Rheuma-Patienten

Digitale Dokumentation optimiert die Therapie

Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis lässt sich durch die digitale Dokumentation mehr erreichen als bei konventioneller Herangehensweise. Auch die Compliance kann steigen.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

ROM. Immer mehr rheumatologische Zentren machen gute Erfahrungen mit der digitalen Dokumentation von Symptomen und Lebensqualität bei rheumatoider Arthritis. Bei der Tagung EULAR 2015 wurden mehrere Beispiele vorgestellt.

Das wahrscheinlich größte derartige Projekt läuft seit einiger Zeit im Rahmen des 1993 gegründeten schwedischen Rheuma-Qualitätsregisters SRQ, das Daten von derzeit 84 Prozent aller schwedischen Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) enthält.

Mehr als die Hälfte dieser Patienten nutze mittlerweile digitale Patientenmodule, um Schmerzen, allgemeine Lebensqualität und funktionelle Einschränkungen zu dokumentieren, betonte Staffan Lindblad vom Karolinska-Institut in Stockholm.

Tablet-PC als Schaltzentrale

Die Patientenmodule werden üblicherweise von einem Tablet-PC aus bedient. Die Daten werden einerseits für die Versorgungsforschung zur Verfügung gestellt. Andererseits kann der Patient sie aber auch seinem Arzt, seinem Physiotherapeuten und seinem Ergotherapeuten zugänglich machen. Für diese Berufsgruppen gibt es jeweils eigene Zugriffsmodule, die die nötigen Informationen über den Krankheitsverlauf der letzten Wochen anschaulich aufbereitet zur Verfügung stellen.

"Das verbessert die Qualität der Gespräche zwischen Arzt und Patient deutlich, und es führt zu besseren Therapieerfolgen", so Lindblad. Mittlerweile nutzen insbesondere die niedergelassenen Ärzte das System relativ intensiv. "Die Software wird derzeit pro Woche mehr als 1000 Mal im Rahmen von Arzt- Patienten-Gesprächen eingesetzt", so Lindblad.

Die Patientendokumentation oder Teile davon können vom Arzt mittels Copy-Paste in die eigene Dokumentation übertragen werden. Einige Daten können auch automatisch per Schnittstelle zwischen den Programmen übertragen werden, sodass einige Ärzte das Online-Tool als Primärdokumentation verwenden.

Gute Erfahrungen mit der digitalen Patientenselbstdokumentation haben auch Rheumatologen der Polytecnic Universität im italienischen Ancona gemacht. In einer Pilotstudie haben sie untersucht, ob sich bei Patienten mit früher RA Treat-to-Target-Strategien besser umsetzen lassen.

21 Patienten in der Telemonitoring-Kohorte dokumentierten regelmäßig ihre Symptome digital. Daraus wurde der Krankheitsaktivitätsindex CDAI berechnet, anhand dessen Ärzte zeitnah konkrete Empfehlungen zu Veränderungen der Basistherapie gaben.

Remission als Therapieziel

Therapieziel war die Remission, definiert als ein CDAI von weniger als 2,8 Punkten. In der Vergleichsgruppe mit 20 Patienten erfolgte eine konventionelle, nicht digital unterstützte Therapie mit regelmäßigen Arztbesuchen.

Im Ergebnis war der Anteil der Patienten, die innerhalb eines Jahres eine Remission erreichten, in der Telemonitoring-Gruppe mit 38,1 Prozent signifikant größer als in der Kontrollgruppe (25 Prozent).

Außerdem war die Zeit bis zur Remission mit im Median 20 Wochen signifikant kürzer als bei konventioneller Behandlung (36 Wochen).

Neben Patienten mit früher Arthritis sind auch Kinder mit rheumatischen Erkrankungen eine interessante Zielgruppe für digitale Dokumentationslösungen.

Britische Kinderrheumatologen haben in Rom über eine Lösung berichtet, die es Kindern mit juveniler Arthritis (JIA) erlaubt, ihre Schmerzen anhand von Bildern, Gesichtern, Emoticons sowie zeichnerisch und auch verbal zu beschreiben. "Für Kinder ist es schwer, Schmerzen adäquat zu kommunizieren. Sie werden deswegen oft nicht optimal behandelt", sagte Professor Wendy Thomson, die die Software in Rom vorstellte.

Der Tablet-PC scheint die Kommunikation von Schmerzen tatsächlich zu erleichtern. Zumindest bevorzugten 95% der Kinder im Alter zwischen 5 und 16 Jahren diese Art der Schmerzdokumentation gegenüber den sonst eingesetzten Papierbögen. Und 95% der Eltern waren der Auffassung, dass die Kinder ihre Schmerzen dadurch besser ausdrücken können.

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