Telemedizin
Projekt soll Vernetzung in NRW antreiben
Häufig werden Patienten aus der Klinik ohne einen direkten Verweis auf die ambulante Nachsorge entlassen. Ein telemedizinisches Projekt in NRW setzt genau hier an.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. Rund 50.000 Patienten sollen von einem neuen Projekt in Nordrhein-Westfalen profitieren, das den sektorenübergreifenden Aufbau telemedizinischer Netzwerke im Bereich Intensivmedizin und Infektiologie fördert.
"Wenn Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Krankenhäusern und Praxen über einen kurzen Draht Patientinnen und Patienten gemeinsam mit dem Ziel einer bestmöglichen Behandlung begutachten, steigt die Qualität der Versorgung insgesamt", sagte Steffens.
Die Unikliniken Aachen und Münster stellen in dem Projekt TEL.net@NRW ihr Spezialwissen zur Verfügung und gewährleisten, dass Experten rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche zu erreichen sind.
Auf der sogenannten Empfängerseite stehen 17 Kliniken aus den Regionen Aachen und Münster sowie zwei Netze: das Gesundheitsnetz Köln-Süd mit 77 Ärzten und das Ärztenetz Medizin und Mehr aus Bünde mit 55 niedergelassenen Medizinern.
Konferenz per Video
Im Rahmen von TEL.net@NRW wird sichere Video-Kommunikation zwischen den beteiligten Einrichtungen aufgebaut, gleichzeitig werden wichtige Daten über den Patienten und seinen Zustand ausgetauscht. Ärzte aus Krankenhäusern und Praxen beraten dann per Videokonferenz gemeinsam, welche Therapie die jeweils beste ist.
Für Steffens ist auch wichtig, dass der Patient an diesen Konferenzen beteiligt ist, weil sie an seinem Bett stattfinden. Damit erlebe er unmittelbar das Gefühl einer besseren Versorgung.
Auch die Krankenhausgesellschaft NRW, die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen sowie die Techniker Krankenkasse sind an dem Projekt beteiligt. "Das gesamte Gesundheitswesen in NRW steht dahinter", sagte Günther van Aalst, Leiter der Landesvertretung NRW der TK.
Nahtlosen Übergang sicherstellen
Die Beteiligung der ambulanten Netzwerke soll vor allem die gute Versorgung der Patienten nach einem stationären Aufenthalt und den nahtlosen Übergang in die ambulante Nachsorge sicherstellen.
Die Bereiche Intensivmedizin und Infektiologie seien gewählt worden, weil es hier nur wenige Experten gebe, eine bessere Versorgung aber Menschenleben retten könne, erklärte Professor Gernot Marx, Direktor der Klinik für operative Intensivmedizin am Uniklinikum Aachen.
Dass telemedizinische Kooperation und damit optimierte Behandlung dies leisten können, habe sich bereits im Projekt "Telematik in der Intensivmedizin" des Landes NRW gezeigt, so Marx: Die Sterblichkeitsrate bei Patienten mit einer Sepsis sei hier um 25 Prozent zurückgegangen.
Steffens sieht Nordrhein-Westfalen als Vorreiter in der Telemedizin. Seit 2007 fördert das Land Projekte der Telemedizin und Telematik, dafür stehen bis zum Jahr 2020 50 Millionen Euro zur Verfügung. "Wir können damit Engpässe in den Versorgungsstrukturen kompensieren."
E-Health-Gesetz als sichere Basis
Die für das Projekt notwendige Technik sei zwar längst etabliert, dennoch könne man hier von einer Fahrt auf der Überholspur reden – denn das Gesundheitswesen sei noch weit von dem technologischen Stand einer Industrie 4.0 entfernt, so die Gesundheitsministerin.
Auch habe das neue E-Health-Gesetz der Bundesregierung den Austausch bestimmter Daten überhaupt erst auf eine sichere rechtliche Basis gestellt.
TEL.net@NRW ist zunächst auf drei Jahre angelegt und wird dann von der Universität Bielefeld und dem ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin ausgewertet.
Die Beteiligten glauben aber an eine dauerhafte Fortsetzung: "Es gibt wenige Projekte in dieser Größenordnung, die so gute Chancen haben, am Ende in der Regelversorgung anzukommen", sagte van Aalst.
50 Millionen Euro will das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt bis zum Jahr 2020 für die Förderung telemedizinischer Projekte bereitstellen.