Einfacheres Steuerrecht und Bürokratieabbau

Das Jahressteuergesetz 2009 steht kurz vor der Verabschiedung. Einiges wird neu geregelt.

Von Dagmar Kayser-Passmann Veröffentlicht:
Die Steuererklärung 2009 soll nach dem Willen des Gesetzgebers einfacher werden.

Die Steuererklärung 2009 soll nach dem Willen des Gesetzgebers einfacher werden.

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Der Regierungsentwurf liegt bereits seit Mitte Juni vor und wurde am 25. September im Bundestag in 1. Lesung beraten. Heute erfolgt die erste Anhörung und wir erwarten wieder einmal, just vor Weihnachten, ein Geschenk des Finanzministers, das unser Steuerrecht vereinfachen und Bürokratie abbauen soll. Zudem ist der Gesetzgeber in der Pflicht zu reagieren, also inländisches Steuerrecht an Europarecht anzupassen, um so weitere Schlappen vor dem EuGH zu vermeiden.

Die wesentlichsten Änderungen im Überblick:

  • Verlustausgleichsbeschränkung in EU gelockert (§ 2a EStG)

Manchen Anleger wird's freuen: Die Verlustausgleichsbeschränkung für Verluste innerhalb der EU wird neu geregelt. Die bisherigen Beschränkungen hatten zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland geführt. Die rigiden Regelungen des Paragrafen 2a des Einkommensteuergesetzes gelten damit nur noch für Drittstaaten.

  • Übungsleiterfreibetrag und Nebentätigkeit für gemeinnützige Träger (§ 3 Nr. 26 und 26a EStG)

Die Beschränkung des sog. Übungsleiterfreibetrages auf inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts verstößt gegen die Dienstleistungsfreiheit. Wer also im EU-Ausland im Auftrag eines gemeinnützigen Trägers als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder in ähnlicher Weise tätig wird, kann 2100 Euro (Freibetrag) steuerfrei beziehen. Sonstige nebenberufliche Tätigkeiten für solche Organisationen sind innerhalb der EU bis zu 500 Euro im Jahr steuerfrei.

  • Betriebliche Gesundheitsförderung: 500 Euro pro Arbeitnehmer bleiben steuerfrei (§ 3 Nr. 34 EStG)

Neu geschaffen wird die betriebliche Gesundheitsförderung. Zahlt der Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn für seine Arbeitnehmer beispielsweise Kurse zur gesunden Ernährung, Rückengymnastik, Suchtprävention und Stressbewältigung oder Maßnahmen, die die Anforderungen des § 20a Abs. 1 i.V. § 20 Abs. 1 S.3 SGB V erfüllen, so bleiben diese bis zur Höhe von 500 Euro je Arbeitnehmer und Jahr steuerfrei. Dies soll bereits ab 2008 gelten!

  • Schulgeld auch für europäische Schulen (§10 Abs. 1 Nr. 9 EStG)

Bisher sind 30 Prozent der Schulgeldzahlungen (ohne Unterbringung, Betreuung und Verpflegungsanteil) unbeschränkt als Sonderausgaben abzugsfähig, sofern es sich um inländische Schulen oder deutsche Schulen im Welt-Ausland handelt. Diese Einschränkung verstößt gegen Europarecht. Künftig sind auch Schulgelder an privat finanzierte Schulen im EU-Ausland als Sonderausgaben abzugsfähig, allerdings nur bis zum Höchstbetrag von 3000 Euro. Zudem muss der Schulabschluss vom inländischen Kultusministerium anerkannt sein. Die gleichen Regelungen für Sonderausgaben gelten dann auch für Schulgelder für deutsche Schulen, die sich außerhalb des Geltungsbereiches der EU befinden.

  • Beiträge an Kulturfördervereine (§ 10b Abs. 1 EStG)

Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine sind wieder als Sonderausgaben abziehbar. Damit wurde ein Kunstfehler des letzten Jahressteuergesetzes beseitigt. Die Regelung gilt rückwirkend zum 31.12.2006!

  • Haftung für ehrenamtliches Engagement (§ 10b Abs. 4S.4 EStG)

Bisher haften nebeneinander sowohl der Verein als auch die handelnden Personen, wenn Spendenbescheinigungen unrichtig ausgestellt werden. Künftig haftet vorrangig zunächst der Verein. Erst wenn die Maßnahme gegen den Verein erfolglos war, haften die handelnden Personen.

  • Wiederkehrende Zahlungen aus dem Ausland (§ 22 Nr.1S.1 EStG)

Bereits jetzt ist die Besteuerung wiederkehrender Bezüge in Deutschland ausgeschlossen, wenn diese von einem unbeschränkt steuerpflichtigen Geber an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person gewährt werden. Dies ist nur gerecht, denn der Geber kann diese Aufwendungen seinerseits nicht steuerlich absetzen. Diese Regelung wird jetzt auf beschränkt Steuerpflichtige Geber erweitert.

  • Verluste aus "Stillhaltergeschäften" (§ 22 Nr. 3 EStG)

Stillhaltergeschäfte nennt man den Kauf und Verkauf von Optionen (Verkäufer ist der Stillhalter). Nach neuem Recht gehören Einnahmen aus Stillhaltergeschäften nicht mehr zu den sonstigen Einkünften (§ 22 EStG), sondern zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Deshalb würden sich Altverluste nicht mehr auswirken. Durch eine Übergangsregelung wird die begrenzte Verlustverrechnung bis 2013 verlängert - zur Freude der Stillhalter, die noch auf Altverlusten sitzen.

  • Provisionserstattung beim Riester-Fondssparplan (§ 22 Nr. 5 EStG)

Wer von seinem Vermittler eine Erstattung der Abschlusskosten beim Abschluss eines Altersvorsorgevertrages erhält, muss diesen Betrag als sonstige Einkunft versteuern und darf sie nicht bei den eingezahlten Altersvorsorgebeiträgen mindernd berücksichtigen.

  • Rentendaten werden kontrolliert (§ 22a Abs. 4 EStG)

Die Rentenversicherer sind verpflichtet, den Finanzämtern die Daten zu den ausgezahlten Renten zu übermitteln. Damit soll eine gleichmäßige Besteuerung aller Renteneinkünfte gewährleistet werden - ein Schritt hin zum gläsernen Bürger!

  • Wer ein Wirtschaftsgut verkauft, zahlt Steuern (§ 23 Abs.3 S. 4 EStG)

Wer ein Wirtschaftsgut veräußert, mit dem Einkünfte erzielt wurden, muss den Gewinn versteuern. Dies gilt für alle Einkunftsarten, auch für die sonstigen Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, für die die Spekulationsfrist 10 Jahre beträgt. Gewinn ist bisher der Unterschiedsbetrag zwischen Verkaufspreis und Anschaffungskosten, der in aller Regel auch innerhalb der Spekulationsfrist zu einem Veräußerungsverlust führte. Künftig wird ein fiktiver Buchwert ermittelt - die Anschaffungskosten werden um die fiktive Nutzungsdauer gemindert.

  • Ausländische Einkünfte und Abgeltungssteuer (§ 32d Abs. 5, § 34c Abs. 1 und 6 EStG)

Ausländische Einkünfte unterliegen i.d.R. im Quellenstaat der Besteuerung. Diese Einkünfte bleiben entweder bei der deutschen Steuer unberücksichtigt, alternativ werden sie in die Bemessungsgrundlage einbezogen und die ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Jetzt wurde klargestellt, dass diese Anrechnung nur noch bis zur Höhe der Abgeltungssteuer, also bis maximal 25 Prozent, möglich ist. Damit kommt es nicht zu einer Erstattung der deutschen Steuern, sondern die Steuer wird maximal auf 0 Euro reduziert. Auch bei der Günstigerprüfung sollen die ausländischen Steuern nur bis zur Höhe der auf sie entfallenden deutschen Steuern berücksichtigt werden. Letztlich betrifft die Anrechnung nach dem neuen § 34c EStG nur noch Einkünfte, die nicht der Abgeltungssteuer unterliegen.

  • Festsetzung von Vorauszahlungen (§ 37 Abs. 5 EStG)

Nicht jede kleine Änderung in der Bemessungsgrundlage führt künftig gleich zu einer Änderung der Vorauszahlungsbescheide. Künftig sollen Vorauszahlungen erst ab 100 Euro im Quartal überhaupt festgesetzt und nur geändert werden, wenn sich die Steuer um mindestens 100 Euro erhöht. Nachträgliche Vorauszahlungen sollen erst ab 5000 Euro festgesetzt werden.

  • Faktorverfahren statt Steuerklasse III / V ab 2010 (§ 39f EStG)

Mit diesem Verfahren soll die Steuerlast gerechter verteilt werden. Ehegatten können auf Antrag die Steuerklasse IV erhalten, die um einen Faktor ergänzt wird. Dabei wird das mutmaßliche Gesamteinkommen errechnet und die darauf entfallende Steuer laut Splittingtarif. Anschließend wird der prozentuale Anteil der Steuer ermittelt, der auf die Einkünfte jedes Partners entfällt. Insgesamt ein bürokratischer Aufwand, der die alljährlichen Prüfungen um die günstigste Steuerklassenwahl beseitigen soll und vor unliebsamen Überraschungen am Jahresende schützt. Wird dieses Verfahren gewählt, ist kein Platz mehr für den Lohnsteuerjahresausgleich durch den Arbeitgeber. Zudem führt diese Wahl automatisch zu einer Pflichtveranlagung.

  • Finanzinnovationen unterliegen jetzt der Abgeltungssteuer (§52a Abs. 10 EStG)

Die Veräußerung oder Einlösung von Kapitalforderungen soll generell mit dem Unterschiedsbetrag aus Erlös und Anschaffungskosten der Abgeltungssteuer unterliegen. Betroffen sind unter anderem Anleihen mit variablem Zins und eventuell Garantiezertifikate. Eine einfache, aber unter Umständen nachteilige Regelung.

Dagmar Kayser-Passmann ist Geschäftsführerin der Passmann Steuerberatungsgesellschaft und Geschäftsführerin und Partnerin der metax

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