Missbrauchsvorwürfe

Experten um Zypries durchleuchten Charité

Die Charité kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Wirrwarr um Keime auf der Frühchenstation erschüttert nun ein Missbrauchsskandal die Uniklinik.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Das Experten-Gremium der Charité (v.l.): Günther Brenzel, Julia von Weiler, Sigrid Richter-Unger, Brigitte Zypries, Sylvester von Bismarck und Udo Nagel.

Das Experten-Gremium der Charité (v.l.): Günther Brenzel, Julia von Weiler, Sigrid Richter-Unger, Brigitte Zypries, Sylvester von Bismarck und Udo Nagel.

© Charité

BERLIN. Die Missbrauchsvorwürfe gegen einen Pfleger der Berliner Uniklinik Charité untersucht nun ein externes Expertengremium. Die sechsköpfige Runde um die ehemalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat am Montag erstmalig getagt.

Den Schwerpunkt seiner Arbeit will das Gremium auf längerfristige Maßnahmen legen. Dazu zählten in erster Linie die Kommunikation innerhalb der Uniklinik und ihre Außendarstellung.

Zudem wollen die Experten aus Pflege, Kinderschutz, Politik und Medizin Fragen der Prävention, des Kinderschutzes und der Fortbildung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erörtern.

Ebenfalls am Montag erwartete die Berliner Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) einen Bericht von Deutschlands größter Uniklinik über die Abläufe seit dem Vorfall vor inzwischen knapp zwei Wochen.

Der Bericht soll am kommendem Montag dem Aufsichtsrat der Charité vorgestellt werden, dem Scheeres vorsitzt. Inhalte sind noch nicht bekannt. Die Senatorin hatte von der Charité zuletzt mehr Kinderschutz gefordert.

Brisanter Vorfall am Campus Nord

Charité-Chef Professor Karl Max Einhäupl hat inzwischen angekündigt, dass die Uniklinik als erste Maßnahme plant, von Mitarbeitern in sensiblen Bereichen künftig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis zu fordern.

Der Vorfall am Charité Campus Nord ist besonders brisant, weil die Charité eine zentrale Rolle im Kinderschutzkonzept des Berliner Senats spielt. Ein 58-jähriger Pfleger soll auf der Kinderrettungsstelle eine wehrlose 16-jährige Patientin sexuell missbraucht haben.

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt nach Angaben eines Sprechers gegen einen Beschuldigten wegen sexuellen Missbrauchs. Wie die Charité konnte jedoch auch die Staatsanwaltschaft bislang keinen Kontakt zu der Familie des geschädigten Mädchens herstellen.

Der mutmaßlich Verdächtige war anscheinend nicht zum ersten Mal auffällig geworden. Die Charité gab an, dass es Hinweise auf drei weitere Vorfälle gebe.

Zudem sollen auch Anrufer bei einer Hotline der Uniklinik Vorwürfe gegen Charité-Mitarbeiter erhoben haben. Weitere Angaben zur Hotline macht die Charité derzeit nicht.

Die Berliner Uniklinik steht indes kaum einen Monat nach dem Skandal um die Keime auf der Frühchenstation erneut wegen ihrer Informationspolitik in der Kritik.

Sie informierte erst eine Woche später über den mutmaßlichen Übergriff, als Medien bereits berichtet hatten. Auch die Behörden waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeschaltet. Inzwischen ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft.

Bessere Informationspolitik angestrebt

Der Klinikumsvorstand räumt wie schon beim Frühchen-Skandal unumwunden Fehler bei der Informationspolitik ein. Einhäupl hat bereits Besserung gelobt. "Wir müssten einen Kommunikationsmanager an der Spitze einsetzen, um alle Schwierigkeiten zu bewältigen", sagte er der "Berliner Morgenpost".

Die Charité müsse ihre Prozesse auch mit ihren Fehlern transparent kommunizieren.

Das erhärtet die Angaben von Charité-Kennern, in dem Universitätsklinikum sei die Öffentlichkeitsarbeit zum Erliegen gekommen, da Einhäupl die Pressestellen kaum in die von ihm dominierte Medienarbeit einbinde.

Die offizielle Sprecherin der Charité war weder beim Skandal um die Frühchen-Keime noch beim aktuellen Missbrauchs-Skandal Ansprechpartnerin der Medien. (Mitarbeit: af)

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