Deutschland

Hörgeräte werden schneller angeschafft

In Deutschland warten Menschen nach dem Feststellen einer Hörbeeinträchtigung nicht mehr so lange, bis sie sich ein Hörgerät anschaffen. Auch verkürzt sich die Tragedauer, wie eine Branchenerhebung zeigt.

Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. In Deutschland leben 12,1 Prozent der Bevölkerung in mit einer verminderten Hörleistung - 36,9 Prozent sind dabei älter als 74 und 2,6 Prozent jünger als 14 Jahre.

Aber nur 34,9 Prozent der Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen tragen Hörgeräte (2012: 34 Prozent). 75 Prozent der Hörgeräteinhaber sind dabei binaural versorgt, 2012 betrug dieser Anteil noch 66 Prozent.

Das geht aus einer nach eigener Aussage bevölkerungsrepräsentativen Umfrage unter mehr als 10.000 Deutschen, darunter 1304 Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen, im Auftrag der European Hearing Instrument Manufacturers Association (EHIMA) hervor, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Jeder Vierte lässt für Kauf der Hörhilfe kein Jahr verstreichen

Die Menschen reagieren dabei unterschiedlich schnell, bis sie sich nach dem Feststellen der Hörverminderung ein Hörgerät anschaffen.

26 Prozent haben dies laut Erhebung binnen eines Jahres getan, 28 Prozent innerhalb von zwei Jahren, 23 Prozent warteten drei Jahre ab. 16 Prozent wurden nach vier bis sechs Jahren aktiv, sieben Prozent schoben die Entscheidung zur Hörgeräteanschaffung noch länger vor sich her.

Die Tragedauer eines Gerätes hat sich demnach von sechs Jahren im Jahr 2012 auf fünf Jahre 2015 verkürzt.

So antworteten 21 Prozent der etablierten Hörgeräteträger, die Vorgängerhörhilfe ein bis drei Jahre besessen zu haben, 52 Prozent gaben den Zeitraum von vier bis sechs Jahren an, 20 Prozent sieben bis zehn Jahre, bei sieben Prozent waren es elf und mehr Jahre.

Die Bereitschaft, sich ein Hörgerät bei einer verschlechterten Hörleistung anzuschaffen, ist laut Umfrage in den vergangenen drei Jahren deutlich gestiegen. So äußerten sich 19 Prozent der noch nicht versorgten Teilnehmer dahingehend, innerhalb des nächsten Jahres ein Hörgerät zu erwerben - 2012 lag dieser Anteil noch bei zwölf Prozent.

Nicht thematisiert oder berücksichtigt wird in der Untersuchung, ob sich der zum 1. November 2013 auf rund 785 Euro gestiegene Festbetrag für schwerhörige Versicherte über 18 Jahren auf das Marktgeschehen ausgewirkt hat.

Wie das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK kürzlich ermittelte, haben die deutschen Hörgeräte-Akustiker 2014 zum ersten Mal Hörhilfen für mehr als eine Milliarde Euro verkauft.

Hörgeräte Basis für ein gesteigertes Selbstvertrauen

Wie die EHIMA-Untersuchung darlegt, scheinen die Gerätelösungen die Erwartungen der Kunden zu erfüllen. So gaben 59 Prozent der Befragten an, die Hörgeräte erfüllten die in sie gesetzten Erwartungen, 28 Prozent sahen sie sogar übererfüllt. 13 Prozent hingegen empfanden Defizite.

Nur zwei Prozent der Hörgeräteträger gaben an, dass die Hörhilfen ihre Lebensqualität in keinerlei Weise steigerten. 16 Prozent verspürten diesen Effekt selten, 39 Prozent gelegentlich und 43 Prozent kontinuierlich.

Wie die Befragungsergebnisse nahelegen, dienen die Hörgeräte auch als Basis für ein gesteigertes Selbstvertrauen. 54 Prozent empfanden mit den Hörgeräten ein (viel) besseres Selbstvertrauen.

Und: Nur 28 Prozent der Hörbeeinträchtigten ohne Hörhilfe gaben an, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt aufgrund des schlechten Hörens ausgelacht oder abgelehnt fühlten. Hingegen gaben 74 Prozent der Hörgeräteträger an, sich nie aufgrund der Hörhilfe ausgelacht oder abgelehnt gefühlt zu haben.

Das Tragen der Hörhilfe wirkt sich nach Einschätzung der Betroffenen auch auf das Berufsleben aus. So gaben 56 Prozent an, dass die Hörgeräte im Beruf von signifikantem Nutzen sind, 39 Prozent sprechen ihnen einen gewissen Nutzen zu, nur fünf Prozent erkennen generell keinen Vorteil.

47 Prozent der Hörgeräteinhaber stimmen der Aussage zu, dass Beschäftigte mit Hörbeeinträchtigung weniger stark in ihrem Beruf gefördert werden, 23 Prozent Zustimmung findet dies bei den nicht Versorgten.

Wie eine aktuelle Online-Befragung im Auftrag des Bundesverbandes der Hörgeräte-Industrie (BVHI) zeigt, verbinden 88 Prozent der Teilnehmer mit einer Hörminderung eine "starke Beeinträchtigung sozialer Beziehungen".

53 Prozent fühlen sich "verunsichert und wissen nicht, wie sie sich richtig verhalten sollen", wenn ihr Gegenüber schlecht hört. (maw)

Mehr zum Thema

Pilotstudie mit Aducanumab

Fokussierter Ultraschall verstärkt Anti-Amyloid-Therapie

Neuroimaging

ZI in Mannheim erhält 7-Tesla-MRT

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Hämatologe gibt Tipps

Krebspatienten impfen: Das gilt es zu beachten

Lesetipps
Eine pulmonale Beteiligung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) kann sich mit Stridor, Husten, Dyspnoe und Auswurf manifestieren. Sie zeigt in der Lungenfunktionsprüfung meist ein obstruktives Muster.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Wenn der entzündete Darm auf die Lunge geht

Klinisch ist die Herausforderung bei der IgA-Nephropathie ihr variabler Verlauf. In den meisten Fällen macht sie keine großen Probleme. Bei einem Teil der Patienten verläuft sie chronisch aktiv, und einige wenige erleiden katastrophale Verläufe, die anderen, schweren Glomerulonephritiden nicht nachstehen.

© reineg / stock.adobe.com

Glomerulonephitiden

IgA-Nephropathie: Das Ziel ist die Null