Private Krankenversicherung

Tarifwechsel ja oder nein?

Auch wenn bei den meisten PKV die Beitragsanpassungen Anfang 2015 eher moderat ausfallen, müssen manche Kunden doch eine böse Überraschung verkraften. Wann lohnt es sich, in einen günstigeren Tarif zu wechseln?

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Stationär sind Privatversicherte lieber in Chef- als in Assistenzarzthänden. Das zeigt sich an den Leistungsbestandteilen, auf die sie im Fall eines Tarifwechsels am ehesten verzichten.

Stationär sind Privatversicherte lieber in Chef- als in Assistenzarzthänden. Das zeigt sich an den Leistungsbestandteilen, auf die sie im Fall eines Tarifwechsels am ehesten verzichten.

© Mathias Ernert / Universtitätsklinikum Heidelberg

KÖLN. PKV-Versicherte haben seit Jahren das gesetzlich verbriefte Recht, unter Mitnahme der angesparten Alterungsrückstellungen in einen vergleichbaren Tarif ihres Anbieters zu wechseln.

Viele Unternehmen haben den Kunden dabei aber lange Zeit Steine in den Weg gelegt. Davon haben die sogenannten Tarifwechsel-Optimierer profitiert: spezialisierte Unternehmen, die Versicherte gegen Erfolgshonorar beim Wechsel unterstützen.

Widge aus Hamburg ist nach eigenen Angaben Marktführer in diesem Segment. Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren mehr als 14.000 Tarifwechsel für Vollversicherte durchsetzen können, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Ozan Sözeri.

"Im Durchschnitt haben die Kunden 40 Prozent der Prämie eingespart." Wie stark die Prämie gesenkt werden kann, hängt vom Ursprungstarif und der Versicherungsdauer ab.

Versichertenbund übt Kritik

"Unsere Kunden sind im Schnitt 50 Jahre und älter", sagt Sözeri. Die Hauptgruppe sind Freiberufler, unter ihnen auch viele Ärzte. Widge prüft, welchen Tarif die Interessenten haben und was der Zieltarif bieten sollte.

Dann fragen die Mitarbeiter beim PKV-Unternehmen mehrere Alternativen an und machen dem Kunden konkrete Vorschläge. Entscheidet sich der Versicherte für einen Tarifwechsel, erhält Widge zehn Mal die monatliche Ersparnis plus Mehrwertsteuer.

"Wir sehen diese Art der Dienstleistung sehr kritisch, weil sie nach dem Erfolg bezahlt wird", sagt Timo Voss vom Bund der Versicherten.

Es bestehe die Gefahr, dass der Wechsel auf die größtmögliche Prämiensenkung ausgerichtet wird und die individuellen Bedürfnisse der Kunden - gerade beim Leistungsumfang - außer Acht geraten.

"Der Tarifwechsel ist ein schwieriges und beratungsintensives Thema", so Voss. Oft müssten Verbraucher beim Wechsel gravierende Leistungseinschnitte hinnehmen, ohne sich dessen bewusst zu sein, warnt der Versicherungsexperte.

"Wir empfehlen den Versicherten, sich bei ihrem Anbieter um Alternativen zu bemühen, mit denen sie das Leistungsniveau so lange wie möglich aufrecht erhalten können." - Sözeri weist diese Vorwürfe zurück. Widge setze auf die Weiterempfehlung zufriedener Kunden und berate passgenau.

Bei der Deutschen Krankenversicherung (DKV) haben im vergangenen Jahr 59.000 der 857.000 Vollversicherten den Tarif gewechselt. Davon kamen weit unter zehn Prozent über einen Wechseloptimierer, berichtet Marcel Stangier aus dem Vertragsservice.

Bei wechselwilligen Kunden versucht er nach eigenen Angaben zunächst, deren Motivation nachzuvollziehen.

Die Frage sei, ob der Kunde aus einem wirtschaftlichen Zwang heraus die Prämien senken will und dafür auch Leistungseinschränkungen in Kauf nimmt, oder ob er den Eindruck hat, für seinen gewählten Leistungsumfang eine zu hohe Prämie zu zahlen.

Beim Verzicht auf Leistungen entscheiden sich Vollversicherte häufig für den Umstieg vom Einbett- auf das Zweibettzimmer, wenn eine Klinikbehandlung nötig wird, berichtet Stangier. "Auf die Chefarztbehandlung wollen viele dagegen nicht verzichten."

Sättigungseffekt absehbar

Wie viel Geld ein Vollversicherter sparen kann, hängt stark vom Ausgangstarif ab, sagt auch der DKV-Experte. "Wenn man von einem besonders leistungsstarken Tarif kommt und Abstriche macht, kann man in manchen Fällen 30 bis 40 Prozent sparen."

Das gelte nicht für Versicherte, die ohnehin nur einen Grundschutz haben. Hohe Beitragssenkungen seien vor allem bei Kunden möglich, die hohe Alterungsrückstellungen angespart haben.

Auf dem Markt der Tarifoptimierer gibt es neben den großen Anbietern wie Widge auch viele kleine Wettbewerber. "Jeden Monat kommen neue hinzu", versichert Stangier.

Nach seiner Einschätzung nehmen die Fälle mit großen Ersparnissen aber ab - vor allem, weil sich inzwischen viele Leute mit dem Thema Tarifwechsel auseinandergesetzt und bereits einen neuen Tarif gesucht haben. Stangier: "Es ist ein gewisser Sättigungseffekt eingetreten."

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