Versorgungsmodelle

Die Provinz liefert die Vorbilder

Kommunen als Gestalter für die ärztliche Versorgung? Bisher zeigen nur wenige Beispiele, wie das gelingen kann.

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BERLIN. Woldegk und Büsum zählen zu den Leuchttürmen, die zeigen, wie es gelingen kann, die ärztliche Versorgung in strukturschwachen Gebieten zu sichern. Woldegk hat 2014 ein Gesundheitshaus mit zwei Hausärzten und einem Facharzt eröffnet. 2015 ging das kommunale Ärztehaus in Büsum an den Start.

Die Beispiele aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein werteten Experten auf dem elften Kongress für Gesundheitsnetzwerke in Berlin als taugliche Vorbilder für Kommunen, die künftig die ärztliche Versorgungslandschaft mitgestalten wollen.

Doch obwohl mit dem Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) der kommunale Handlungsspielraum deutlich erweitert hat, scheinen Bürgermeister und Landräte nur sehr zögerlich neue Aufgaben als Leistungsanbieter übernehmen wollen.

Umsetzung des Gesundheitshauses dauerte

Einer, der die Hürden auf diesem Weg kennt, ist Dr. Ernst-Jürgen Lode, ehemals Bürgermeister von Woldegk. Bereits 2006 gab es erste Vorstellungen, wie ein kommunales Gesundheitshaus aufzubauen wäre.

Doch die Umsetzung dauerte. Zunächst musste mit den Partnern der Selbstverwaltung und den Ministerien verhandelt, dann gebaut und Ärzte für das Vorhaben gewonnen werden.

Heute haben drei niedergelassene Ärzte und eine Physiotherapeutin ihre Praxen im Gesundheitshaus, zudem gibt es fachärztliche Sprechstunden, Ärzten aus den benachbarten Städten halten fachärztliche Sprechstunden. Ergänzend wurde ein regionales Taxi eingerichtet, um den Weg zum Arzt zu erleichtern.

Gerade zu Beginn, so Lode, sei mächtiger Gegenwind aus der Ärzteschaft und der KV gekommen. Doch nachdem der Vorstand gewechselt hatte, ging es voran in Richtung Kooperation.

Die Kommunen seien, so Lode, auf die neuen Aufgaben wenig vorbereitet. "In den Verwaltungen mangelt es an Wissen, wie die vertragsärztliche Versorgung funktioniert", sagt er.

Die gesetzlichen Vorschriften seien zudem nicht leicht umzusetzen. Es fehlten feste Fördersätze, interdisziplinäre Strukturen, auf die man zurückgreifen kann - und bei den beteiligten Institutionen die festen Ansprechpartner.

Dolmetscher zwischen den "Sprachwelten"

Der Landkreis Dithmarschen hat hierzu eine kluge Lösung gefunden und zuallererst die Stabsstelle für einen hausärztlichen Koordinator im Landratsamt eingerichtet - gemeinsam mit der KV Schleswig-Holstein. Mit dem ehemaligen Verwaltungschef des Westküstenklinikums wurde diese auch mit einem Experten besetzt.

Harald Stender arbeitet intensiv mit den ärztlichen Gremien zusammen und ist für die Bürgermeister der Ansprechpartner in der Region.

Zuweilen fühle er sich als Dolmetscher zwischen den "Sprachwelten" von Ärzten und Kommunal-Verantwortlichen, erklärt er. Er berät Bürgermeister, wenn sie niedergelassene Ärzte in die eigene Region holen wollen.

Gemeinsam mit der Ärztegenossenschaft Nord hat Stender das kommunale Ärztehaus in Büsum an den Start gebracht, eine bislang bundesweit einzige kommunale Eigeneinrichtung.

Die Ärztegenossenschaft Nord hat die Geschäftsführung für die Ärzte übernommen. Bereits nach einem Jahr könne man auf ein "ausgeglichenes Ergebnis" zurückblicken. "Die Wirtschaftlichkeit ist nicht leicht zu erreichen", sagt er.

Jetzt, da die Basis gelegt ist, solle künftig intensiver an der Patientenorientierung gearbeitet werden. Unterstützt wird die Weiterentwicklung von der Robert Bosch Stiftung, die aktuell ausgewählte Initiativen auf dem Weg zu lokalen Gesundheitszentren fördert. (wer)

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