Hannover Messe

Ministerielles Plädoyer für die Pflegerobotik

Auf der Hannover Messe wirbt Bundesforschungsministerin Johanna Wanka für den Einsatz von Robotern im Gesundheitswesen. Die Mehrheit der Bundesbürger gibt sich Pflegerobotern & Co gegenüber durchaus aufgeschlossen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

HANNOVER. Der technische Fortschritt kennt auch in der Robotik fast keine Grenzen. Forscher und Unternehmen basteln an High-Tech-Lösungen für deren Einsatz in den eigenen vier Wänden - Stichwort Ambient Assisted Living (AAL) - wie auch in der Pflege oder im Krankenhaus. Doch: Wie steht die Bevölkerung in Deutschland zu dieser Zukunftsoption?

83 Prozent der Bundesbürger können sich vorstellen, einen Service-Roboter zu Hause zu nutzen - wenn sie dadurch im Alter länger in den eigenen vier Wänden wohnen könnten.

Das geht aus einer aktuellen Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) anlässlich der Hannover Messe durchgeführt hat.

Mehr als die Hälfte aller Befragten (56 Prozent) zeigen sich demnach schon jetzt aufgeschlossen, einen Service-Roboter für den eigenen Haushalt zu kaufen.

Forschung genießt hohen Stellenwert

Auch wenn bislang nur jeder vierte Bundesbürger Kontakt mit einem Roboter hatte, sind 76 Prozent der Befragten nach Ministeriumsangaben davon überzeugt, dass Service-Roboter in Zukunft eine immer wichtigere Rolle in ihrem Alltag spielen werden. Die Forschung an Service-Robotern für den Einsatz in Haushalt, Pflege und Gesundheit halten daher 80 Prozent der Befragten für wichtig oder sogar sehr wichtig.

"Es freut mich, dass die Bürgerinnen und Bürger der Robotik gegenüber aufgeschlossen sind. Wir wollen die Forschung an Robotern, die uns im Haushalt oder im Gesundheitsbereich unterstützen können, weiter voranbringen", sagte Wanka zum Auftakt der Hannover Messe.

Dabei stünden für sie zwei Aspekte im Vordergrund. "Der Mensch muss die Roboter beherrschen und leicht bedienen können, und die Anschaffungskosten müssen im Rahmen bleiben", erläuterte sie.

Der Roboter der Zukunft solle nicht nur stark, schnell und präzise sein, sondern den Menschen als umsichtiger, dialogfähiger Partner im täglichen Leben dienen. Daher werde das BMBF die Forschung an interaktionsfähigen Robotern künftig im Förderschwerpunkt "Autonome Roboter für Assistenzfunktionen" gezielt stärken.

"Wir müssen die technischen Möglichkeiten an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausrichten. Wenn das gelingt, können autonome Systeme die Lebensqualität nachhaltig verbessern", so Wanka.

Roboter könnten künftig verstärkt dazu beitragen, Menschenleben zu retten und Tätigkeiten auszuführen, die für Rettungs- und Einsatzkräfte gefährlich sind. Immer noch viel zu oft müssten sich beispielsweise Feuerwehrleute selbst in Gefahr begeben und seien giftigen Dämpfen, großer Hitze oder gefährlicher Strahlung ausgesetzt. In solchen Einsatzszenarien sollen Roboter Anwendung finden.

In der Robotik-Forschung liegt hier ein Fokus auf HERMES-Lösungen (Highly Efficient Robotic Mechanisms and Electromechanical System) zum Einsatz im Katastrophenmanagement.

Exemplarisch zeigen die andauernden Aufräumarbeiten an dem am 11. März 2011 durch Erdbeben und Tsunami havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi ein potenzielles Einsatzgebiet für HERMES-Lösungen auf - wenn es zum Beispiel um die Bergung und Beseitigung von Atommüll in durch die Verwüstung schwer zugänglichen und/oder stark radioaktiv belasteten Bereichen geht.

Neues Kompetenzzentrum geplant

Wie Wanka betonte, wolle sie die Forschung in Deutschland konzentrieren und ein Kompetenzzentrum zum Thema "Roboter und autonome Systeme in lebensfeindlichen Umgebungen" einrichten.

In diesem sollen renommierte Einrichtungen der zivilen Sicherheitsforschung mit weiteren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, insbesondere dem Mittelstand, zusammenarbeiten. Dazu würden exzellente Testumgebungen geschaffen, die Entwicklungen auf höchstem Niveau ermöglichen sollen.

Bislang seien mit Förderung des BMBF bereits Roboter entwickelt worden, die Einsatzkräfte bei der Bergung verschütteter Personen und der Entschärfung von Sprengstoffen unterstützen. Hitze- und strahlungsunempfindliche Quadrokopter könnten zudem ganz nah an Brandherde gelangen und hochgiftige Gas- oder Strahlungsentwicklungen analysieren.

Im Februar hatte die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) in ihrem Gutachten 2016 zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlandsder Bundesregierung geraten, eine explizite Robotikstrategie zu entwickeln, wie sie andere Länder bereits haben.

Dabei sollte eine der wachsenden Bedeutung der Servicerobotik angemessene Förderung vorgesehen werden. Die sehr starke Konzentration des Robotereinsatzes auf die Automobilindustrie in Deutschland sei kritisch zu beurteilen. An den Hochschulen müsse die Robotikforschung mehr Gewicht erhalten, so die EFI.

Mehr zum Thema

Geschäftszahlen 2023

Medizintechnikkonzern B. Braun steigert Umsatz leicht

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System