Ärztenetze

Unterstützung regional sehr unterschiedlich

Auf Unterstützung können Ärztenetze vor allem in Westfalen-Lippe und in Schleswig-Holstein setzen. Die KBV sieht in den Verbünden die Chance, die Einzelpraxis zukunftsfest zu machen und freiberufliche Strukturen zu erhalten.

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KÖLN. Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind deutlich mehr Ärztenetze als die 25 bislang zertifizierten so gut aufgestellt, dass sie langfristig umfassende Aufgaben in der Versorgung übernehmen könnten.

"Nach unserer Erfahrung gibt es 45 bis 50 hervorragende Netze", sagte KBV-Dezernent Dr. Bernhard Gibis bei einem Symposium des privaten Krankenversicherers DKV zur medizinischen Versorgung.

Diese Netze könnten perspektivisch Sicherstellungsaufgaben übernehmen, sagte Gibis. Im Moment gehe es darum, die Verbünde so fit zu machen, dass sie in die Lage versetzt werden, mit den Krankenkassen Verträge abzuschließen.

Bei der Unterstützung der Ärztenetze gebe es allerdings sehr große Unterschiede zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen. Von den 25 anerkannten sind allein 13 in Westfalen-Lippe und sechs in Schleswig-Holstein. Die reinen Ärztenetze seien nicht der Endpunkt der Entwicklung, betonte Gibis. "Wir sehen sie als Vorstufe zu sektorübergreifenden weitreichenden Kooperationen."

Ärztenetze werden in den kommenden Jahren nicht zum Standard-Betriebsmodell im ambulanten Sektor, stellte der KBV-Experte klar. Aber sie könnten die ambulante Versorgung lokal integrieren. "Deshalb wollen wir den Netzen eine gewisse Vorfahrt einräumen."

Die Verbünde sieht er auch als Möglichkeit, die Einzelpraxen zukunftsfest zu machen und die freiberuflichen Strukturen zu erhalten. Um die Netzbewegung nicht zu gefährden, dürften die Kooperationen nicht in die Aura des Korruptionsverdachts geraten. Gibis verwies auf den Vorschlag der KBV, das geplante Antikorruptionsgesetz um Regelungen zum Schutz politisch gewollter und berufsrechtlich erlaubter Kooperationen zu ergänzen.

"Geschäftsmodell der Krankenhäuser wird immer ambulanter"

Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg der Ärzteverbünde sind nach seiner Erfahrung charismatische Arztpersönlichkeiten, denen es gelingt, die Kollegen zu motivieren und von den Vorteilen der Zusammenarbeit zu überzeugen. "Wenn es nur um pekuniäre Aspekte geht, dann funktioniert es nicht."

Grundsätzlich müsse die medizinische Versorgung künftig besser koordiniert, die Inanspruchnahme strukturiert werden, sagte Gibis.

Klar sei: "Das geht mit der Reduktion von Freiheitsgraden einher." Die Leistungen sollten in ärztlich koordinierten multiprofessionellen Teams erbracht werden.

Für notwendig hält er die formale und informelle Vernetzung von Praxen und Kliniken, die Förderung arztentlastender Maßnahmen, die gezieltere Nutzung der Technologie für einen schnelleren und gezielteren Zugang zur Versorgung und eine arbeitsteilige Einbindung des stationären Sektors.

"Das Geschäftsmodell der Krankenhäuser weitet sich aus und wird immer ambulanter", sagte Gibis. Das mache ein abgestimmtes Vorgehen notwendig - wie nicht zuletzt die Erfahrungen mit dem Notdienst zeigten. "Wir brauchen bessere Absprachen", betonte er.

Beim Notdienst funktioniere die Krankenhausplanung überhaupt nicht. "Es wird nicht abgeglichen, welche Krankenhäuser Ambulanzen vorsehen und wie sie bestückt sind."

Angesichts der aus den abgeschotteten Sektoren resultierenden Versorgungsprobleme sehe die KBV die Errichtung eines neuen Sektors Pflege mit Sorge, sagte Gibis. (iss)

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