Lebenspolice

Neuabschlüsse lohnen nur noch selten

Neue Lebensversicherungsverträge verlieren 2017 wegen des sinkenden Garantiezinses an Reiz. Versicherer wollen Kunden nun mit Modellen locken, die Chancen auf höhere Renditen versprechen.

Anne-Christin GrögerVon Anne-Christin Gröger Veröffentlicht:
Bei Lebensversicherungen wird häufig nicht die gesamte Prämie verzinst, sondern nur der Sparanteil.

Bei Lebensversicherungen wird häufig nicht die gesamte Prämie verzinst, sondern nur der Sparanteil.

© Jens Büttner / dpa

KÖLN. Das Bundesfinanzministerium hat entschieden, den Garantiezins für neu abgeschlossene Lebensversicherungen abzusenken. Dieser auch Höchstrechnungszins genannte Wert legt fest, welche Verzinsung die Versicherer ihren Kunden höchstens versprechen dürfen.

 Ab 2017 sind bei Neukunden statt wie bisher 1,25 Prozent nur noch 0,9 Prozent Zinsen auf den Sparanteil garantiert. Hinzu kommen mögliche Überschussbeteiligungen, die aber nicht garantiert sind.

Der Schritt ist eine Reaktion auf die anhaltend niedrigen Zinsen, die den Lebensversicherern schwer zu schaffen machen. Sie haben immer größere Schwierigkeiten, die Garantien an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften, die sie den Versicherten versprochen haben.

Die Unternehmen sollen nur solche Zusagen machen, die sie auch einhalten können. Außerdem sieht das Finanzministerium in der Absenkung ein Signal, dass die Lebensversicherer ihre Rückstellungen noch vorsichtiger kalkulieren müssen.

Bestehende Verträge nicht betroffen

Bestehende Verträge sind von der Absenkung nicht betroffen. Die 0,9 Prozent gelten nur für ab 2017 abgeschlossene Lebensversicherungen. Für Kunden, die bereits eine Police haben, ändert sich also nichts.

"Allerdings macht die Absenkung des Höchstrechnungszinses den Neuabschluss von kapitalbildenden Lebensversicherungen noch unattraktiver, als er bisher schon ist", sagt Rita Reichard von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn die Verträge werden künftig noch weniger abwerfen als früher.

Experten streiten darüber, ob die Versicherer durch die Absenkung des Garantiezinses stabiler dastehen werden. Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten glaubt, dass die wirklichen Probleme der Lebensversicherer anderswo liegen.

"Eine weitere Senkung des Höchstrechnungszinses führt nur zu einer weiteren Schwächung der Garantien, ohne dass dies einen echten Effekt auf die Stabilität der Unternehmen hat", sagt er.

Verbraucherschützer raten davon ab, die Zinssenkung zum Anlass zu nehmen, um noch in diesem Jahr eine Police abzuschließen. "Die 1,25 Prozent, die es derzeit noch gibt, sind ja auch nicht gerade viel", sagt Reichard.

Dazu kommt, was vielen Verbrauchern nicht bewusst ist: Verzinst wird nicht die gesamte eingezahlte Prämie, sondern nur der Sparanteil. Das sind die Einzahlungen abzüglich der Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Risikoschutz.

Viele Gesellschaften verkaufen klassische Lebensversicherungen mit Garantien angesichts der angespannten Situation ohnehin nicht mehr. Der Versicherer Zurich ist schon 2013 größtenteils aus dem Geschäft mit klassischen Lebensversicherungen ausgestiegen, Konkurrent Generali will es ihm gleichtun.

Die Allianz hat die Policen zwar noch im Angebot, will aber nicht mehr aktiv zum Kauf raten. Ähnlich klingt es bei der Axa: "Wir bieten zwar nach wie vor noch die konventionelle Rentenversicherung an", sagt eine Sprecherin.

"Unsere Einschätzung ist jedoch, dass sie für Kunden in der nun schon länger anhaltenden Niedrigzinsphase nicht mehr das Produkt der ersten Wahl sein kann."

Oft nur noch Beitragsgarantie

Um den Kunden eine Alternative zu bieten, setzen viele Gesellschaften, darunter Axa, Allianz und Ergo, inzwischen auf neue Policen mit anders aufgebauten Garantien. Oft bekommt der Sparer nur eine Beitragsgarantie zugesagt, also den Erhalt seiner eingezahlten Prämien.

 Dafür kann der Versicherer dann bei der Kapitalanlage mehr variieren und etwa in risikoreichere Fonds oder Aktien investieren. Dadurch haben Kunden höhere Renditechancen. Reichard ist zurückhaltend mit der Empfehlung solcher neuartigen Policen.

"Natürlich bieten solche Verträge dem Versicherer mehr Möglichkeiten, mit dem Kundengeld zu jonglieren, so dass am Ende mehr Rendite herauskommen kann", sagt sie.

"Allerdings sind die Bedingungen der neuen Angebote oft für Kunden noch schwerer verständlich als die der klassischen Policen." Sie rät grundsätzlich davon ab, etwas zu kaufen, was man nicht verstanden hat.

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