Ministerium zählt Praxischefs zu den Spitzenverdienern - KV Bayerns hält dagegen

Die Debatte um das Einkommen der Ärzte hat Ende der vergangenen Woche wieder an Fahrt gewonnen. Zweimal sah sich die KV Bayerns dazu herausgefordert zu Thesen Stellung zu nehmen, nach denen Ärzte im Allgemeinen und ihre Kollegen in Bayern im Besonderen zu den Spitzenverdienern gehören.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Ärzte stehen in der Freiberufler-Einkommensstatistik oben an dritter Stelle. Sagt das Bundesgesundheitsministerium.

Ärzte stehen in der Freiberufler-Einkommensstatistik oben an dritter Stelle. Sagt das Bundesgesundheitsministerium.

© Foto: mark huls-, iofotowww.fotolia.de

Elf Seiten lang ist das Papier, das die KV Bayerns (KVB) zu einem Informationspaket des Bundesgesundheitsministeriums verfasst hat. Im Internet veröffentlichte das Ressort von Ulla Schmidt Anfang April "Fragen und Antworten zur Honorarreform der niedergelassenen Ärzte". Dort wird nicht nur das derzeitige Honorarsystem und seine Auswirkungen auf die Praxen dargestellt. Die Leser erfahren auch, wie es um das Einkommen der Ärzte steht.

Die Angaben dazu sind nach Ansicht der KVB nicht nur verkürzt dargestellt. Sie beruhen vor allem auch auf Daten, die teilweise veraltet seien. Zudem würden die Umwälzungen durch die Honorarreform nicht berücksichtigt, die einigen Facharztgruppen erhebliche Einkommenseinbußen bescherten. Dadurch seien folgende Behauptungen des BMG längst von der Wirklichkeit überholt:

Behauptung Nummer 1 des BMG: Im Jahr 2007 lag der bundesdurchschnittliche Umsatz, den ein Arzt aus der Abrechnung mit der GKV erzielt hat, bei 206 247 Euro. Unter Abzug der Praxiskosten von im Schnitt 55 Prozent, ergebe sich ein GKV- Überschuss von durchschnittlich 91 780 Euro.

Für diese Berechnung, kritisiert die KVB, ziehe das Ministerium eine veraltete Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung heran. Die Daten stammten von 1999. Unberücksichtigt blieben dabei die Kostensteigerungen der vergangenen zehn Jahre - wie zum Beispiel die höheren Investitions-, Instandhaltungs- und Versicherungskosten durch Preissteigerungen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder die Tarifsteigerungen.

Nur Zahnärzte und Lotsen verdienen mehr.

Behauptung Nummer 2 des BMG: Die zusätzlichen Einnahmen aus Privatliquidation "machten in der Vergangenheit etwa zehn Prozent (neue Länder) beziehungsweise 20 Prozent (alte Länder) der Gesamteinnahmen" aus. "Damit lagen die Gesamtüberschüsse der Ärzte im Jahr 2007 schätzungsweise bei rund 109 000 Euro in den alten und rund 100 000 Euro in den neuen Ländern."

Eine solche Schätzung der Privateinnahmen gehe an der Realität vorbei, so die KV Bayerns. Die Schwankungsbreite der Privathonorare sei extrem groß. So gebe es viele Praxen, etwa auf dem Land oder in sozial schwachen Gebieten, die so gut wie keine Einnahmen aus der PKV oder durch IGeL generieren könnten. "Um die Versorgung gerade in diesen Bereichen weiter aufrecht erhalten zu können, muss auch diesen Praxen ein angemessener GKV-Umsatz erwachsen", schreibt die KV in ihren Anmerkungen. Praxen müsse es möglich sein, nur mit dem Honorar der GKV wirtschaftlich zu arbeiten.

Behauptung Nummer 3 des BMG: "Im Vergleich zu anderen Freiberuflern zählen die niedergelassenen Ärzte zu den Spitzenverdienern." Im Vergleich des steuerpflichtigen Einkommens hätten 2004 nur Zahnärzte und Lotsen mehr verdient.

Mit einer solchen Darstellung wird nach Ansicht der KVB "völlig außer Acht gelassen", dass die Investitionskosten und damit die persönlich aufgenommenen Kredite von Ärzten wesentlich höher seien als etwa bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern. Ärzte müssten unter anderem für die Übernahme einer Praxis in einem gesperrten Bereich schon hohe Kaufpreise zahlen.

In der Tageszeitung "Die Welt" wurde am Freitag darüber hinaus berichtet, dass die bayerischen Ärzte nach Angaben des Verbands der Ersatzkassen (vdek) nach wie vor zu den Spitzenverdienern unter den deutschen Ärzten zählten. Die Honorare der Niedergelassenen im Freistaat lägen mehr als zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt, wird aus der vdek-Broschüre "Report Bayern" zitiert. Hochrechnungen zeigten, dass die Gesamtvergütung je GKV-Versichertem 2009 in Bayern rund 478 Euro betragen werde, bundesweit liege dieser Betrag bei knapp 434 Euro.

Der vdek bezieht sich bei seinen Berechnungen auf Zahlen zur Gesamtvergütung, die die KBV schon Anfang Februar vorstellte. KVB-Chef Dr. Axel Munte begründete in "Der Welt" die höhere Vergütung damit, dass es im Freistaat 15 bis 20 Prozent mehr niedergelassene Fachärzte gebe als in anderen Bundesländern. Durch das "einzigartige Belegarztwesen in Bayern" würden mehr Leistungen als anderswo ambulant anstatt im Krankenhaus erbracht. Das entlaste die Kassen, eine höhere Vergütung sei deshalb für die bayerischen Ärzte gerechtfertigt.

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