondern Wirklichkeit. Die Arbeitsgruppe SigDMSArchive des Verbands der Hersteller von IT-Lösungen im Gesundheitswesen (VHitG) hat einen Innovationsreport zum Dokumentenmanagement erstellt, der auf der Website des Verbands einsehbar ist (www.vhitg.de). Bei der conhIT 2010 sind Experten des CCESigG im Verbändepavillon anzutreffen (Halle 1.2, Stand 109). Außerdem veranstaltet der VHitG in der Industrieausstellung der conhIT 2010 eine Themenführung über Dokumentenmanagement und digitale Archive. (gvg)

Lesen Sie dazu auch: IT im OP ist medizinisch und wirtschaftlich interessant

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