Hypertonie

Ist Telemonitoring tauglich für den Praxisalltag?

Das Blutdruck-Telemonitoring ist in der Praxis bereits gut umsetzbar, so Experten bei der DHL-Jahrestagung. Knackpunkte sind Patientenauswahl und Praxis-IT.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Telemedizin: Der Patient misst daheim, der Arzt überwacht in der Praxis direkt über seine IT.

Telemedizin: Der Patient misst daheim, der Arzt überwacht in der Praxis direkt über seine IT.

© Peter Maszlen / fotolia.com

BERLIN. Lässt sich ein individuelles, ärztlich gesteuertes Telemonitoring sinnvoll in den Praxisalltag integrieren? Ja, sagen Bluthochdruckexperten, und sie werben für eine zeitlich befristete Überwachung von Problempatienten.

Zum ersten Mal war in diesem Jahr die neue Kommission Telemedizin und E-Health der Deutschen Hochdruckliga (DHL) maßgeblich an der Gestaltung des Programms der DHL-Jahrestagung beteiligt. Ziel von gleich mehreren Telemedizinsymposien war es, die Kollegen davon zu überzeugen, dass das individuelle, ärztliche gesteuerte Blutdruck-Telemonitoring schon heute umsetzbar ist.

Beim Bluthochdruck-Telemonitoring gehe es nicht um eine elektronische Langzeitüberwachung, betonte Professor Martin Middeke, der im Hypertoniezentrum München seit Jahren telemedizinisch arbeitet. Typischerweise handele es sich um eine achtwöchige Überwachung von Patienten in besonderen Therapiesituationen.

Klare Absage an Call-Center-Modell

Gut geeignet seien Patienten mit komplexer Therapieumstellung, mit therapieresistenter Hypertonie oder mit Auslassversuchen, außerdem Patienten mit hypertensiven Krisen, denen auf diese Weise ein stationärer Aufenthalt erspart werden kann sowie Frauen mit erhöhtem Risiko für hypertensive Schwangerschaftskomplikationen.

"Was wir nicht wollen, ist ein Callcenter-Modell", betonte Dr. Egbert Schulz vom Nephrologischen Zentrum Göttingen. Das Telemonitoring gehöre vielmehr in die Hand des behandelnden Haus- oder Facharztes. Die Gefahr, von Messdaten des Patienten in einem solchen Szenario überschwemmt zu werden, sieht Schulz nicht. So könnten individuell praxistaugliche Benachrichtigungsregeln festgelegt werden, etwa eine Benachrichtigung, wenn der Mittelwert über fünf Tage oberhalb 135/85 mmHg liegt. Auch ob Benachrichtigungen am Wochenende angesehen werden oder nicht, könne individuell besprochen werden. "Es geht um Monitoring, nicht um Notfallversorgung", so Schulz.

Für die praktische Umsetzung entscheidend ist neben alltagstauglichen Benachrichtigungsregeln die Integration in die Praxis-IT. Hier wurde jetzt für das europäische EUSTAR-Register eine Lösung gefunden, die ausgebaut werden könnte. EUSTAR ist ein Bluthochdruckregister unter der Schirmherrschaft der Europäischen Bluthochdruck-Gesellschaft ESH. Es soll ab 2017 in einem multizentrischen Setting das Bluthochdrucktelemonitoring im Alltag evaluieren, und zwar über ein breites Spektrum an Indikationen hinweg inklusive der oben genannten.

Gemessen wird mit Blutdruckmessgeräten von I.E.M., die über eine eigene SIM-Karte verfügen und die Daten automatisch – ohne Mobiltelefon – in einen Webspeicher übertragen. Über eine Integrationsplattform können Ärzte auf diese Daten direkt aus ihrer Praxis-IT zugreifen. Prototypisch umgesetzt wurde das jetzt mit dem bei Nephrologen gängigen IT-System Nephro 7 von medVISION. Die Plattform sei aber offen für sowohl andere Messgeräte als auch andere IT-Hersteller, so Schulz.

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