Demo in Marburg: "Ein Stellenabbau mit großer Dreistigkeit"

Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren: Mehr als 2000 Beschäftigte des privatisierten Uniklinikums Marburg-Gießen haben am Samstag zusammen mit vielen Unterstützern gegen drohende Kündigungen protestiert.

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Protest in Marburg: verdi-Vertreter, aber auch andere Gewerkschaften und Parteien demonstrierten Soldarität mit Klinik-Beschäftigten.

Protest in Marburg: verdi-Vertreter, aber auch andere Gewerkschaften und Parteien demonstrierten Soldarität mit Klinik-Beschäftigten.

© coo

MARBURG (coo). Es war eine der größten Demonstrationen, die Marburg je gesehen hat: Mehr als 2000 Menschen hat der drohende Stellenabbau im Uniklinikum Marburg-Gießen am Samstag mobilisiert.

"Damit aus Krankheit keine Tragödie wird", skandierten sie. "Nun hat die Rhön AG unsere schlimmsten Erwartungen getoppt", rief Micha Brandt von der Ärztevereinigung "Notruf 113" den Demonstranten vor dem Marburger Rathaus zu: "Dass mit einer solchen Dreistigkeit Stellen abgebaut werden sollen, damit haben selbst wir nicht gerechnet."

"Bin ich einer von 500?"

Die Beschäftigten haben Angst, ihren Job zu verlieren: "Bin ich einer von 500?", war auf dem T-Shirt einer Mitarbeiterin aus der Service-Gesellschaft zu lesen. "Keiner weiß, wer betroffen ist", sagte die 36-Jährige.

Dass möglicherweise 500 Menschen in Gießen und Marburg auf die Straße gesetzt werden, hat Rhön mehrfach dementiert. Doch die Demonstranten glaubten es nicht. Betriebsrat Klaus Hanschur betonte in seiner Ansprache erneut, dass es die Zielgröße von 500 abzubauenden Stellen gegeben habe.

Zehn- bis Zwölf-Stunden-Tag für Ärzte

Der Betriebsrat hat die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber vertagt, weil der schleichende Personalabbau noch nicht gestoppt wurde. Auch in der Mediation sehen die Gewerkschafter keinen Sinn. Bereits jetzt würden nämlich befristete und frei werdende Stellen oft nicht wieder besetzt.

Und der drohende Stellenabbau hat Folgen, so eine Physiotherapeutin: "Die guten Leute laufen weg. Die Arbeitsbelastung wird immer höher."

Für die Ärzte sei ein Zehn- bis Zwölf-Stunden-Tag in vielen Abteilungen normal, berichtete Oberarzt Peter Rausch. Dabei kämen Wissenschaft und Forschung natürlich zu kurz.

Das befürchtet auch Marburgs Uni-Präsidentin Katharina Krause: "Wer an Forschung und Lehre rührt, der rührt an der Zukunft dieser Region überhaupt", mahnte sie.

Rekordgewinn 2011

Empört sind die Mitarbeiter auch, weil das privatisierte Klinikum im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn von 15,2 Millionen Euro erwirtschaftet hat.

"Wenn der Vorstand auf seine Boni verzichten würde, könnte man die Lücken locker füllen", sagte eine Verwaltungsangestellte, die zum ersten Mal in ihrem Leben demonstrierte.

Rhön befürchtet für dieses Jahr eine Belastung des geplanten Ergebnisses von zehn Millionen Euro.

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