Kreditzinsen

Warum sich Nachrechnen lohnt

Kreditnehmer nehmen die jährlichen Kontoauszüge ihrer Bank oftmals als gegeben hin. Das kann ein Fehler sein, denn nicht immer rechnen die Institute richtig. Gerade bei variablen Zinssätzen kann es sich lohnen, nachzurechnen.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Bei den Kreditzinsen sollten Bankkunden nicht blind den Rechnungen der Geldinstitute trauen: Auch Banken machen Fehler - Verbraucherschützer monieren: zu häufig.

Bei den Kreditzinsen sollten Bankkunden nicht blind den Rechnungen der Geldinstitute trauen: Auch Banken machen Fehler - Verbraucherschützer monieren: zu häufig.

© djama / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Fehlerhafte Zinsberechnungen bei Krediten mit variablen Zinsen kommen immer wieder in die Schlagzeilen. Erst vor kurzem griff das TV-Magazin "Monitor" einige Fälle auf.

So zahlte eine Physiotherapeutin für ihre Betriebskredite über die Jahre satte 77.000 Euro zu viel an ihre Bank. Bei einem Autohaus mit einer Kreditlinie von rund 20 Millionen Euro ergab die Analyse eines Sachverständigen insgesamt 2,7 Millionen Euro überhöhte Zahlungen.

Bei einem privaten Bauherrn ließ die Bank die Baufinanzierung ein halbes Jahr lang über das Girokonto laufen und kassierte Überziehungszinsen von 15 bis 16 Prozent. Einem IT-Unternehmer mit 15 Mitarbeitern knöpfte die Bank im Verlauf von zwölf Jahren fast 300.000 Euro unrechtmäßig ab.

Auch Freiberufler gehören zu den Klienten, auf deren Konten Kreditsachverständige überhöhte Zinsen und falsche Gebühren entdecken. Es ist daher wichtig für Kreditnehmer, bei Darlehen mit variablen Zinsen genau im Blick zu behalten, ob die Zinsberechnung auch korrekt gelaufen ist.

Es kann im Zweifel auch sinnvoll sein, Sachverständige heranzuziehen. Im Folgenden einige Antworten auf wichtige Fragen zur Kontenüberprüfung bei Krediten:

Wann sollten Ärzte ihre Konten analysieren lassen? Nach Ansicht von Ralph Hans Brendel, dem Vorsitzenden des Bundesverbands Kreditsachverständige und Kontenprüfer (BVKK), kann es sich bereits lohnen, einen Kreditvertrag vor dem Abschluss prüfen zu lassen.

Die erste Überprüfung der Konten - Praxis- und Privatfinanzen (etwa Baufinanzierung) - solle frühestens nach drei Jahren angesetzt werden, mindestens aber alle zehn Jahre, damit keine Verjährung eintritt.

Insbesondere vor einer Umschuldung und vor einem Wechsel des Instituts rät er zu einer Kontenprüfung, damit etwaige Erstattungsansprüche nicht verjähren. "Solange die Kreditbeziehung besteht, können selbst eventuell verjährte Forderungen geltend gemacht werden."

Wie kommen die Falschberechnungen zustande? Bei Kreditverträgen mit variablen Zinsen sind die Zinsen nicht nur nach oben, sondern auch nach unten anzupassen, wenn der Referenzzins sinkt.

"Die Banken passen die Zinsen aber gern nach Gutsherrenart an", sagt Brendel. Eine weitere Quelle überhöhter Geldabflüsse auf den Konten können unzulässige Gebühren sein: Kreditverlängerungsgebühren, Stillhalteprovisionen oder auch überhöhte Vorfälligkeitsentschädigungen.

Was kostet eine Kreditkontenanalyse? Kreditsachverständige und Kontenprüfer bieten mehrere Vergütungsmodelle. Manche prüfen auf Stundenbasis, bei Kontokorrent-Prüfungen können auch die Buchungszahlen zugrunde gelegt werden.

Je nach Prüfunternehmen ist eine Vergütung mit einem Sockel plus erfolgsabhängige Vergütung oder eine rein erfolgsorientierte Vergütung möglich. Prüfkosten in vierstelliger Höhe sind bei üblichen Stundensätzen der Sachverständigen von deutlich mehr als 100 Euro in der Regel zu erwarten.

Die Kosten der Kreditkonto-Analyse werden im Normalfall bei Vergleichsverhandlungen mit den Banken geltend gemacht, falls sie tatsächlich fehlerhafte Zinsberechnungen oder Gebühren ergeben. Aus Brendels Sicht sollten Ärzte einen zertifizierten Experten beauftragen.

Das Zertifikat des BVKK erfordere beispielsweise eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Kreditsachverständiger und eine akademische Bildung oder deren Äquivalent (www.bvkk.org).

Was kann bei einer Kreditprüfung herauskommen? Bei Privatleuten mit Überziehungskrediten können die Erstattungsansprüche ein paar 1000 Euro betragen, wenn es Fehler bei der Zinsberechnung gibt. Es können sich aber auch sehr viel höhere Summen ergeben, etwa wenn es um Kredite für private Immobilien geht.

Bei Ärzten ergäben sich Schadenssummen ab 20.000 Euro. Erfahrungen von Kreditsachverständigen zeigten, dass in sieben von zehn Fällen, in denen Bankkunden aufgrund eines Verdachts zum Sachverständigen gehen, Fehler entdeckt werden.

Wie gut sind die Erfolgsaussichten? Wenn Banken tatsächlich Fehler bei der Zinsberechnung gemacht haben oder falsche Gebühren erhoben haben, seien die Erfolgsaussichten hoch, so Brendel. Dabei würden etwa ein Drittel der Fälle außergerichtlich beigelegt, ein Drittel durch Vergleich am Gericht, ein Drittel durch längere Gerichtsverfahren.

Werden Bankkunden systematisch benachteiligt?Nach Darstellung der Deutschen Kreditwirtschaft, einer Dachorganisation der verschiedenen Banken-, Sparkassen- und Volksbanken-Verbände, sind Beschwerden wegen Falschberechnungen bei den brancheneigenen Schlichtungsverfahren die Ausnahme.

Auch die bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) eingegangenen Beschwerden "stützen nicht die behauptete ‚systematische‘ Falschberechnung zum Nachteil der Kunden". Banken verweisen teilweise auch auf die komplizierte Rechtslage aufgrund geänderter Gesetze.

Finanzexperten von Verbraucherzentralen glauben wegen der Vielzahl der Fälle, dass die Falschberechnungen durchaus System haben. Aus diesem Grund wird auch die Bafin teilweise kritisiert: Eigentlich gehöre zu ihren gesetzlichen Aufgaben, die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte zu gewährleisten, heißt es.

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