Praxis-Marketing

Zuviel heiße Luft provoziert Abmahnung

Das Heilmittelwerbegesetz gilt auch für Heilberufler, die ihr Leistungsangebot anpreisen. Wer dabei über die Stränge schlägt und mehr verspricht, als er - wissenschaftlich gesichert - halten kann, riskiert Abmahnungen durch Wettbewerber oder einen Abmahnverein.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Gerade Ärzte müssen in Sachen Werbung bei der Wahrheit bleiben.

Gerade Ärzte müssen in Sachen Werbung bei der Wahrheit bleiben.

© olly / Fotolia.com

KARLSRUHE. Ärzte, die private Leistungen bewerben, beispielsweise Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), müssen darauf achten, dass sie sich nicht auf das dünne Eis der Irreführung begeben.

Das gilt besonders dann, wenn Verfahren angeboten werden, für die es keine wissenschaftlichen Wirksamkeitsbelege gibt.

Im Zweifelsfall sollte dann "ein Hinweis auf die fehlende wissenschaftliche Absicherung erfolgen, damit die Werbung nicht irreführend und deshalb abmahnfähig ist", rät die Mainzer Rechtsanwältin Henriette Marcus.

Exemplarisch bezieht sich die Fachanwältin für Medizinrecht auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Karlsruhe. Das gab der Wettbewerbszentrale in der Klage gegen eine osteopathische Therapeutenpraxis statt.

Unzureichende wissenschaftliche Absicherung

Die Therapeuten hatten osteopathische Behandlungen als "Therapie bei akuten und chronischen wirbelsäuleninduzierten Schmerzzuständen, bei Verklebungen und Vernarbungen innerer Organe mit reaktiver Bewegungseinschränkung, bei Organabsenkung und Inkontinenz, bei Schädelasymmetrien von Neugeborenen und Säuglingen sowie zur Skolioseprophylaxe" beworben, allerdings ohne Hinweis auf die unzureichende wissenschaftliche Absicherung.

Das Landgericht verwies auf Paragraf 3 des Heilmittelwerbegesetzes, wonach eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, "wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben".

Das Gericht, so Anwältin Marcus, habe mit Hinweis auf den Gesundheitsschutz gefordert, dass "Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung" nur dann zulässig seien, "wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis" entsprechen.

Therapeuten legten Studien vor

Die von den beklagten Therapeuten vorgelegten Studien oder Studienzusammenfassungen hätten dieser Anforderung nicht genügt. Für bestimmte Indikationsbereiche hätten sogar überhaupt keine wissenschaftlichen Nachweise vorgelegt werden können.

Laut Landgericht bestehen in der Wissenschaft Zweifel an den Grundlagen der Osteopathie. Auch die Bewertung der Bundesärztekammer zu den osteopathischen Verfahren aus dem Jahr 2009 sei nicht ausreichend, um die Osteopathie als anerkannte Behandlungsmethode zu akzeptieren.

Die konkrete Werbung der Osteopathen war daher kostenpflichtig zu untersagen.

Landgericht Karlsruhe Az.: 14 O 49/14 KfH III

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Selbstzahlerleistungen

Ärzteverein teilt Forderung nach IGeL-Verboten

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen