Ist Börse ein Kinderspiel?

Privatanleger neigen zur Selbstüberschätzung

Viele Kleinanleger sind schlecht über die Finanzmärkte informiert und treffen deshalb riskante Fehlentscheidungen. Experten raten zu ETFs – aber nur zu speziellen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Marktkenntnis-Studie: Kleinanleger glauben oft, bessere Kenntnisse zu haben als tatsächlich vorhanden sind.

Marktkenntnis-Studie: Kleinanleger glauben oft, bessere Kenntnisse zu haben als tatsächlich vorhanden sind.

© Henrik Jonsson / iStock.com

NEU-ISENBURG. Die Mehrzahl der Anleger überschätzt ihr Finanzwissen und begeht deshalb Fehler bei ihren Investments. Das zeigt eine neue Studie des Londoner Vermögensverwalters Schroders. "Anleger neigen dazu, ihre Kenntnisse über die Finanzmärkte zu überschätzen", fasst Achim Küssner, Geschäftsführer der deutschen Tochter Schroder Investment Management, das Ergebnis zusammen. "Dadurch können sie Gefahr laufen, ihre Investmentziele zu verfehlen."

Für die Studie wurden 20.000 Privatanleger in 28 europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Ländern befragt. Dabei gaben 51 Prozent der Teilnehmer an, überdurchschnittliche Kenntnisse über den Finanzmarkt zu besitzen. Weitere 36 Prozent beurteilten ihren Wissensstand als "durchschnittlich".

Jedoch waren nur 37 Prozent der Befragten in der Lage, einfache Fragen wie beispielsweise nach der genauen Tätigkeit einer Fondsgesellschaft korrekt zu beantworten. In Deutschland fiel die Differenz zwischen Selbsteinschätzung und tatsächlichem Kenntnisstand noch gravierender aus.

Hier waren sogar 57 Prozent der Teilnehmer überzeugt, überdurchschnittliche Kenntnisse zu besitzen. Doch nur 39 Prozent wussten die richtigen Antworten auf die Fragen.

Vorsicht bei Hochzinsanleihen

"Die Studie zeigt, dass eine große Lücke zwischen dem besteht, was Anleger zu wissen glauben und was sie tatsächlich wissen", sagt Küssner. Dies könne langfristig gravierende Folgen haben: "Verbraucher sind zunehmend für ihre eigene Altersvorsorge verantwortlich", sagt der Geschäftsführer. Verluste aus falschen Anlageentscheidungen können deshalb zu erheblichen Einbußen beim verfügbaren Einkommen im Ruhestand führen.

Ein Beispiel für Fehleinschätzungen sehen Experten im gegenwärtigen Run auf Hochzinsanleihen – Schuldverschreibungen von Unternehmen, die überdurchschnittliche Zinsen von vier und mehr Prozent auf geliehenes Kapital zahlen. Fonds, die in diese Papiere investieren, sind wegen der hohen Renditen bei Anlegern begehrt.

Viele dieser privaten Investoren würden jedoch die Risiken ausblenden, sagt Philipp Müller, Portfolio-Manager bei der Performance IMC Vermögensverwaltung in Mannheim. "Hochzinsanleihen heißen nicht umsonst im Börsenjargon Junk-Bonds – Müll-Anleihen." Denn in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase sind nur Unternehmen in Schieflage gezwungen, überdurchschnittliche Zinsen auf Schuldverschreibungen zu zahlen.

Entsprechend hoch sind die Risiken einer Insolvenz der Emittenten. Dies zeigen die Pleiten von Unternehmen wie etwa German Pellets, KTG Agrar, SIC Processing und des Textilkonzerns Steilmann. "Im Segment deutsche Mittelstandsanleihe beträgt die Ausfallquote rund 25 Prozent", sagt Andreas Görler, Stratege beim Berliner Vermögensverwalter Wellinvest.

Dabei ist Deutschland einer der wenigen Staaten weltweit, in denen die Wirtschaft zurzeit rund läuft. Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, rät Anlegern deshalb, nicht auf kurzfristige Investmentthemen zu setzen. "Vielmehr sollten sie ihr Kapital möglichst breit streuen." Am günstigsten sei dies mit börsennotierten Indexfonds möglich.

Nicht auf nationale Indices fixieren

Diese im Branchenjargon kurz "ETF" genannten Vehikel bilden passiv einen Index aus Aktien oder Anleihen nach. "Da die Fonds nicht aktiv gemanagt und direkt an der Börse gehandelt werden, fallen kaum Verwaltungsgebühren und keine Ausgabeaufschläge an", sagt Nauhauser.

Um die Risiken zu minimieren und die Renditechancen zu erhöhen, sollten nicht ETF auf nationale Indices gewählt werden. "Schwächelt die deutsche Konjunktur, fällt automatisch der deutsche Börsenleitindex Dax", so Nauhauser. Die bessere Wahl seien vielmehr ETF auf weltweite Indices wie den MSCI World, meint der Experte. "Dieser Index spiegelt die Entwicklung der Aktien der 23 größten Industrienationen wider."

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