Medizinprodukte

Chirurgen wollen Studien übernehmen

Medizinprodukte kommen aus aller Welt nach Deutschland. Nicht alle sind gut. Davon zeugen 4153 Risikomeldungen im Jahr 2012 alleine bei invasiven Produkten wie Herzschrittmachern oder Implantaten. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie bietet nun Hilfe bei klinischen Studien mit Medizinprodukten an.

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BERLIN. Neue Medizinprodukte wie Herzkatheter und künstliche Gelenke sollen ihren Nutzen unter Beweis stellen müssen. Bei ihrer Jahrespressekonferenz hat die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) dafür international einheitliche, gesetzliche Vorgaben gefordert.

"Die hohe Zahl der Risikomeldungen bei Medizinprodukten aus aller Welt gibt Anlass zur Forderung, dass Qualität und Nutzen länderübergreifend strengeren Kontrollen unterzogen werden müssen," sagte DGCH-Präsident Joachim Jähne am Mittwoch in Berlin.

Im vergangenen Jahr wurden alleine 4153 Risikomeldungen für Medizinprodukte der Klasse 3 ausgegeben. Die Initiative der EU-Kommission, die Medizinprodukteverordnung zu verschärfen und strengere Kriterien für die Zulassung durchzusetzen, reiche alleine nicht aus, sagte Jähne.

Geplant ist, die Zahl der benannten Stellen in Europa von derzeit rund 80 auf die Hälfte zu verringern. Ausgesiebt werden sollen Prüfzentren, in denen sich eine Zulassung für ein Medizinprodukt vergleichsweise leicht erreichen lässt.

7000 Patienten an Studien teilgenommen

Um die Patientensicherheit zu verbessern, sollten zusätzlich klinische Studien für neue Medizinprodukte eingeführt werden. Die sieht der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD tatsächlich vor.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie bringt nun eine bereits vorhandene, von den Chirurgen in den vergangenen zehn Jahren selbst aufgebaute Infrastruktur dafür ins Spiel.

Mit dem Studienzentrum in Heidelberg, den acht Regionalzentren und insgesamt 323 im "CHIR-net" kooperierenden Kliniken ließen sich solche Studien durchführen, schlug Jähne vor. Erfahrung ist vorhanden.

An den bisherigen Projekten hätten bereits 7000 Patienten teilgenommen, berichtete Jähne. Klinische, randomisierte Studien seien am ehesten geeignet, neben der Sicherheit und Funktionstauglichkeit auch den Nutzen eines Produkts nachzuweisen.

Chirurgenkritik am Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD stößt bei den Chirurgen auf Skepsis. Die Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor, die Investitionsfinanzierung für die Krankenhäuser und der Ärztemangel würden nicht konkret angefasst, sagte Professor Hans-Joachim Meyer, Generalsekretär der DGCH.

Das von den möglichen Koalitionären aus Union und SPD geplante Zweitmeinungsverfahren stößt bei den Chirurgen ebenfalls auf Kritik. Die vorgesehene Zehntagesfrist vor dem Eingriff entspreche nicht der klinischen Realität, sagte Meyer.

Eine Fülle von Aufgaben leiten die potenziellen Koalitionäre an den Gemeinsamen Bundesausschuss weiter. Dies stößt den Chirurgen auf.

Der Ausschuss sei besetzt mit Mitarbeitern und Ärzten, die oftmals fernab der klinischen Routine ständen, sagte Meyer. Für die Fachgesellschaften sei es schwierig, Einfluss zu nehmen.

Zweifel äußerte Meyer daran, ob die Routinedaten der Kassen, wie von den Autoren des Koalitionsvertrages vorgesehen, für die Versorgungsforschung eingesetzt werden könnten. Dies hätten Versuche der Deutschen Gesllschaft für Chirurgie eher widerlegt. Zum Beispiel seien Tumorstadien in den Daten nicht erfasst. (af)

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