Naturmedizin

Zeit darf etwas kosten

Alternative Heilformen werden bei Patienten zwar immer beliebter. Mediziner und Apotheker fühlen sich in diesem Gebiet jedoch häufig nicht zu Hause. Dies gilt vor allem für die Beratung der Patienten, wie eine Studie ergeben hat.

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BERLIN. Naturmedizin sehen Ärzte und Apotheker als einen unübersichtlichen, kleinteiligen Markt, in dem sie selbst Beratung und Orientierung benötigen. Bei der Beratung ihrer Patienten erleben sie Defizite. Das hat eine Untersuchung des Rheingold Instituts im Auftrag des auf Naturmedizin spezialisierten Familienunternehmens Pascoe Naturmedizin ergeben.

Für die Untersuchung befragte das Marktforschungsinstitut 50 Frauen und Männer zwischen 20 und 65 Jahren in Einzelgesprächen und Gruppendiskussionen zu ihrer Einstellung zur Naturmedizin.

Darüber hinaus machten 45 Ärzte, Apotheker und Heilpraktiker zwischen 30 und 60 Jahren Angaben zur Anwendung von naturmedizinischen Mitteln in Praxis und Offizin.

Ärzte und Apotheker erleben die Vielfalt des Produktportfolios in der Naturmedizin als größtenteils unstrukturiert und unübersichtlich. Sie vermissen der Befragung zufolge einen klaren Bezug zu hergebrachten, schulmedizinischen Krankheitsbildern.

Allerdings sehen sie die Naturmedizin durchaus als unterstützende Begleitung des medizinischen Behandlungsprozesses, unterstrich Stephan Grünewald, Geschäftsführer des Rheingold Instituts, bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. Apotheker sehen die Naturmedizin zudem als Instrument, um Kunden an sich zu binden und den Verkauf zu steigern.

Die befragten Patienten gaben in den Interviews an, von Ärzten mit Zusatzbezeichnung "Arzt für Naturheilverfahren" eine individuell auf sie zugeschnittene Behandlung und Arzneimittel zu erwarten.

Wertvolle Zusatzausbildung

Die Patienten wollten einen Arzt für Naturheilverfahren, der als ehrlicher Makler zwischen den beiden Disziplinen Schulmedizin und Naturmedizin fungiert. Ihrer Erfahrung nach schaffen es Schulmediziner mit Zusatzausbildung, die Welt der Naturmedizin zu vereinfachen und die unterschiedlichen Methoden nach Nutzen und Wirksamkeit herauszufiltern.

Gleichzeitig wünschen sich die befragten Probanden, dass Naturmedizin stärker Einzug in Apotheken hält. Derzeit, so ihre Auffassung, scheinen sich viele Apotheker gegen die Naturmedizin zu sträuben, kennen sich in diesem Bereich nicht so gut aus und seien häufig überfordert.

Heilpraktiker wiederum sehen die befragten Patienten als begleitende Heilkundler, die sich viel Zeit für sie nehmen. Als markanteste Unterschiede zwischen Schul- und Naturmedizin nannten die Patienten den Faktor Zeit und die Art der Zuwendung durch den Arzt beziehungsweise den Behandler zum Patienten.

Während die Probanden Schulmedizin mit der Suche nach "der schnellen Lösung" und kaum Zuwendung durch den Arzt assoziieren, schreiben sie der Naturmedizin insbesondere den Faktor Zeit und Verständnis für die Anliegen des Patienten zu.

Für den Mehrwert Zeit und Verständnis sind die Befragten sogar bereit, zusätzliche Kosten auf sich zu nehmen, hat die Erhebung ergeben. (mam)

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