E-Card

Jetzt rollt der große Online-Test an

Bei der Neuauflage der Tests der E-Card sollen die Fehler der ersten Testphase vor fünf Jahren vermieden werden. Klare Zielvorgaben, eine enge Einbindung der Ärzte und eine unabhängige Evaluation könnten den Erfolg bringen. Ein Selbstläufer wird die Sache trotzdem nicht.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Bei den Online-Tests soll alles in Sekundenschnelle gehen: Zielvorgabe für den Abgleich der Versichertenstammdaten auf der E-Card sind sieben Sekunden.

Bei den Online-Tests soll alles in Sekundenschnelle gehen: Zielvorgabe für den Abgleich der Versichertenstammdaten auf der E-Card sind sieben Sekunden.

© [M] sth

BERLIN. In diesen Tagen beginnt in den beiden Testregionen für die ersten Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) die Rekrutierung der teilnehmenden Ärzte und Krankenhäuser. Im vierten Quartal 2014 sollen die Tests des sogenannten Online-Rollouts Stufe 1 (ORS-1) starten.

Zur Erinnerung: Es wird zwei große Testregionen geben, eine Region Nordwest in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und eine Region Südost in Bayern und Sachsen.

In beiden Regionen sollen jeweils 500 Ärzte an den Tests teilnehmen, dazu fünf Krankenhäuser. In Bayern und Sachsen wird der Test von einem von T-Systems geleiteten Industriekonsortium durchgeführt, an dem von Seiten der Praxis-IT-Hersteller medatixx, Psyprax, iSoft und Frey sowie Open Limit SignCubes als Konnektorhersteller beteiligt sind.

Im Nordwesten engagieren sich CompuGroup Medical und Booz gemeinsam mit dem Konnektorhersteller KoCo Connector. Weitere beteiligte Praxis-IT-Hersteller sind Hasomed und Psyprax.

Viele Lektionen aus dem Desaster

Die ersten eGK-Tests im Jahr 2007/2008 führten bekanntlich dazu, dass Ex-Gesundheitsminister Philipp Rösler Anfang 2009 ein Moratorium für die eGK erklärte. Zu den Problemen dieser Testphase zählten unter anderem eine viel zu geringe Zahl an Testfällen, ein zu komplexes PIN-System und eine katastrophale Akzeptanz bei den Ärzten.

Damit es diesmal anders wird, wurde an einer ganzen Reihe von Stellschrauben gedreht. So beschränkt man sich zunächst auf relativ einfache Anwendungen. Die Online-Aktualisierung der Versichertenstammdaten mag bei den Ärzten unbeliebt sein.

Technisch und organisatorisch ist sie aber schon deswegen beherrschbar, weil sie ohne PIN-Eingabe des Patienten vonstatten geht und auch vom Arzt keine über das Stecken der Karte hinausgehende Tätigkeit erfordert.

Die zweite ORS-1-Anwendung, die qualifizierte elektronische Signatur der Ärzte mittels elektronischem Heilberufsausweis, ist gar keine Anwendung im eigentlichen Sinne, sondern ein Basisdienst. Er kann etwa bei elektronischen Arztbriefen, Kontrastmittelbestellungen oder bei der Quartalsabrechnung genutzt werden.

Hier geht es um eine prinzipielle Testung der Technologie, und noch nicht um eine Einführung im Alltag im großen Stil. Am Ende sollen die Signatur, die Signaturprüfung, die Authentisierung des Arztes sowie alltagsrelevante Erweiterungen wie eine Stapelsignatur, also das Unterschreiben mehrere Dokumente auf einmal, funktionieren. Wie das in konkrete Alltagsanwendungen in der Arztpraxis umgesetzt wird, ist zunächst einmal sekundär.

Auch vonseiten der Testorganisation bzw. des Projektmanagements läuft die "Testphase 2.0" deutlich anders ab als ihre Vorgängerin. Zum einen gibt es weniger, aber dafür deutlich größere, Testregionen, mit denen in Summe rund eine Million Patienten erreicht werden soll.

Es kommen nur Echtdaten zum Einsatz

Es wird konsequent mit Echtdaten gearbeitet. Für eine möglichst große Zahl an Testfällen werden nicht nur die Versichertenstammdaten im Falle einer Änderung aktualisiert.

Die Testphase wird auch genutzt, um auf den Karten das Versichertenstammdatenschema zu aktualisieren. Das führt dazu, dass bei praktisch jedem Patienten, der in der Testphase in eine der beteiligten Praxen kommt, zumindest einmal eine Online-Aktualisierung erfolgen wird.

Wie in der ersten Testphase wird eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Die Bezahlung erfolgt über die Industriekonsortien und ist in beiden Testregionen identisch. Es gibt ein nach Größe der Einrichtung gestaffeltes Vergütungsmodell mit Einmalbeträgen zwischen 5000 und 12500 Euro bei Ärzten bzw. MVZ und 12000 bis 24000 Euro bei Krankenhäusern.

Dazu kommen ebenfalls gestaffelte monatliche Pauschalen für die Dauer der Erprobung. In jeder Region wird es 20 Ärzte geben, bei denen Vortests laufen, bevor es in den Rollout für die gesamte Testregion geht. Diese "friendly users" erhalten für ihren deutlichen Mehraufwand einen Aufschlag auf die genannten Pauschalen.

Wie die Auswahl der Arztpraxen ablaufen wird, ist mittlerweile in groben Zügen klar. Die Ansprache der Ärzte erfolgt über die Hersteller der Praxis-IT-Systeme. Die Ärzte werden von den Unternehmen auf die Möglichkeit einer Teilnahme an der Testphase hingewiesen.

Sie müssen sich dann aktiv vorregistrieren. Erst danach erhalten sie das Informationsmaterial und können sich definitiv bewerben.

Eine Sache von Sekunden

Im nächsten Schritt wählen die Testkonsortien in Abstimmung mit den KVen die endgültigen Testpraxen aus, und zwar nach sehr detailliert von der Betreiberorganisation gematik vorgegebenen Kriterien. Gesucht werden pro Region 125 Zahnärzte, darunter 40 Prozent mit Stand-alone-Szenarien, also Praxen, in denen die Praxisverwaltungssoftware (PVS) und der Rechner am Empfang physisch und/oder logisch getrennt sind.

Einige der Zahnarztpraxen müssen zudem über Internetanschlüsse mit geringer Bandbreite verfügen (maximal 1024 kb/s Download) sowie mobile Kartenterminals einsetzen. Bei den 375 Ärzten pro Testregion ist es ähnlich: Gesucht sind 40 Prozent Hausarztpraxen und zwei MVZ.

Es gibt außerdem Quoten für Stand-alone-Szenarien, niedrige Bandbreiten, Mobilfunkszenarien und mobile Kartenterminals.

Sehr präzise sind die Performance-Vorgaben. Der Zielwert für das Auslesen der Stammdaten mit Online-Prüfung liegt bei 4 Sekunden. In 95 Prozent der Fälle darf es höchstens fünf Sekunden dauern. Werden die Stammdaten aktualisiert, liegt der Zielwert bei 7 Sekunden.

Und bei 95 Prozent der Patienten darf es nicht länger als 13 Sekunden dauern. Treten in den Testpraxen Probleme auf, hilft jeweils eine zentrale Service-Hotline, die verpflichtet ist, sich um die Anfrage zeitnah zu kümmern.

Was unbedingt vermieden werden soll ist, dass Testärzte den Eindruck haben, man würde sie im Regen stehen lassen. Schließlich werden die Ergebnisse der Testphase von einer unabhängigen Institution wissenschaftlich ausgewertet. Wer das ist, wird noch bekannt gegeben. Die Ausschreibung läuft.

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