Kaiserschnitte

Teure Notfall- Operationen nehmen zu

Kliniken können seit 2009 für Notfall-Kaiserschnitte ein höheren Preis abrechnen. Seither ist laut TK auch die Zahl der Geburten per Op gestiegen.

Veröffentlicht:
Die Zahl der Kaiserschnitte ist rasant gestiegen.

Die Zahl der Kaiserschnitte ist rasant gestiegen.

© Martin Valigursky / iStock / Thinkstock

BERLIN/HAMBURG. Die Krankenhäuser rechnen Kaiserschnitt-Geburten immer häufiger als teure Notfall-Operationen (Op) ab - günstigere geplante Eingriffe werden dagegen seltener.

Das zeigt eine Auswertung von Routinedaten der Techniker Krankenkasse (TK). 2005 bis 2008 hätten sich ungeplante und geplante Op bei Kaiserschnitt-Geburten durchgängig die Waage gehalten.

TK vermutet "wirtschaftlichen Anreiz"

2009 öffnete sich nach dieser Auswertung die Schere - genau zu dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, dass Kliniken für einen Notfall-Kaiserschnitt einen höheren Preis abrechnen können als für einen geplanten Kaiserschnitt. 2014 lag demnach das Verhältnis von ungeplanten zu geplanten Kaiserschnitt-Op bereits bei 56 zu 44 Prozent.

 "Hier ist der wirtschaftliche Anreiz offenbar ausschlaggebend", erklärte Frank Verheyen, Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen der TK (WINEG).

Eine durchschnittliche, ungeplante Kaiserschnitt-Geburt kann aktuell mit fast 3400 Euro abgerechnet werden, eine vergleichbare geplante OP dagegen mit knapp 2700 Euro. Vor der Neuregelung hatten die gesetzlichen Krankenkassen einen Kaiserschnitt einheitlich vergütet.

Ärzte betonen "medizinische Notwendigkeit"

Während die TK ausschließlich wirtschaftliche Gründe für diese Entwicklung vermutet, sehen Ärzte auch medizinische Gründe als Ursache.

Der Chefarzt der Frauenklinik des Bethesda-Krankenhauses Hamburg-Bergedorf, Martin Neuß, äußerte sich, geplante Kaiserschnitt-Geburten würden heutzutage häufiger erst für die 40. Schwangerschaftswoche anvisiert, weil dieser späte Zeitpunkt nach neueren Erkenntnissen besser für das Kind sei.

Damit steige aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass es vorher noch zu einer ungeplanten Geburt kommt: "Es ist doch klar, dass dann Frauen häufiger ungeplant mit Blasensprung oder Wehenbeginn nachts oder am Wochenende, auf jeden Fall aber ungeplant kommen", erläuterte er.

 "Natürlich verursacht eine ungeplante Operation in der Nacht oder am Wochenende oder irgendwie im Plan eingeschoben deutliche Mehrkosten."Dagegen sagte Verheyen: "Im Zuge unserer Untersuchung konnten keine weiteren Faktoren identifiziert werden, die den Anstieg bei ungeplanten Kaiserschnitten begründen."

Verschiebung wegen Vergütungsumstellung?

Der TK und damit letztlich der Versichertengemeinschaft seien durch die Verschiebung hin zu mehr ungeplanten Geburten auf dem OP-Tisch seit der Vergütungsumstellung Mehrkosten in Höhe von knapp 3,7 Millionen Euro entstanden.

Hochgerechnet auf die gesetzliche Krankenversicherung liegen die Zusatzausgaben für den Zeitraum 2010 bis 2014 bei 31,5 Millionen Euro.Insgesamt sei in Deutschland die Kaiserschnittrate seit der Jahrtausendwende rasant gestiegen und hat sich mittlerweile auf hohem Niveau eingependelt.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag die Kaiserschnittrate 2014 bundesweit bei rund 31,8 Prozent, 2000 waren es noch 21,5 Prozent. Dieser Trend zeige sich auch bei der TK: In den Vorjahren wurden mehr als 30 Prozent aller TK-versicherten Neugeborenen per Kaiserschnitt entbunden. (dpa)

Mehr zum Thema

Patientinnen verwechselt

Prager Krankenhaus nimmt irrtümlich Abtreibung vor

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System