Gastbeitrag

Mit den richtigen Kennzahlen zum Erfolg

Wann ist eine Arztpraxis rentabel? Wie schneidet meine Hausarztpraxis im Vergleich zu Kollegen ab? Ein fundierter Praxisvergleich bietet gute Ansätze für eine betriebswirtschaftliche Optimierung der Praxisabläufe.

Von Bernd Rebmann Veröffentlicht:
Die Steuerung des Unternehmens Arztpraxis gelingt mit datenbank-gestützten Vergleichszahlen leichter.

Die Steuerung des Unternehmens Arztpraxis gelingt mit datenbank-gestützten Vergleichszahlen leichter.

© Rebmann Research

SCHRAMBERG. Häufig stellen mir Ärzte die Frage, ob ein durchschnittlicher Stundenwert von beispielsweise 121 Euro für die geleistete ärztliche Arbeit gut ist. Diese Kennziffer erhält man, wenn der Umsatz einer Arztpraxis – nehmen wir einen Beispielwert von 380.560 Euro einer fiktiven Hausarztpraxis – durch die Zahl der vom Arzt geleisteten Arbeitsstunden (in diesem Fall: 70 Wochenstunden mal 45 Arbeitswochen) geteilt wird.

Grundsätzlich ist bei Vergleichen von Stundensätzen zu berücksichtigen, dass sich darin auch die Ressourcen widerspiegeln, die man zur Erbringung seiner Leistung einsetzt. Deshalb hinken Stundensatzvergleiche mit anderen Branchen oft. Denn ein Apotheker mag zwar auf einen rechnerischen Stundensatz von 1000 Euro kommen – darin sind aber allein rund 750 Euro für den Wareneinkauf enthalten.

Deshalb orientiert sich die Antwort, die ich gebe, in der Regel an Vergleichswerten derselben Fachgruppe. Sie lautet in diesem Fall, dass der Stundenwert gut ist, denn 121 Euro liegen für einen Allgemeinmediziner im "normalen" Bereich. Sehr gut ist alles, was sich über 154 Euro bewegt. Wirtschaftlich kritisch wird es in einem Bereich von unter 75 Euro.

Missstände im Management

Das jedenfalls ist der Wert, den unsere Datenbank ATLAS MEDICUS für dieses wichtige Produktivitätsmerkmal errechnet. Die regelmäßige Ermittlung und Bewertung verschiedener Produktivitätskennziffern ist wichtig, da sie bestehende Missstände zum Beispiel im Praxismanagement aufzeigen können.

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Produktivität beschreibt dabei das Verhältnis der Leistungen der Praxis zum Einsatz von Zeit, Personal und anderen Mitteln. Gemessen wird beispielsweise der Umsatz je Mitarbeiter oder der Stundenumsatz der Praxis. Bei schlechten Werten sind die Mitarbeiter nicht voll ausgelastet, oder es gibt ein Delegationsproblem.

Im vorliegenden Fall einer Praxis für Allgemeinmedizin (s. Bild oben) zeigt sich das Produktivitätsproblem im Mitarbeiterbereich. Die Mitarbeiterproduktivität (Umsatz pro Mitarbeiter inklusive Inhaber gemessen in Vollzeitbeschäftigten) liegt bei nur 48.000 Euro im Vergleich zu 76.000 Euro der sehr guten Praxen. Der Stundenumsatz je geleisteter Arbeitsstunde aller Mitarbeiter in der Praxis liegt bei nur 23 Euro im Vergleich zu Spitzenwerten um 42 Euro.

Höhere Rentabilität

Um ein Produktivitätspotenzial zu erschließen und die Produktivität zu erhöhen, kann es hilfreich sein, eine Aufgabenanalyse im Praxisbetrieb durchzuführen. Dies bedeutet, es wird ermittelt, wer wann wo wie oft welche Tätigkeiten ausführt: Wer assistiert bei der Behandlung? Wie oft werden Blutproben im Labor analysiert? Zu welchen Tageszeiten gehen die meisten Telefonate am Empfangstresen ein? Auf Basis der Aufgabenanalyse kann dann eine Neustrukturierung der Praxisabläufe erfolgen. Überflüssige Tätigkeiten werden eliminiert, Unstimmigkeiten in den Abläufen werden geklärt.

Produktivitätsoptimierung wiederum schafft Rentabilität. Wenn die Aufgabenanalyse ein Erfolg war, könnten sich auch die Rentabilitätsschwächen erübrigt haben, weil die Mitarbeiter sinnvoller eingesetzt werden können. Dies kann der Fall sein, muss es aber nicht. Dem betriebswirtschaftlich denkenden Arzt stehen dann weitere Methoden zur Verfügung, die gezielt einer Verbesserung der Rentabilität dienen. Im vorliegenden Fall ist dies auch nötig, denn mit 38 Prozent Umsatzrendite lautet die Empfehlung für die vorliegende Praxis "überprüfen". Ziel jeder rentabilitätsverbessernden Therapie ist immer die mittel- bis langfristige Gewinnsteigerung. Der Gewinn ist die Differenz von Umsatz und Kosten, also gibt es zwei naheliegende Ansatzpunkte zur Rentabilitätssteigerung:

» Umsatzsteigerung durch Neupositionierung: Auch bei Standorten mit hohem Versorgungsgrad ist es möglich, Umsätze zu steigern. Hausärzte, die zum Beispiel mehr Präventionsleistungen anbieten, sich an den jetzt besser geförderten Leistungen von Nichtärztlichen Praxisassistentinnen (NäPA) orientieren oder ihr Angebot für geriatrische Patienten stärken, können hohe Umsatzpotenziale erschließen, wenn sie damit gleichzeitig die Bedürfnisse von Patienten treffen.

» Kostensenkung: Oft gelten die Personalkosten als der einzig wirkliche Kostenblock, der sich in der Praxis senken lässt. In unserem Beispielsfall liegt die Personalkostenquote – also das Verhältnis der Personalkosten zum Gesamtumsatz der Praxis – mit 33 Prozent zu hoch. Sehr gut sind für allgemeinmedizinische Praxen Werte um 22 Prozent und weniger.

Die Personalkosten sind zwar grundsätzlich der größte Kostenblock in Praxen. Jedoch können durch klugen Einsatz der Mitarbeiter eben auch zusätzliche Umsätze erwirtschaftet werden. Zudem gilt: Für den Erfolg sind auch viele andere Kostenbereiche wie die Raumkosten von großer Bedeutung. Es bietet sich an, Räume mit anderen Ärzten zu teilen, um so nicht nur die Sprechstundenzeiten, sondern möglicherweise sogar die Freizeitstunden zu erhöhen. Auch werden die Räume, die Geräte, das Inventar und auch das Personal besser ausgelastet. Das hat entsprechende Auswirkungen sowohl auf die Produktivität als auch auf die Rentabilität.

Grundsätzlich interessant für Kostensenkungsmaßnahmen sind die Gemeinkosten, also jene Kosten, die laufend anfallen. Radikale Gemeinkostenwertanalysten finden oft mehr als 40 Prozent Kosteneinsparungspotenzial, indem man ganz stringent überprüft, ob eine Ausgabe tatsächlich notwendig ist, um den Betrieb der Praxis aufrechtzuerhalten (etwa die Zeitschriftenauswahl im Wartezimmer).

Bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten hinsichtlich Umsatz und Kosten lässt sich die Umsatzrentabilität stark steigern – und so auch der Gewinn. Würde im Beispielfall der Arzt die durchschnittliche Umsatzrentabilität in der Allgemeinmedizin von 50 Prozent erreichen, brächte ihm das einen Mehrgewinn von 45.700 Euro.

Dr. Bernd Rebmann ist Firmengründer und Geschäftsführer der Rebmann Research GmbH & Co. KG sowie der Rebmann Technology GmbH, Schramberg und Berlin.

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