Das große Sterben der offenen Immobilienfonds

Die Krise der offenen Immobilienfonds erreicht einen neuen Höhepunkt: Der Anbieter KanAm will den 3,9 Milliarden Euro schweren Fonds KanAm Grundinvest auflösen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:

FRANKFURT. Die Lage der offenen Immobilienfonds verschärft sich erneut: Mit dem 3,9 Milliarden Euro schweren Grundinvest von KanAm muss nun auch das Branchenprodukt abgewickelt werden, das Anlegern in der vergangenen Dekade die höchsten Gewinne beschert hatte.

Das Schicksal zweier weiterer Schwergewichte entscheidet sich in den kommenden Monaten.

Eine Gesamtrendite von 64 Prozent aus Mieteinnahmen und Wertsteigerungen hatte der Grundinvest mit seinen Bürogebäuden und Shoppingcentern in den Metropolen Europas und Nordamerikas von 2002 bis Ende vergangenen Jahres erwirtschaftet.

Im Zehn-Jahresvergleich ist der KanAm-Fonds damit Spitzenreiter der Branche vor den Anlageprodukten der Deutsche Bank, dem Grundbesitz Europa mit 58,4 Prozent und dem Grundbesitz Global mit 50,6 Prozent.

Mehr Kapital abgezogen als vorhanden

Dennoch muss nun auch KanAm sein Anlageprodukt abwickeln. Die rund 100.000 Anleger sollen in den nächsten Wochen eine erste Auszahlung über insgesamt 200 Millionen Euro erhalten.

Die übrigen Immobilien werden über die nächsten Jahre hinweg veräußert und der Erlös nach Abzug von Steuern und Vorfälligkeitsentschädigungen für Bankdarlehen an die Sparer ausgezahlt.

Wie zwölf andere offene Fonds war der Grundinvest nach Ausbruch der Finanzkrise eingefroren worden, weil Anleger aus den Produkten weit mehr Kapital abziehen wollten, als an liquiden Mitteln vorhanden war.

"Im Gegensatz zu Aktien und Anleihen können Bürotürme, Hotels und Shoppingcenter nicht von einem Tag auf den anderen veräußert werden, um jederzeit alle Anleger auszahlen zu können", sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Mit dem Grundinvest wird bereits der siebte der eingefrorenen Fonds abgewickelt. Zuvor hatte dieses Schicksal bereits Schwergewichte wie den Degi International und den P2 Value von Morgan Stanley ereilt. In allen Fällen war es dem Management nicht gelungen, in ausreichendem Umfang Immobilien zu verkaufen und frisches Kapital aufzutun, um ihre Anlagevehikel wieder flott zu bekommen.

Zwei weitere Fonds betroffen

KanAm hatte aus dem Grundinvest Immobilien im Gesamtwert von einer Milliarde Euro losgeschlagen. Dennoch sei nicht sicher gewesen, dass bei der Wiedereröffnung alle ausstiegswilligen Anteilseigner ausgezahlt werden könnten, sagt KanAm-Sprecher Michael Birnbaum.

"Um die Gleichbehandlung aller Anleger zu gewährleisten, haben wir uns deshalb zur Auflösung des Fonds entschlossen."

Das Schicksal zweier weiterer eingefrorener Fonds entscheidet sich bis zum Mai. Dann läuft beim 6,3 Milliarden Euro schweren ImmoInvest der SEB und beim EuroReal der Credit Suisse mit einem Volumen von sechs Milliarden Euro die gesetzliche Zwei-Jahresfrist aus. Die Fonds müssen dann entweder wieder öffnen - oder ebenfalls abgewickelt werden.

Ursprünglich hatten beide Gesellschaften angekündigt, ihre Produkte noch Ende 2011 wieder flott zu machen, dann aber den Termin verschoben. Mitbewerber fürchten nun das Schlimmste.

"Es ist kein gutes Zeichen, wenn Fondsgesellschaften die freiwillige Ankündigung der Wiedereröffnung ihrer Publikumsfonds nicht einhalten können", kommentierte Matthias Danne, Finanz- und Immobilienvorstand der DekaBank, damals den Vorgang.

Abschläge von bis zu 30 Prozent

Aus eingefrorenen Fonds können Anleger nur aussteigen, in dem sie die Anteilsscheine an der Börse veräußern. Dabei müssen sie derzeit aber Abschläge von bis zu 30 Prozent auf den Buchwert hinnehmen.

Betroffen von der Krise sind ausschließlich Fonds von Gesellschaften, die über kein großes Filialnetz zum Vertrieb der Produkte verfügen. Neben KanAm mussten auch Gesellschaften wie Aberdeen, Morgan Stanley und TMW Pramerica ihre Fonds auflösen.

Insgesamt steht derzeit ein Immobilienvermögen im Wert von 10,5 Milliarden Euro zum Verkauf. Das entspricht 12,35 Prozent der insgesamt in offenen Immobilienfonds investierten Sparvermögens von rund 85 Milliarden Euro.

Hingegen musste kein offener Immobilienfonds der Commerzbank, der Deutschen Bank, des Sparkassenfondsanbieters Deka oder der Union Investment eingefroren werden.

"Durch ihr breites Filialnetz können diese Anbieter den Vertrieb ihrer Fonds sehr gut steuern", sagt Sonja Knorr, Fondsanalystin der Ratingagentur Scope.

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