Abschied von der BAG

Freiberuflicher Arzt wird MVZ-Gründer

Hausarzt Dr. Werner Lechner ist seit mehr als einem Jahr MVZ-Chef. Den Schritt hat der 62-jährige Gründer nicht bereut. Zwar war er mit viel Arbeit verbunden, aber eine Investition in die Zukunft.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Dr. Werner Lechner hat aus einem klassischen Ärztehaus ein modernes MVZ gemacht. Zur Seite stand ihm dabei seine Praxismanagerin Ilona Schneider.

Dr. Werner Lechner hat aus einem klassischen Ärztehaus ein modernes MVZ gemacht. Zur Seite stand ihm dabei seine Praxismanagerin Ilona Schneider.

© Marco Hübner

FORCHTENBERG. Allgemeinmediziner Dr. Werner Lechner hat den Wandel gewagt: Als freiberuflicher Arzt gründete er vor fast zwei Jahren ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Für ihn, den Chef des MVZ Hohenlohe in Forchtenberg unweit von Heilbronn, ist das eine Entscheidung auch zum Wohle der Versorgung in der Region.

Mit Blick auf die Arbeit als Arzt auf dem Lande sei es sogar die "zukunftssichere Rechtsform", betont Lechner, der vor dem Wechsel der Rechtsform mit seinen Kollegen in einem typischen Ärztehaus gearbeitet hat, das zum Teil in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) organisiert war.

"Wirtschaftlich lohnt sich der Schritt zumindest am Anfang eher weniger, muss ich sagen, aber wir bekommen mehr Aufmerksamkeit von jungen Ärzten", bilanziert Lechner mit Blick auf die neuen Umstände, in denen er seiner Arbeit als ärztlicher Leiter nachgeht.

Forchtenberg hat etwa 5000 Einwohner und der Kreis Hohenlohe etwa 100.000 - die Region ist eher dünn besiedelt.

Nachfolgersuche war in BAG schwieriger

Trotzdem: "Mit ärztlichen Nachfolgern haben wir derzeit keine Sorge, da bei uns auch in Teilzeit gearbeitet werden kann", erklärt llona Schneider, die das MVZ als Praxismanagerin betreut. Die Anstellung von Ärzten sei einfacher. Gerade Frauen mit Kindern bekämen etwa bessere Chancen zu praktizieren. Das gebe Planungssicherheit für die Zukunft.

Derzeit arbeiten fünf Fachärzte für Allgemeinmedizin, zwei Gynäkologen und drei Weiterbildungsassistenten im MVZ. Alle MVZ-Ärzte, abgesehen von Dr. Lechner, sind angestellt. Mit im Gebäude des MVZ arbeitet außerdem eine Praxisgemeinschaft mit zwei Internistinnen. Das Team wird durch 16 Medizinische Fachangestellte und die Praxismanagerin ergänzt.

Unter dem Dach des Ärztehauses drohte die Versorgung damals zu kollabieren: "Die Kollegen waren dem Ruhestand nahe, und passende Nachfolger fanden sich auch nach langem Suchen nicht. Als MVZ haben wir jetzt mehr Spielraum beim Nachbesetzen", erklärt Schneider.

Es werde im Team gearbeitet und die Ärzte würden sich gegenseitig mit fachübergreifendem Rat unterstützen. "Einzelkämpfer auf dem Lande, das ist für unsere Ärzte nicht mehr gegeben, unsere Aufstellung als MVZ macht's möglich", betont Schneider.

Die Strukturen zu schaffen war Lechner zufolge nicht nur ein organisatorischer Aufwand, sondern auch ein finanzieller Kraftakt: "Wir haben etwa 500.000 Euro investiert, um das Zentrum zu installieren". Dies umfasse unter anderem Kosten für Renovierungen, Technik, Anwälte und die Übernahme der Arztsitze von Kollegen, die in den Ruhestand gingen.

Junge Ärzte meiden unternehmerisches Risiko

Lechner trägt mit seiner Dr. Lechner & Kollegen GbR das unternehmerische Risiko, um seinen angestellten Ärzten Freiräume zu schaffen. Für ihn ist das der bezeichnende Vorteil. Damals in der BAG habe jeder Arzt gleichermaßen das Risiko getragen. "Die neue Generation von Ärzten, will das nicht."

Außerdem sei das MVZ beweglicher: "Im Zweifelsfall müssen nicht alle über eine Investition oder eine andere wirtschaftliche Entscheidung abstimmen." Nicht zuletzt könne er sein Team breiter über Fachbereiche hinweg aufstellen und den Patienten mehr Behandlungsoptionen unter einem Dach in Forchtenberg bieten.

Ein weiterer Vorteil: "Wir können die Technik effizienter nutzen - jeder qualifizierte Kollege kann an das Sono-Gerät. Das macht die Sache wirtschaftlicher", betont der 62-jährige Hausarzt und MVZ-Gründer.

Nächster Schritt: GmbH gründen

Wirtschaftlich blickt Lechner hoffnungsvoll in die Zukunft. Er begrüße die jüngsten Veränderungen, die das Versorgungsstärkungsgesetz der großen Koalition für die Organisationsform gebracht habe, wie zum Beispiel die Möglichkeit, fachgleiche MVZ zu errichten. Sie könne dazu führen, dass mehr Ärzte seinem Beispiel folgen und auf die Kooperationsform des MVZ setzen.

Momentan plant der MVZ-Chef, aus der GbR eine GmbH zu machen. Lechner will den Staffelstab beim MVZ Hohenlohe auf lange Sicht an seinen Sohn weitergeben, der derzeit in Weiterbildung ist: "Ich denke, mit der Rechtsform der GmbH kann der Folgegeneration ein guter Boden bereitet werden, auf dem moderne Vorstellungen zur Work-Life-Balance besser fruchten."

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen