Griechische Pflegekräfte

Infusion für deutsche Intensivstationen

Viele Fachpflegekräfte wollen Hellas verlassen - Richtung Deutschland. Für deutsche Intensiv-Teams, die händeringend Pflegekräfte suchen, ist das gut. Doch für Griechenland bedeutet dieser Aderlass eine weitere Verschärfung der Krise.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

Viele Intensivstationen brauchen dringend Verstärkung, um lebensfähig zu bleiben. &copy: beerkoff / fotolia.com

BONN. Die Intensivpflege in Deutschland sucht händeringend Fachkräfte. Zunehmend äußern entsprechend qualifizierte Pflegefachkräfte aus europäischen Krisenländern wie Griechenland Interesse an einer Tätigkeit in deutschen Kliniken.

Sie würden in den entsprechenden Häusern mit Kusshand genommen, doch auch die deutschen Akteure machen es sich nicht leicht mit der Entscheidung zur Anwerbung.

Das zeigt das Beispiel der Universitätsklinik Bonn. Sie gibt bis zu zehn gut ausgebildeten Berufseinsteigern aus Griechenland in Deutschland eine Chance auf Arbeit und bildet sie vor Ort weiter zu Intensivpflegekräften aus.

Mithilfe eines Personaldienstleisters fand es die geeigneten Kandidatinnen - nicht ohne kritische Abwägung.

"Es stellte sich uns die Frage, ob es in der jetzigen Situation Griechenlands gut ist, von dort Fachkräfte aufzunehmen. Die richtige Balance ist enorm wichtig", wird Pflegedirektor Alexander Pröbstl in einer Unimitteilung zitiert.

So suchten er und der Personaldienstleister Randstad das Gespräch mit der Hellenic Nurses Association und warben in Athen um Fachpersonal für die Bonner Uniklinik.

Griechischer Berufsverband begrüßt Aussicht auf Arbeitsplatz in Deutschland

"Die Situation ist so dramatisch für die jungen Absolventen, dass der dortige Berufsverband deren Aussicht auf einen Arbeitsplatz in Deutschland begrüßt", sagt Frank Eggert, Manager Medical bei Randstad.

Doch die Hoffnung bliebe, in ein paar Jahren exzellente Fachkräfte zurück zu bekommen, die sich in Deutschland weitergebildet haben.

Eine davon könnte Eleni Despina Asser sein. Obwohl sie nach einem vierjährigen Studium ihren Bachelor in der Tasche hatte, gibt es für die gut ausgebildete Pflegefachkraft in der Heimat keine Aussicht auf einen Berufseinstieg.

Zusammen mit 7500 anderen Pflegefachkräften findet die 26-Jährige nach Angaben der Uniklinik Bonn derzeit in Griechenland keine Arbeit.

Damit die angeworbenen Griechinnen in Deutschland gut Fuß fassen können, nehmen sie nicht nur an regulären Sprachkursen teil, sondern werden auch speziell in den deutschen Fachtermini geschult und in das Intensivpflege-Team integriert.

Asser hat sich bereits assimiliert in ihrer neuen beruflichen Heimat: "In Bonn gefällt es mir richtig gut. Hier möchte ich nicht nur meine fachlichen Fähigkeiten weiter verbessern, sondern auch meine Deutschkenntnisse."

Da die Ausbildung im EU-Land Griechenland gleichwertig ist, kann Asser nach einer kurzen Anerkennungszeit in Deutschland als Pflegefachkraft arbeiten.

Kenntnisse der hiesigen Fachausdrücke fehlten zunächst

Mit zwei griechischen Kolleginnen startete Asser zunächst für zwei Wochen in der Pflegeschule am Bonner Universitätsklinikum.

Denn obwohl es in der griechischen Ausbildung kaum praktische Differenzen zur deutschen gibt, fehlen doch Kenntnisse der hiesigen Fachausdrücke.

"Sie haben uns schon gezeigt, dass sie ein gut ausgebildetes Trio sind und gut lernen können. Doch gerade so viele sprachliche Fortschritte in dieser kurzen Zeit finde ich enorm", so Pflegedirektor Pröbstl.

Innerhalb des 80-köpfigen Intensiv-Pflegeteams der Bonner Uniklinik bekam jede der drei Hellenen je einen Praxisanleiter als Mentor zur Seite gestellt.

So können sie nach eigenen Angaben unter kompetenter Fachanleitung auf einer hervorragend ausgestatteten Intensivstation die Besonderheiten der intensivmedizinischen Pflege lernen.

Insgesamt sechs Monate werden sie nach den hiesigen Standards zu Intensivpflegekräften fortgebildet und drücken mindestens einmal pro Woche die Schulbank in der Pflegeschule. Zusätzlich besuchen sie über Randstad organisierte Deutschkurse.

Wenn alles zur Zufriedenheit aller klappt, hat die Universitätsklinik Bonn den Novizen bereits die Übernahme im nächsten Jahr in Aussicht gestellt.

"Alle drei sind gut angekommen und mit raschen Fortschritten dabei. Bei der intensivmedizinischen Betreuung stehen sie noch am Anfang", sagt Betriebswirtin und Intensivfachkrankenschwester Rita Graw, Stationsleitung der Intensivstation, die mit der Integration der drei Neulinge in das Team betraut ist.

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