Healthineers

Von der Bildgebung zum Gesundheitsmanagement

Seit Mitte April können Anleger am Medizintechnik-Geschäft des Elektronikriesen Siemens partizipieren. Dessen große Herausforderung: In der digital integrierten Klinik von morgen zu den führenden Anbietern zu zählen.

Von Ingrid Mühlnikel Veröffentlicht:
Dr. Bernd Montag, CEO der Siemens Healthineers AG am ersten Handelstag der Healthineers-Aktie an der Frankfurter Wertpapierbörse Mitte April.

Dr. Bernd Montag, CEO der Siemens Healthineers AG am ersten Handelstag der Healthineers-Aktie an der Frankfurter Wertpapierbörse Mitte April.

© Axel Schmidt/Siemens Healthineers

BERLIN. Die Siemens-Medizintechniksparte Healthineers befindet sich im Umbruch. Noch erzielt das Unternehmen mehr als die Hälfte des Umsatzes mit bildgebenden Großgeräten. Doch das Geschäft wandelt sich: Gestochen scharfe Bilder allein reichen nicht mehr.

Die Zukunft der Bildgebung liegt in der digitalen Analyse und Auswertung der Bilddaten – und für Healthineers im Verkauf umfassender digitaler Managementsysteme für das gesamte Krankenhaus.

Auf der "HIMSS", einer der weltgrößten Messen für Gesundheits-IT, trifft sich einmal im Jahr das Who is Who der Health-IT-Szene im Casino-Paradies Las Vegas.

Für Siemens Healthineers genau die richtige Adresse, um ihr neues "Digital Ecosystem" zu bewerben und neue Institutionen dafür zu gewinnen. Nach Unternehmensangaben sind bislang mehr als 2000 Institutionen aus 50 Ländern an der Datenbank in der Siemens-Cloud beteiligt.

Vieles ist noch Zukunftsmusik

Alexander Lippert, Leiter des Siemens Healthineers Digital Ecosystem, erklärt die Produktidee: "Seit Einführung unserer ersten cloudbasierten Angebote haben wir eine Umgebung geschaffen, in der Anwender die Erkenntnisse aus fast 40 Millionen Studien zur klinischen Dosis und zur Bedienung von bildgebenden Systemen nutzen können."

In einem zweiten Schritt sollen die cloudbasierten, aber auch lokal installierbaren Angebote im Digital Ecosystem Store heruntergeladen werden können, wenn der Kunde zuvor ein Abonnement abgeschlossen hat.

Durch die Apps sollen die Anwender sich einfach aktuelle Funktionen – beispielsweise für C-Bögen – installieren können, ohne in zusätzliche Hardware investieren zu müssen. Allerdings ganz so weit ist das Unternehmen noch nicht.

Die "Cios OpenApps" für mobile C-Bögen, die künftig den Workflow im OP verbessern sollen, befindet sich noch in der Entwicklung. "Die zukünftige Verfügbarkeit kann nicht garantiert werden", hieß es noch Anfang März zum Zeitpunkt der diesjährigen HIMSS.

Healthineers hat sich viel vorgenommen: In einigen Ländern ist das Digital Ecosystem noch nicht zu kaufen, oder "die angebotenen Produkte/Funktionen/Dienstleistungen sind nicht in allen Ländern kommerziell erhältlich.

Auch hierzu heißt es, die künftige Verfügbarkeit lasse sich aus regulatorischen oder anderweitigen Gründen nicht garantieren. Wie viele andere Unternehmen auch, ist Healthineers auf der Suche nach funktionierenden Geschäftsmodellen für ein digitalisiertes Gesundheitswesen von morgen.

Wie viel heute schon mit digitalen Produkten und Services verdient wird, veröffentlicht Healthineers nicht. 1,5 Milliarden Euro setzt das Unternehmen im Geschäftsfeld "Advanced Therapies" um, in dem auch digitale Gesundheitslösungen integriert sein dürften.

Geschäftsmodell im Umbruch

Als Umsatztreiber in diesem Geschäftsfeld nennt Siemens mobile C-Bögen für chirurgische Verfahren sowie Angiographie-Systeme kombiniert mit Ultraschall in der Kardiologie.

"Noch ist dieser Bereich – der Diagnostik und Therapie verbindet – und in dem sich Siemens als weltmarktführend sieht, im Entstehen begriffen und er ist damit das kleinste Segment von Healthineers", erläutert Dr. Christian Bridts, Geschäftsführer der Münchener Unternehmensberatung Bridts Corporate Finance.

"Insgesamt befindet sich Siemens noch in der Transformation des Geschäftsmodells von der früheren Großgerätewelt in neue digitalisierte und servicebasierte Modelle."

Treiber ist auch hier der sich abzeichnende Umbau der öffentlichen Gesundheitssysteme mit allen damit einhergehenden Herausforderungen wie etwa dem Übergang zu vermehrt nutzenbasierten Kostenerstattungsmodellen.

"Healthineers versucht, diese Entwicklung durch Kooperationen beispielsweise mit IBM Watson oder Biogen voranzutreiben, um neue Lösungen für systemische Krankheitsbilder zu finden."

Die Kooperation mit IBM Watson hat, so Branchenkenner, jedoch noch keine Effekte gezeigt. IBM Watson kooperiert auch mit großen Siemens-Wettbewerbern wie General Electric oder Philips.

In der Vergangenheit hat sich Siemens immer wieder durch Zukäufe Geschäftsfelder erschlossen. Beispielsweise 2005/2006 durch Akquisitionen in der Laborsparte von Bayer und Dade Behring – unter anderem mit dem Ziel, durch die Kombination von Bildgebung und Labordiagnostik Mehrwert zu schaffen.

Dr. Christian Bridts, Geschäftsführer der Münchener Unternehmensberatung Bridts Corporate Finance

Beim Digital Ecosystem setzt Healthineers auf strategische Partnerschaften. Die Datenbank bietet auch Lösungen und Daten von Partnern an, "wie des Unternehmens Circle, einem Entwickler von cvi42, einer kardiovaskulären Nachbearbeitungssoftware für die Analyse von MRI- und CT-Bildern, welche eine schnelle Analyse mit eindrucksvoller Genauigkeit ermöglicht. Zudem können Geräte anderer Hersteller in das Digital Ecosystem eingebunden werden", erklärt Thorsten Opderbeck von der Healthineers-Zentrale in Erlangen.

Die globale Kooperation zwischen Healthineers und dem US-Medizintechnik-Anbieter HeartFlow geht in die gleiche Richtung. "Die gemeinsame Lösung verbindet CT-Scanner von Siemens Healthineers mit der FFRct-Analyse von HeartFlow, der ersten nichtinvasiven Technologie, die Erkenntnisse über sowohl das Ausmaß der koronaren Herzkrankheit als auch den Einfluss der Erkrankung auf den Blutfluss zum Herzen zulässt", heißt es.

Berater Bridts ist überzeugt: "Für Siemens Healthineers geht es darum, seine Expertise bei bildgebenden Verfahren in den OP zu bringen wie es beispielsweise bei den Hybrid-OP schon der Fall ist".

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