Fachkräftemangel

Schweizer Kliniken auf intensiver Arztsuche

Der Anteil an Ärzten mit ausländischem Abschluss steigt in der Schweiz stetig, sie sind gesuchte Fachkräfte. Pläne des Bundesrates zur weiteren Qualitätssicherung könnte den Engpass an Fachpersonal in den Spitälern noch verschärfen.

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Schweizer Spitäler setzen bei der Suche nach neuen Mitarbeitern unter anderem auf Ärzte aus Deutschland.

Schweizer Spitäler setzen bei der Suche nach neuen Mitarbeitern unter anderem auf Ärzte aus Deutschland.

© niyazz/fotolia.com

Von Matthias Wallenfels

BERN. In der Schweiz schlägt sich der demografische Wandel sichtbar auf das dortige Gesundheitswesen nieder.

Wie dem jüngst erschienen Band "Switzerland - Health System Review" aus der Berichtsreihe "Health Systems in Transition" der WHO-Partnerorganisation European Observatory on Health Systems and Policies zu entnehmen ist, findet in Bezug auf das ärztliche Personal in der Alpenrepublik zurzeit eine bedeutende demografische Verlagerung statt, bei der ältere Ärzte sukzessive durch jüngere Ärztinnen ersetzt werden.

In der Schweiz arbeiten demnach viele Gesundheitsdienstleister, die im Ausland ausgebildet wurden. 2014 verfügten, wie es in dem Bericht heißt, fast 30 Prozent aller im Land tätigen Ärztinnen und Ärzte über einen berufsqualifizierenden Abschluss einer ausländischen medizinischen Fakultät. 2013 betrug deren Anteil nach Angaben der OECD noch 27 Prozent.

In der Schweiz existieren laut der Erhebung insgesamt 293 Spitäler sehr unterschiedlicher Größe - von zwei bis drei Betten bis zu mehr als 2000 Betten. Im Vergleich zu anderen Ländern seien die Einrichtungen im Durchschnitt jedoch eher klein.

Rund 21 Prozent der Spitäler seien öffentlich und würden entweder als Teil der öffentlichen Verwaltung oder als öffentliche Unternehmen betrieben.

25 Prozent würden von einer gemeinnützigen Organisation wie einer Stiftung, einem Verein oder einer Genossenschaft geführt, und über die Hälfte aller Krankenhäuser seien in Privatbesitz unter anderem von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Einzelpersonen.

Rund 65 Prozent aller Krankenhausbetten befänden sich jedoch in öffentlichen oder nicht gewinnorientierten Spitälern.

Qualitätsprogramme im Fokus

Die medizinische Versorgung in der Schweiz findet bereits heute auf einem im internationalen Vergleich hohen Niveau statt. Der Bundesrat - das Pendant zur deutschen Bundesregierung - will die Qualität im Gesundheitswesen aber weiter verbessern.

"Ein wichtiges Instrument sind dabei die nationalen Qualitätsprogramme, wie sie in den Bereichen Chirurgie und sichere Medikamentenabgabe bereits lanciert wurden. Um diese Programme auszubauen und auf eine stabile finanzielle Grundlage zu stellen, soll die Kooperation und Vernetzung verstärkt werden", heißt es von Seiten des Bundesrates.

Anfang Dezember vergangenen Jahres warb der Bundesrat bei den beiden Legislativorganen, dem Nationalrat und dem Ständerat, dahingehend um Zustimmung zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes.

Die Steigerung der Qualität gehöre zu den Prioritäten der Bundesratsstrategie "Gesundheit 2020". "Drei Ziele stehen dabei im Vordergrund: Die Qualität der medizinischen Leistungen soll verbessert, die Patientensicherheit erhöht und die Kostensteigerung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gedämpft werden", so der Bundesrat.

Um diese Ziele zu erreichen, sollten zusätzliche nationale Programme erarbeitet und umgesetzt werden. Die Programme sollen die Leistungserbringer wie Spitäler, Ärzte oder Pflegeheime dabei unterstützen, ihre Behandlungsprozesse zu verbessern und einheitliche Standards umzusetzen.

Der Bund werde dazu auch in Zukunft mit bestehenden Organisationen zusammenarbeiten und die laufenden Aktivitäten in einem Netzwerk besser koordinieren und ausbauen. Zudem werde eine im schweizerischen Gesundheitsministerium angesiedelte Fachstelle etabliert.

Eine tragende Rolle solle die Stiftung Patientensicherheit Schweiz spielen, die schon bisher im Rahmen der Qualitätsstrategie des Bundes Pilotprogramme durchführt, etwa zur sicheren Chirurgie und zur Medikationssicherheit.

Geplant sei zudem, weitere Qualitätsindikatoren zu entwickeln, mit der sich die Qualität medizinischer Leistungen messen und beurteilen lassen. Der Bund publiziert solche Indikatoren bereits heute für die Akutspitäler. Sie sollen in Zukunft auch im ambulant-ärztlichen Bereich entwickelt werden, um die Transparenz zu erhöhen.

Zur Umsetzung der Maßnahmen schlägt der Bundesrat eine dauerhafte Finanzierungsregelung vor: Für die nationalen Programme und Projekte sowie Grundlagenarbeiten soll ein Budget von rund 19,85 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung stehen.

Die Finanzierung erfolge über einen jährlichen Beitrag der obligatorisch versicherten Erwachsenen und jungen Erwachsenen von maximal 0,07 Prozent der durchschnittlichen Jahresprämie - auf das heutige Niveau bezogen, bedeute dies höchstens eine Belastung von 3,50 Franken im Jahr.

Zur Begleitung der Arbeiten schlägt der Bundesrat zudem die Schaffung einer außerparlamentarischen Kommission "Qualität in der Krankenversicherung" vor.

Steigende Leistungsnachfrage

Werden die Pläne des Bundesrates realisiert, so stehen die Spitäler vor organisatorischen Herausforderungen - zusätzlich zu den Problemen, die ihnen eh schon unter den Nägeln brennen.

Wie der "CEO Survey Spitalmarkt Schweiz 2015" der Strategieberatung PricewaterhouseCoopers, eine Umfrage unter Krankenhausleitungen, ergeben hat, erwarten die Manager unterschiedlichste Trends.

So wird der Spitalmarkt ihrer Ansicht nach mit anspruchsvolleren Patienten konfrontiert. 76 Prozent der Klinikleitungen gehen laut Umfrage davon aus, dass eine Änderung des Patientenverhaltens, zum Beispiel in Bezug auf Mobilität und Ansprüche an Selbstbestimmung, die Zukunft in den Schweizer Spitälern prägen wird.

Den im Gesundheitswesen oft diskutierten Fachkräftemangel stufen auch 81 Prozent der befragten Spitaldirektoren als eine der größten Herausforderungen in den nächsten zehn Jahren ein.

Hinzu komme, dass gemäß den Erwartungen von 65 Prozent der Umfrageteilnehmer der Personalbedarf steigen wird.

Demnach wird es in Zukunft noch mehr an Fachkräften mangeln. Und in Anbetracht der zunehmenden Leistungsnachfrage werde er den Spitalmarkt vor fundamentale Herausforderungen stellen.

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