Infektiologie

Investitionsfeld fordert findige Finanzexperten

Nicht kleckern, sondern klotzen will der Labormediziner Dr. Martin Obermeier in seinem Speziallabor in Berlin. Nach drei Jahren Vorbereitung startete er Ende 2016 am neuen Standort durch. Investiert hat er einen zweistelligen Millionenbetrag.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Dr. Martin Obermeier und MLP-Berater Dr. Armin Niedermeier in den neuen Räumen des infektiologischen Labors.

Dr. Martin Obermeier und MLP-Berater Dr. Armin Niedermeier in den neuen Räumen des infektiologischen Labors.

© Angela Misslbeck

BERLIN. Es klopft. "Ja, bitte", ruft Dr. Martin Obermeier aus dem roten Sessel im Besprechungsraum seines Büros in einem alten Fabrikgebäude. Herein kommt nicht etwa ein Patient, sondern ein kleiner Trupp Handwerker. "Fußboden-Abnahme", ruft einer aus der Gruppe. Er hat ein Klemmbrett dabei. "Dürfen wir mal in die Ecke mit den Rohren gucken?" Der senfgelbe Linoleumboden ist rund um die freilaufenden Rohre etwas locker. "Da muss der Linoleumdoktor ran", lautet die Diagnose des Inspekteurs. Dann huscht der Handwerkertrupp zur anderen Tür wieder hinaus.

Erst vor wenigen Wochen ist Obermeier mit seinem Labor in das denkmalgeschützte Gebäudeensemble der Osram-Höfe, heute Carrée Seestraße, im Berliner Stadtteil Wedding umgezogen. In seinem neuen Büro mit den großen Fabrikfenstern fühlt er sich bereits sichtlich wohl.

Infektiologie im Fokus

Das freundliche Farbkonzept schafft eine angenehme Atmosphäre in der Fabriketage. 2400 Quadratmeter belegt Obermeiers Labor im dritten Stock der backsteinverkleideten Stahlskelettkonstruktion. Auf mehr als der Hälfte der Fläche hat er eine zweite Etage einziehen lassen. "Platz zum Entfalten", wie Obermeier sagt. Der 41-Jährige hat Größeres vor.

Sieben Jahre lang hat Obermeier im Labor Berg in Berlin-Wedding gearbeitet. Die Facharztweiterbildung zog den Niederbayern 2007 von München nach Berlin. Seit 2012 arbeitete er als Facharzt für Labormedizin im Labor Berg mit. Ein Jahr später übernahm er das Speziallabor von seinem Vorgänger. Es ist fokussiert auf Infektiologie und wertet vor allem Proben von Patienten mit HIV, Hepatitis B und C, sexuell übertragbaren Erkrankungen und Immunschwäche aus. Die praktische Spezialisierung verknüpft Obermeier mit wissenschaftlicher Arbeit. Deshalb gibt es in seinem neuen Labor auch einen Saal für Fortbildungsveranstaltungen.

Der Neuanfang war bereits bei der Übernahme des Labors gesetzt, denn der Mietvertrag am alten Standort lief Ende 2016 aus und eine Verlängerungsoption gab es nicht. Ende 2014 entschied Obermeier sich für größere Investitionen. Dabei kam ihm zugute, dass das Labor unter dem Namen Medizinisches Infektiologiezentrum Berlin (mib) bereits seit 2010 als Aktiengesellschaft geführt wurde. Zu dem MVZ gehören zwei weitere Labormediziner als Angestellte. Obermeier ist aber alleiniger Aktieninhaber.

Die im medizinischen Bereich ungewöhnliche Rechtsform der AG war für die Investitionsfinanzierung des Speziallabors notwendig: Auf einen zweistelligen Millionenbetrag veranschlagten Obermeiers Berater den Investitionsbedarf für sein Vorhaben. "Die Banken wollten einen Kredit in dieser Größenordnung lieber bei einer Kapitalgesellschaft als bei einer Privatperson sehen", berichtet der Arzt und Unternehmer.

Hohes Volumen für die Finanzierung

Trotz Aktiengesellschaft blieb die Finanzierung schwierig. Auch Obermeiers langjähriger Berater Dr. Armin Niedermeier vom Finanzdienstleister MLP konnte zunächst nichts erreichen. Egal, bei welcher Bank die beiden Bayern vorsprachen: "Alle haben recht schnell festgestellt, dass das Volumen deutlich größer ist als sonst im Heilberufebereich, aber die anderen Abteilungen kennen die Regeln des Gesundheitswesens nicht", berichtet Niedermeier. Auch für den Financial Planner mit Medizinstudium war Obermeiers Projekt alles andere als Alltagsgeschäft. "Mein Wissen um Firmenfinanzierungen ist mir dabei sehr zugute gekommen", sagt er.

Der Durchbruch kam schließlich, als der MLP-Berater die Finanzierung auf der mittelständischen Finanzierungsvermittlungsplattform Compeon ausschrieb. Über diesen Weg fand sich eine Bank mit den passenden internen Strukturen zu Obermeiers Vorhaben: "Nötig war eine gute Kommunikation zwischen der Abteilung für Heilberufe und dem mittelständischen Bereich", sagt Obermeier.

21 Kilometer Netzwerkkabel

Ein halbes Jahr lang hatten Obermeier, sein interner betriebswirtschaftlicher Berater und Niedermeier alle Hände voll zu tun, Unterlagen für die Bank bereit zu stellen. Ende Oktober 2015 stand die Finanzierung. Die Umbaupläne begannen, noch bevor der Kreditvertrag unterschrieben war, denn bis zum Mietende am alten Standort blieb nicht mehr viel Zeit und ein Speziallabor braucht eine spezielle Ausstattung.

Lüftungsanlage, Raumtemperatursteuerung und grundlegende Laborfunktionen sind elektronisch gesteuert. Dazu wurden 21 Kilometer Netzwerkkabel verbaut. Am letzten Wochenende im November 2016 war es schließlich so weit "Am Freitag haben wir die letzte Probe am alten Standort gemessen, am Montag ging es am neuen Standort los", berichtet Obermeier.

Bevor die rund 60 Mitarbeiter des Labors an ihrem neuen Arbeitsplatz erschienen, wurden Laborgeräte mit dem Lastenkran aus dem alten Gebäude geholt, und am neuen Standort mit dem Lastenaufzug wieder nach oben transportiert. Vereinzelt sind dort auch schon neue Geräte und Testverfahren eingerichtet. Aber: "Das Wichtigste war jetzt, den Raum zu schaffen, um neue Dinge zu entwickeln", sagt Obermeier. Der Laborarzt und Unternehmer hat noch viele Ideen, die er nun gut umsetzen kann.

Medizinisches Infektiologiezentrum Berlin (mib)

- Rechtsform: Das als Medizinisches Versorgungszentrum organisierte mib firmiert seit 2010 als Aktiengesellschaft.

- Mitarbeiter: Laborarzt Dr. Martin Obermeier beschäftigt zwei Kollegen als angestellte Ärzte. Insgesamt arbeiten 60 Mitarbeiter im Labor.

- Leistungen: Analysen von Proben von Patienten mit HIV, Hepatitis B und C, sexuell übertragbaren Erkrankungen und Immunschwäche

- Standort: Carrée Seestraße in Wedding; insgesamt 2400 Quadratmeter in einem alten Fabrikgebäude

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