Die Lage an den Börsen ist besser als die Stimmung

NEU-ISENBURG. Unter den Anlegern herrscht Unsicherheit: Kann man jetzt wieder in die Aktienmärkte investieren, oder wird es erneut einen Kurssturz geben? Steigt der Ölpreis immer weiter - und mit welchen Auswirkungen für die Wirtschaft? Folgt man den Ansichten wichtiger Akteure zu diesen Themen, dann sind die Aussichten düster. Doch die Lage ist besser als die Stimmung.

Von Jürgen Lutz Veröffentlicht:
Der Crash an den Märkten könnte schon vorüber sein.

Der Crash an den Märkten könnte schon vorüber sein.

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Ja, die USA stecken in einer Rezession, sagte kürzlich Ben Bernanke, Chef der US-amerikanischen Notenbank. Die OECD schraubte ihre Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Europa herunter. Und der Internationale Währungsfonds orakelte, dass die Immobilien- und Finanzkrise die gigantische Summe von einer Billion US-Dollar verschlingen werde. Dieser Pessimismus ist so typisch für ein Ende des Abschwungs an den Aktienmärkten wie überbordender Optimismus ein Signal für die Wende nach unten ist.

  • Aktien

Die Aktienmärkte haben sehr wahrscheinlich Mitte März einen Wendepunkt erreicht: Nach dem heftigen Kursverfall vor allem im Januar sind die Börsenkurse im März noch einmal unter das Tief vom Januar gerutscht. Doch der erneute Rückgang kam mit deutlich weniger Wucht als beim Januartief, wie viele Indikatoren zeigen. Diese so genannte positive Divergenz führt in aller Regel zu steigenden Kursen. So auch diesmal: Der Dax etwa hat sich zehn Prozent von seinem März-Tief hochgearbeitet; ebenso legten der Dow- Jones-Index in den USA und die Technologiebörse Nasdaq in New York kräftig zu.

Derzeit bewegen sich diese Indizes an wichtigen Marken. Höchstwahrscheinlich werden viele institutionelle Investoren (Banken, Pensionskassen, Fonds) dann kaufen, wenn die Märkte diese Punkte überschreiten. Allzu lange wird das wohl nicht auf sich warten lassen, denn aktuell ignorieren die Marktteilnehmer die schlechten Nachrichten und kaufen fleißig bei guten: So schoss etwa die Aktie des Internet-Diensteanbieters Google nach Veröffentlichung der Quartalszahlen um 86 US-Dollar oder zwölf Prozent nach oben. Auch dass die stärker schwankende Tech-Börse Nasdaq stärker steigt als der Dow Jones, deutet an, dass die Investoren risikobereiter werden.

Betrachtet man die Aktienmärkte im längerfristigen Vergleich, dann zeigt sich eine verblüffende Ähnlichkeit zum Jahr 1998. Auch damals war zum Beispiel der Dax nach einem kräftigen Anstieg heftig eingebrochen; die Indikatoren standen so wie jetzt - das Ergebnis: Vom Tief 1998 bis zum Hoch im Jahr 2000 legte der Index in nur 18 Monaten 58 Prozent zu.

Fazit: Es ist wahrscheinlicher, dass die Aktienmärkte ansteigen, als dass sie weiter fallen. Wer noch keine Aktien im Depot hat und die entsprechend hohen Wertschwankungen (bis zu 20 Prozent) verträgt, dürfte jetzt vor der letzten großen Chance in diesem Jahrzehnt stehen. Ein Verkauf von Papieren zum jetzigen Zeitpunkt scheint dagegen wenig sinnvoll.

  • Erd- und Heizöl

Der Preis des Erdöls steigt nach einer Korrektur seit Anfang 2007 kontinuierlich an, wobei sich der Aufschwung zuletzt immer mehr beschleunigte; analog verhält es sich mit dem Preis für Heizöl. Dabei wird für ein Barrel Rohöl (159 Liter) der Sorte West Texas Intermediate (WTI) in US-Dollar inzwischen doppelt so viel bezahlt wie vor 16 Monaten: nahezu 120 US-Dollar.

Unbestritten ist, dass sich der Ölpreis in einem langfristigen Aufwärtstrend bewegt; er hat sich aber so weit vom längerfristigen Mittelwert entfernt, dass eine Korrektur hin zum Mittelwert von jetzt 99 Dollar immer wahrscheinlicher wird.

Hinter den Kulissen zeigt sich bereits, dass die Kraft des Aufschwungs, wenn auch nur sehr langsam, nachlässt: So werden die jüngsten Rekordhochs beim Öl nicht von neuen Hochs der Indikatoren begleitet. Diese negative Divergenz deutet - spiegelbildlich zur positiven Divergenz der Aktienmärkte - auf nachgebende Kurse in den nächsten Wochen hin.

Fazit: Wer in der nächsten Wochen oder Monaten Heizöl kaufen möchte, sollte einen Rückgang des Erdölpreises in den Bereich von 100 US-Dollar abwarten. Wem die Bank ein Zertifikat zur Spekulation auf einen weiter steigenden Ölpreis empfiehlt, der sollte dankend ablehnen und erst bei einem Preis von 100 Dollar zugreifen. Eventuell ist auch ein Wechsel des Anlageberaters angebracht. Vielleicht fällt der Ölpreis auch deutlich unter die 100-Dollar-Marke.

  • Gold

Gold gilt vielen Anlegern als Hort der Sicherheit - zu Unrecht, wie die vergangenen Wochen zeigten. Denn nach dem Erreichen der 1000-Dollar-Grenze brach der Kurs bis auf 875 US-Dollar ein - wer hier zum schlechtesten Zeitpunkt eingestiegen ist, verlor innerhalb von drei Wochen mal eben 15 Prozent seines Kapitals.

Auch diesem Einbruch ging eine recht deutlich sichtbare negative Divergenz zwischen Kurs und Indikatoren voraus. Inzwischen notiert der Goldpreis etwa 40 Dollar über seinem längerfristigen Mittelwert von derzeit 885 Dollar. Bis dahin oder knapp darunter kann der Preis noch fallen; danach sollte er sich stabilisieren.

Fazit: Wer aktuell einen Gold-Fonds oder ein Zertifikat besitzt, kann dabeibleiben, denn langfristig dürfte das Edelmetall seinen Aufwärtstrend fortsetzen. Wer einsteigen möchte, sollte unter 900 Dollar zugreifen.

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