Telemedizin

E-Fallakte verzahnt Klinik und Reha

Das NRW-Gesundheitsministerium macht 648.000 Euro locker für die Förderung eines telemedizinischen Reha-Projektes in der Alterstraumatologie am Uniklinikum Aachen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Uniklinik Aachen: Vernetzung mit EFA.

Uniklinik Aachen: Vernetzung mit EFA.

© Marco Stepniak / imago

AACHEN. Das Universitätsklinikum Aachen (UKA) will sich immer stärker als Telemedizinzentrum profilieren - zum Beispiel in der Alterstraumatologie.

Da Senioren nach Knochenbrüchen erhebliche Probleme haben, wieder fit zu werden, soll das Telemedizin-Projekt TIRA (Telemedizinische intersektorale Rehabilitationsplanung in der Alterstraumatologie) aus dem UKA nach eigenen Angaben den Genesungs- und Rehabilitationsprozess für diese Patientengruppe beschleunigen und optimieren.

Zusammen mit dem Telemedizinischen Rettungsassistenzsystem TEMRAS und der intensivmedizinischen Telematik TIM sowie der telemedizinischen Herz-Ambulanz sei auf diesem Zukunftssektor mit TIRA eine weitere Säule am UKA entstanden.

Der demografische Wandel erweist sich hier als Triebfeder für telemedizinische Ansätze. Denn unsere Gesellschaft wird älter und kränker. 2012 sind laut UKA 12,4 Millionen Bürger über 70 Jahre alt, 2030 sollen es fast 20 Millionen sein.

Im Alter verringern sich Kraft, Wahrnehmung und Koordination. Dadurch stürzen ältere Menschen sehr viel häufiger und erleiden in der Folge Knochenbrüche, die umfassende Therapie und Diagnostik erfordern. Problematisch bei älteren Patienten ist vor allem die häufig anzutreffende Multimorbidität.

Professor Hans-Christian Pape, Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am UKA, konkretisiert: "Bei unseren älteren Patienten sind die Verletzungen oft schwer und die Eingriffe groß, gleichzeitig haben diese Menschen häufig noch andere gravierende Erkrankungen."

Enge Vernetzung durch TIRA

Mit TIRA soll nun, so das UKA, eine wesentliche Verbesserung in der Behandlung und Rehabilitation dieser Patientengruppen erreicht werden.

Kern ist dabei die bessere Verknüpfung von Akut- und Rehabilitationsbehandlung, gerade im Hinblick auf eine individualisierte Planung der Reha. Um dies zu erreichen, kooperiert das UKA mit zwei Projektpartnern, der Reha-Klinik Schwertbad und dem Haus Cadenbach im Aachener Luisenhospital.

Besondere Berücksichtigung erfahren dabei nach Klinikangaben die individuellen Ansprüche und Fähigkeiten des Einzelnen schon vor der Verlegung und eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit von Rehabilitations- und Akutmedizinern im Verlauf der Behandlung der oft multifaktoriell behandlungsbedürftigen Patienten.

"Besonders großen Wert legen wir auf die enge zeitliche und inhaltliche Vernetzung der Behandler, dies wird durch TIRA ermöglicht", erläutert Pape.

Oftmals seien Akut- und Reha-Kliniken weit voneinander entfernt, der Dialog zwischen Akut- und Reha-Ärzten deshalb deutlich ausbaufähig.

"Gerade bei älteren Patienten kommt es viel häufiger zu Rückverlegungen und Wiedervorstellungen in Akutkliniken, die häufig durch telemedizinische Kooperation vermieden werden können", verdeutlicht Pape.

EFA in der Konferenz

Das Telemedizinzentrum am UKA setzt auf eine elektronische Fallakte (EFA), womit der jeweilige Patient, so die Argumentation des UKA, für seine Behandler transparenter und die medizinische Kooperation innerhalb der Versorgungskette optimiert werde.

In der EFA speichern behandelnde Ärzte alle relevanten Daten wie Befunde, Op-Berichte, Röntgenbilder oder auch komplexe Verlaufskurven. Die EFA wiederum kann - eine entsprechende Berechtigung vorausgesetzt - an fast jedem beliebigen Ort weltweit gelesen werden.

So lassen sich laut UKA andere Krankenhäuser oder auch Reha-Einrichtungen relativ einfach und effizient einbinden.

Mit wenigen Klicks könnten selbst weit voneinander entfernte Ärzte in Kontakt treten, über einen Patienten konferieren und gleichzeitig seine aktuelle Krankenakte einsehen.

Pape strebt im Rahmen von TIRA eine optimierte Kooperation unter den Behandlern an. Die EFA biete die Möglichkeit des beiderseitigen Kontaktes ohne längere Reisewege.

Konsultation per Videoschalte

Gleichzeitig könne schon im Krankenhaus der optimale Reha-Aufenthalt für den Patienten von Chirurg und Rehabilitationsmediziner gemeinsam geplant werden. Komme es während des Reha-Aufenthaltes zu Komplikationen, sei der Klinik-Arzt schnell zur Hand.

Im Zweifel sei die telemedizinische Konsultation per Videokonferenz und gemeinsamem Einblick in die Krankenakte nur ein paar Klicks entfernt.

Bei Bedarf kann der Arzt laut UKA im Reha-Haus mit einem Videowagen den Patienten aufsuchen - der Arzt im Uniklinikum schaut ihm dann bei der Untersuchung des Patienten digital über die Schulter und kann dem Patienten Fragen stellen.

Auf diese Weise strebt Pape an, die Rehabilitationsbehandlung zu optimieren, um das Bedürfnis der Patienten nach einer möglichst optimalen Wiederherstellung ihrer Mobilität besser erfüllen zu können.

Die Lösung soll, so plant es das UKA, auch für andere Felder der medizinischen Anschlussheilbehandlung nutzbar sein, um eine weitere Verbreitung zu ermöglichen.

Das UKA versorgt mit 1240 Betten rund 280.000 Patienten im Jahr.

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