Hintergrund

E-Card: Widerstand einzelner KVen belastet Ärzte nicht nur finanziell

Bis Ende September können sich Ärzte Zuschüsse für E-Card-fähige Kartenleser sichern. Doch einige KVen sperren sich dagegen, die nötigen Verträge auszuhandeln. Das ist nicht nur rechtswidrig. Es erhöht auch den finanziellen und organisatorischen Aufwand der Praxen.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Für die E-Card benötigen die meisten Praxen neue Kartenleser.

Für die E-Card benötigen die meisten Praxen neue Kartenleser.

© [M] sth

Die Ausgabe der neuen Gesundheitskarten soll im Oktober beginnen. Um diesen Rollout zu einem Erfolg zu machen, sollen die Vertragsärzte rechtzeitig Kartenlesegeräte neuen Typs in ihren Praxen installieren.

Dafür gibt es bis Ende September Zuschüsse in Höhe von bis zu 850 Euro je Arzt von den Krankenkassen, die über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ausgezahlt werden.

Bisher haben sich allerdings noch nicht alle KVen dazu bereit erklärt, mit den Krankenkassen Refinanzierungsvereinbarungen zu schließen. Sie berufen sich dabei auf Beschlüsse ihrer Vertreterversammlungen.

Manche Rechtsexperten sehen die zögernden KVen dabei auf rechtlich dünnem Eis, da eine Vertreterversammlung letztlich keine Beschlüsse fassen dürfe, die sich gegen geltendes Recht richten.

Die Vertreterversammlung der KV Bremen hat daher vor kurzem den Beschluss zurückgenommen, der den Vorstand davon abhalten sollte, eine solche Vereinbarung zu schließen.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sieht letztlich wenig Spielraum für die KVen, auch aus Sicht der Ärzte in den Regionen: "Eine KV, die keine Vereinbarung zur Refinanzierung der neuen Terminals abschließt, hält letztlich Geld zurück, das ihren Ärzten zusteht", sagt Bernd Greve, IT-Experte der KBV, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Entscheiden, ob er in seiner Praxis neue Kartenleser einsetzen will oder nicht, muss letztlich jeder Arzt für sich. Denn ob eine KV eine Vereinbarung schließt oder nicht, ändert nichts daran, dass im ganzen Bundesgebiet vom 4. Quartal an Patienten mit der neuen Karte in die Praxis kommen werden.

Nach den Bestimmungen werden die Versicherten ihre alten Karten bei Erhalt der neuen abgeben müssen. Wer dann keines der neueren MKT-Terminals in der Praxis stehen hat, kann die neue Karte nicht einlesen und muss, wenn er mit der KV die Leistungen abrechnen will, auf das Ersatzverfahren zurückgreifen. "Beim Abschreiben der Daten von der Karte würde man schnell die Lust verlieren", glaubt Greve.

Wer einen MKT-Kartenleser hat, kann die neue Karte ohne Probleme einlesen. Wie viele MKT-Geräte im Markt sind, ist der KBV allerdings nicht bekannt. "Die meisten Ärzte habe noch die alten KVK-Leser", meint Greve.

Ausnahme seien vielleicht die Psychotherapeuten, von denen viele erst relativ spät Praxis-EDV angeschafft haben. Doch selbst dann: Die nächsten Schritte könnten die MKT-Geräte dann auf keinen Fall mehr mitgehen, so Greve.

Denn sie hätten keine LAN-Schnittstelle, eine Card-to-Card-Authentifikation mit dem Heilberufeausweis sei ebensowenig möglich wie der Anschluss an einen Konnektor. "Und irgendwann wird das kommen", so Greve. Dann aber gibt es nach der Vereinbarung mit den Krankenkassen keine Zuschüsse für die neuen Geräte mehr.

"Wir raten den Ärzten daher dazu, bis zum 30. September zu installieren, zur Not könnte es reichen, bis zum Ende der Frist zu bestellen", sagt Greve. Auch in der KV Nordrhein sei am Ende so verfahren worden. Das Geld werde dann ausgezahlt, wenn der Arzt oder die Ärztin bestätigt, dass das Gerät funktionstüchtig installiert ist.

Für die Karte müsse mit dem Basis-Rollout noch kein Arzt mit seiner Praxis-EDV online gehen, so Greve weiter. Es sei ja nach dem Gesetz gegen den Willen der Ärzte "leider verpflichtend", dass Ärzte den Online-Abgleich der Stammdaten zulassen.

Wer mit seinem Praxissystem nicht online gehen will, könne aber auf technische Lösungen zurückgreifen wie einem eigenen Rechner im Wartezimmer, der mit Konnektor online angeschlossen sei, aber getrennt von der Praxis-EDV bleibe.

Eine solche Lösung sei von den Leistungserbringern in der Betreibergesellschaft gematik vorgeschlagen worden, so Greve. Der Branchenverband BITKOM hatte diese Idee vor kurzem befürwortet.

Für die nächsten Schritte mit der Karte, den Online-Arztbrief, die Notfalldaten und die Online-Aktualisierung der Stammdaten, sollen diese Woche die Lastenhefte in die gematik eingebracht werden.

Die KBV ist zuständig für den Arztbrief und wird nach Angaben Greves ein Verfahren vorschlagen, das ähnlich einfach funktionieren soll wie die Standard-Mailprotokolle, "allerdings mit zusätzlichen Funktionen zur Verschlüsselung und digitalen Signatur", wie Greve betont.

Diese Zusatzfunktionen würden dann auch getestet werden, bevor sie in der Breite eingeführt werden. Greve versteht deshalb die Aufregung in manchen KVen wegen der Änderung bei den Testverfahren nicht ganz.

"Es wird nicht auf Tests verzichtet, es soll nur flexibler laufen können als bisher. Wir werden Tests machen, sobald wir testfähige Komponenten haben." Greve geht davon aus, dass die alten Testregionen für die neuen Tests wieder reaktiviert werden - bis auf Heilbronn, nachdem die Ärzte dort aus den Tests ausgestiegen waren.

Lesen Sie dazu auch: E-Card: Doch Zuschüsse in Hessen?

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“