Substitutionstherapie

E-Card erschwert Arzt die Arbeit

Wer Kassenleistungen in Anspruch nehmen will, muss dafür seit Jahresbeginn die elektronische Gesundheitskarte (E-Card) vorlegen. Doch nicht überall läuft der Praxisbetrieb damit reibungslos, wie der Fall von Dr. Christian Schmidt-Hestermann zeigt.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Auf die E-Card gehört ein Lichtbild des Versicherten – damit kommt nicht jeder Patient zurecht.

Auf die E-Card gehört ein Lichtbild des Versicherten – damit kommt nicht jeder Patient zurecht.

© Harald Tittel / dpa

NEU-ISENBURG. Der Hausarzt Dr. Christian Schmidt-Hestermann betreibt eine Methadonambulanz in Marburg. Dort betreut er Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben.

Ihr Ziel sei es, wieder Anschluss an ein normales Leben zu finden oder zumindest eine gewisse Stabilität im Tagesablauf herzustellen.

Tun sie sich allerdings schwer damit, das obligatorische Foto für die E-Card abzuliefern, drohen sie aus dem Versorgungssystem harauszufallen, berichtet Schmidt-Hestermann.

"Für einige psychisch erkrankte oder süchtige Patienten ohne E-Card muss ich eine private Rechnung schreiben", berichtet Schmidt-Hestermann.

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Von 120 Patienten, die der Hausarzt mit der Ersatzdroge Methadon versorgt, hätten acht bis zum Ende vergangenen Jahres keine Karte mit Lichtbild gehabt.

Aktuell seien es noch vier Patienten, die ohne gültigen Versicherungsnachweis in der Praxis erscheinen. Auch sie muss Schmidt-Hestermann kontinuierlich versorgen.

Problem: Das Ersatzverfahren kann er dabei nicht nutzen, da es nach seinen Angaben nur bei Notfällen zum Einsatz kommen soll. Substitutionspatienten zählen jedoch als Chroniker.

Forderung nach Ausnahmen

Der Hausarzt führt das Beispiel von Herrn S. an, der bei der AOK Hessen versichert sei. (Name ist der Redaktion bekannt). Seit acht Jahren ist S. in der Substitutionstherapie. Derzeit lebt er in einer Einrichtung für betreutes Wohnen.

Er habe seiner Krankenkasse zwar im November ein Bild eingereicht - jedoch ein Schwarz-weiß-Foto. Mitte Januar habe er darauf eine negative Rückmeldung von der Kasse erhalten, so dass Schmidt-Hestermann ihm nun vorerst Privatrechnungen stellen müsse.

Für den Patienten "eine Katastrophe", betont der Hausarzt. Da schon das Farbfoto eine finanzielle Belastung darstelle - und die Behandlung erst recht. Zwar könne S. die Rechnungen seiner Kasse vorlegen, aber zumindest die Rezeptkosten blieben bei ihm hängen, sagt Schmidt-Hestermann.

Für den Hausarzt führt die Situation ins Dilemma: Er will seine Patienten nicht hängen lassen, wie er sagt, könne aber selbst nur bedingt helfen. Etwa indem er kurzfristig selbst einspringt und die Behandlung erst mal auf die eigene Kappe nimmt.

Oder mit großem Verwaltungsaufwand selbst versucht, die Kasse dazu zu bewegen, eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Doch für Schmidt-Hestermann ist das ein Problem, das nicht in Arztpraxen gehört: "Das ist eine Sache zwischen Kasse und Versichertem."

Aus seiner Sicht würden nur "klare Ausnahmeregeln für Patienten in Substitutionsprogrammen" helfen. In seiner Praxis würde es schon reichen, wenn ihm wenigstens bis 30. Juni erlaubt wäre, für seine Patienten das Ersatzverfahren anwenden zu können.

Die AOK Hessen bemängelt dagegen die recht unbestimmte Formulierung, mit der der Gesetzgeber Ausnahmen vom Lichtbild auf der neuen Gesundheitskarte zulässt.

"Kinder unter 15 Jahren sowie Versicherte, denen die Erstellung eines Fotos aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist", erläutert ein Sprecher der AOK Hessen auf Anfrage, könnten demnach "auch eine Karte ohne Lichtbild erhalten".

Diese Vorgabe mache aber eine Einzelfallentscheidung der jeweiligen Kasse nötig.

Kasse setzt auf Dialog

Es sei nachvollziehbar, dass es für Substitutionspatienten eine große Hürde darstellen könne, ein passendes Bild zu besorgen. Die Kasse setzt auf den Dialog: Patient, Betreuer oder Arzt sollten sich bei der Kasse melden. Möglich sei etwa, ein Foto in der Geschäftsstelle erstellen zu lassen.

In Ausnahmefällen könne zudem durchaus das Ersatzverfahren beantragt werden. Das sei zwar kein reguläres Vorgehen, aber auch nicht außergewöhnlich. Ohne Zutun des Arztes geht es zumindest im genannten Fall aber nicht.

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