Junge Ärzte

Nichts geht ohne Work-Life-Balance

Selbstbewusst, fordernd, ergebnisorientiert: So wird die "Generation Y" oft beschrieben. Eine Studie zeigt nun, dass sich die Weiterbildung auf die Bedürfnisse der jungen Ärzte einstellen muss. Sie wollen Zeit für Privatleben - und Mitsprache.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Die Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist jungen Ärzten trotz Karriere wichtig.

Die Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist jungen Ärzten trotz Karriere wichtig.

© die-exklusiven / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist für junge Ärzte ein entscheidendes Kriterium für ihre Berufszufriedenheit. Das zeigt eine qualitative Studie der Landesärztekammer Hessen. Um die Weiterbildung an dieses Bedürfnis anzupassen, wünschten sich die befragten Ärzte in Weiterbildung flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so ein Fazit.

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Zur Vorbereitung einer im Sommer 2015 gestarteten hessenweiten Befragung zur Weiterbildungsqualität hatte die Stabsstelle Qualitätssicherung acht 90-minütige Interviews mit angehenden Ärzten der sogenannten Generation Y geführt.

In der Soziologie bezeichnet dieser Begriff die um 1980 Geborenen; ihre Generation gilt allgemein als selbstbewusst, flexibel - jedoch oft auch orientierungslos und sprunghaft. Mit offenen Fragestellungen und persönlichen Gesprächen hat die Kammer daher die individuellen Bedürfnisse des ärztlichen Nachwuchses dieser Generation untersucht.

Sechs der acht Befragten waren weiblich, nur ein Teilnehmer war im ambulanten Bereich tätig. In den Gesprächen habe sich die allgemein bekannte selbstbewusste Grundhaltung der Generation durchaus bestätigt, so die Studienautoren um Dr. Iris Bruchhäuser. "Ich glaube schon, dass die Generation Y eine sehr fordernde Generation ist", sagte etwa eine Ärztin, die ihre Weiterbildung 2011 begonnen hat.

Strenge Hierarchien werden nicht mehr akzeptiert

"Heute werden Probleme offen angesprochen und Lösungen gefordert." Das Gespräch müsse dabei auf Augenhöhe geschehen - eine Forderung, die auch in der Weiterbildung wichtig sein kann. Denn strenge Hierarchien, so ein Ergebnis der Studie, würden heute nicht mehr akzeptiert.

Begünstigt würde die fordernde Haltung vom Ärztemangel. Aufgrund des guten Arbeitsmarktes stiegen die Chancen der jungen Mediziner auf einen Wunschjob, und laut den Befragten können es sich Ärzte in Weiterbildung leisten, Forderungen zu stellen.

Dabei wurde in den Interviews deutlich, dass sich Kollegen der älteren Generation über das sehr selbstbewusste Verhalten verwundert zeigen. "Solche Differenzen können zu Spannungen zwischen den Generationen führen", beobachten die Studienautoren. Sie plädieren an Jungmediziner und erfahrene Weiterbilder, offen zu kommunizieren und den Blick für die andere Generation zu schärfen.

Die potenziellen Spannungen beruhten darauf, dass "unterschiedliche Glaubenssätze zu Arbeit und Führungsstil aufeinandertreffen". Die Einhaltung regelmäßiger Feedbackgespräche und gemeinsame Zielsetzungen könnten helfen, diese abzubauen.

"Ein Arzt kann nur wirklich gute Arbeit leisten, wenn er genügend Zeit hat, sich zu regenerieren"

Essenziell für die Berufszufriedenheit der jungen Ärzte sei außerdem die bessere Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. "Ein Arzt kann nur wirklich gute Arbeit leisten, wenn er genügend Zeit hat, sich zu regenerieren", gab im Interview etwa eine Fachärztin für Allgemeinmedizin zu bedenken. Auch internationale Studien zeigten, dass der Work-Life-Balance immer größere Bedeutung zukomme, so die Autoren der Studie.

Die Absolventenbefragung, die die hessische Ärztekammer seit 2009 systematisch durchführt, belegt dies ebenfalls: Rund 40 Prozent der insgesamt 2241 befragten Absolventen der Ärztlichen Prüfung in den Jahren 2009 bis 2014 gaben darin an, dass die Einhaltung der Arbeitszeit bei der Wahl des späteren Arbeitsplatzes ein wichtiges Kriterium ist.

Ein möglicher Grund für die Entwicklung sei die "Feminisierung" der Medizin, so die Autoren um Bruchhäuser. "In fast allen OECD-Staaten ist der Anteil der Frauen im ärztlichen Arbeitsfeld seit einigen Jahren stark gestiegen", heißt es im Fazit. "Auch deshalb werden flexible Arbeitszeiten und Teilzeit-Modelle gefordert."

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