Ärztin und Mutter rät

"Chef in Familienplanung einweihen!"

Beim Symposium "Medizin der Zukunft - durch junge Ärzte heute" in Hamburg ging es mitunter um prekäre persönliche Fragen. Eingeladen hatten die Bundesärztekammer und das Bündnis Junge Ärzte.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Professor Dorothee Alfermann, Direktorin des Instituts Sportpsychologie und Sportpädagogik der Universität Leipzig (links), und Dr. Hannah Arnold, Sprecherin der Jungen Urologen in der German Society of Residents in Urology GeSru.

Professor Dorothee Alfermann, Direktorin des Instituts Sportpsychologie und Sportpädagogik der Universität Leipzig (links), und Dr. Hannah Arnold, Sprecherin der Jungen Urologen in der German Society of Residents in Urology GeSru.

© Reipka

HAMBURG. "Frau Arnold, Sie müssen Ihre Familienplanung mit mir besprechen!" Als die junge Urologin Dr. Hannah Arnold diese Worte von ihrem Chef hörte, fühlte sie sich zunächst befremdet und vor den Kopf gestoßen.

Dann allerdings dachte sie darüber nach. Und - so schildert sie es heute, einige Jahre später - erkannte, dass er recht hatte.

Mittlerweile ist Arnold Mutter eines Kleinkindes und forderte bei einem Symposium für junge Ärzte in Hamburg: "Frauen müssen von sich aus ein Modell anbieten und vor allem klar sagen, wann sie wieder arbeiten wollen!"

Kliniken müssen mutig sein

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Kurz vor Beginn des Ärztetages in Hamburg hatten Bundesärztekammer und Bündnis Junge Ärzte zur Diskussionsveranstaltung unter dem Titel "Medizin der Zukunft - durch junge Ärzte heute" eingeladen. Ein Schwerpunktthema war die Frage nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Klinik.

Hannah Arnold, Sprecherin der jungen Urologen in der German Society of Residents in Urology (GeSru), fand in der lebhaften Debatte klare Worte. "Das Problem sind die Strukturen", sagte sie.

Die Köpfe müssten sich öffnen, Politik und Mikroebene müssten umdenken - es gebe keinen Grund, warum ausgerechnet Deutschland so hinterherhinke.

Dr. Matthias Krüger, Sprecher des chirurgischen Nachwuchses im Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC), meldete sich aus dem Publikum zu Wort.

"Kliniken müssen mutig sein und einfach mal verschiedene Modelle ausprobieren", schlug er mit Blick auf die Schwangerschaftszeit im klinischen Umfeld vor. "Warum kann man zum Beispiel eine schwangere Chirurgin nicht im Op ablösen, wenn die Operation zu lange dauert?"

Dem pflichtete Professor Dorothee Alfermann, Direktorin des Instituts Sportpsychologie und Sportpädagogik der Universität Leipzig, auf dem Podium bei. Zwar seien Kind und Karriere mittlerweile überall Thema, doch fehlten konkrete Mechanismen.

"Wir brauchen eine verbindliche Organisationsentwicklung", so Alfermann.

Haarsträubende Dienstpläne

Dem im Weg stünden die überall dünne Personaldecke und die zum Teil an "Leibeigenschaft" grenzende Dienstplanung für Assistenzärzte, hieß es aus dem Publikum. Eine andere Zuhörerin brachte es auf den Punkt: "Es kann doch nicht sein, dass eine popelige neunmonatige Schwangerschaft und vielleicht zwei, drei Jahre Elternzeit den ganzen Laden zum Einsturz bringen!"

Für Assistenzärztinnen in der Klinik gelten, anders als für niedergelassene Ärztinnen, bislang noch strikte Mutterschutz-Gesetze. Jeder Arbeitsplatz wird individuell bewertet, Folgen können eine Beschäftigungsbeschränkung oder ein Berufsverbot sein.

Für die Klinik eine prekäre personelle Situation. Dr. Markus Wenning, geschäftsführender Arzt der Ärztekammer Westfalen-Lippe, berichtete auf dem Podium von einem Chefarzt, der stets geseufzt hätte: "Wenn die Schwangeren doch nur alle berufsunfähig wären, damit ich wenigstens Ersatz finanzieren könnte." Rechtliche Neuregelungen seien hier überfällig, mahnte Wenning an.

Dr. Jürgen Konczalla, Sprecher der jungen Neurochirurgen (DGNC) und selbst Vater, berichtete, auch der Wiedereinstieg sei kompliziert, denn Teilzeitjobs seien in Kliniken immer noch selten.

Erst recht in der Weiterbildung und erst recht für Mütter, sagte Konczalla, da zum Teil monatelange Vollzeitarbeit verpflichtend sei, mit Kind aber einfach nicht machbar.

"In einem solchen Fall kann man die Weiterbildung nicht vollenden", kritisierte er. Der junge Arzt betonte, für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter brauche es mehr Betreuungsplätze in Kitas mit an den Schichtbetrieb der Klinik angepassten Öffnungszeiten, in denen individuelle Absprachen flexibel möglich wären.

Wenning schlug den Kammern vor, die Vereinbarkeit in die Evaluation der Weiterbildung aufzunehmen, um mehr Transparenz zu schaffen.

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