Uniklinik Mainz

Engpass in Ambulanzen

In den Ambulanzen der Uniklinik sollen bis zum Jahresende Kassenpatienten nur noch eingeschränkt behandelt werden. Dafür gibt es Verständnis und Kritik.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:
Eingang der Uniklinik Mainz: Viele Kassenpatienten werden zurzeit vertröstet.

Eingang der Uniklinik Mainz: Viele Kassenpatienten werden zurzeit vertröstet.

© Udo Kröner / imago

MAINZ. In Mainz schlagen die Wellen hoch. Die Uniklinik hat angekündigt, dass sie bis zum Jahresende in ihren Hochschulambulanzen Kassenpatienten nur noch in eingeschränkter Zahl behandeln will.

Verständnis für diesen Schritt äußert der Verband der Universitätskliniken (VUD). "Unsäglich" nennt dagegen der für seine deutlichen Worte bekannte rheinland-pfälzische AOK-Chef Walter Bockemühl, dass Termine abgesagt und Patienten auf das nächste Jahr vertröstet würden.

Von Behandlungsstopp könne definitiv keine Rede sein, heißt es aus der Uniklinik. Man versuche lediglich Termine zu strecken. Klinikvorstand Professor Norbert Pfeiffer stellt klar, dass keine Notfallpatienten abgewiesen werden.

Zwischen KV, Kassen und Uniklinik ist 2006 vereinbart worden, dass die Hochschulambulanzen 83.000 Patienten pro Jahr behandeln dürfen. Für diese erhalten sie eine Pauschale von 94 Euro. Die schließt laut Pfeiffer alle Leistungen ein, die ambulant für den Patienten erbracht werden. Auch wenn zum Beispiel ein MRT gemacht werden müsse oder weitere Fachabteilungen hinzugezogen würden.

Konkret geht es um Patienten, die nach Paragraf 117 SGB V behandelt werden. Die Hochschulambulanzen dürfen nach Ermächtigung durch die KV die ambulanten Leistungen "in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen", heißt es dort. Das sind in Mainz die vereinbarten 83.000 Patienten.

Bislang habe die Uniklinik jährlich bis zu 120.000 in diesen Ambulanzen versorgt. Ab dem 83.001. Patienten seien die Leistungen unentgeltlich erbracht worden. Das sei bei der derzeitigen finanziellen Lage aber nicht mehr möglich, so Pfeiffer. Die Uniklinik Mainz habe im vergangenen Jahr ein Minus von 21 Millionen Euro eingefahren.

Sie gehört laut VUD auch zu den 14 der 33 Universitätskliniken, die bereits angegeben haben, für 2013 ein negatives Jahresergebnis zu erwarten. Dazu zählt der Verband alle Kliniken, die einen Fehlbetrag von über einer Million Euro aufweisen. Nicht teilgenommen an der VUD-Erhebung hat die privatisierte Uniklinik Gießen-Marburg.

Kommt Hilfe aus der Politik?

VUD-Generalsekretär Ralf Heyder zeigt Verständnis für den Schritt der Mainzer. "Die Uniklinik Mainz ist nur die erste, die Konsequenzen zieht", sagte er der "Ärzte Zeitung". Vor zehn Jahren habe man noch aus dem stationären Bereich querfinanzieren können. Heute gäben die Budgets das aber nicht mehr her. Die Finanzprobleme gebe es bundesweit.

"Die Unikliniken haben große Ambulanzen, die andere Träger nicht haben. Das ist eine Sonderbelastung", so Heyder. Der Verband weise schon seit Jahren auf die schwierige Finanzlage der Unikliniken hin.

Hart ins Gericht mit der Mainzer Uniklinik geht dagegen AOK-Chef Walter Bockemühl. "Die haben an der Uniklinik Mainz nicht begriffen, was eine Poliklinik ist", wirft er den Mainzern vor. Die Hochschulambulanzen seien nicht für die grundsätzliche medizinische Versorgung gedacht, sondern sollten zur Ausbildung der Studenten beitragen.

"Die sollen mal Patienten sehen, die sich sonst nur beim Hausarzt vorstellen, den ganz normalen Patientenbetrieb jenseits der Hightech-Medizin kennenlernen", sagt Bockemühl. Über die vereinbarte Zahl hinaus Patienten zu betreuen, sei in Mainz nicht erforderlich, denn dort gebe es keinen Versorgungsengpass.

Deshalb sei die vereinbarte Patientenzahl über das ganze Jahr verteilt gut gutplanbar. Jetzt plötzlich Termine abzusagen, dafür fehle ihm jegliches Verständnis.

Diese Kritik kann Klinikvorstand Pfeiffer nicht verstehen, da Patienten für eine Behandlung an den Hochschulambulanzen eine Überweisung benötigten. "Ein Facharzt überweist doch nur an uns, wenn er davon ausgeht, dass wir dem Patienten vielleicht noch etwas mehr weiterhelfen könnten als er selbst."

Pfeiffer kann sich für das Problem verschiedene Lösungen vorstellen. "Man könnte den Vertrag erweitern oder über weitere Zulassungen nachdenken", sagt er.

Die schwierige Finanzlage der Universitätskliniken, die vor allem durch die Versorgung besonders schwerkranker Patienten entsteht, ist auch Thema bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin.

"Wir müssen darüber nachdenken, wie Unikliniken mit den besonders teuren Fällen zurecht kommen. Dazu muss überprüft werden, wie das Fallpauschalensystem weiterentwickelt werden kann", verkündete SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach in der vergangenen Woche.

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