Arztsoftware to go

Das leisten Praxis-App und Co.

Mobile Geräte liegen im Trend - auch in Arztpraxen. Deshalb haben die Praxissoftware-Anbieter ihre Systeme längst um Apps und andere mobile Zugriffsmöglichkeiten erweitert. Was können die mobilen Versionen wirklich?

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Wie im Praxisnetzwerk, so können Ärzte auch per Tablet auf alle Patientendaten und auf nahezu alle Funktionen der Praxissoftware zugreifen.Und Patienten auch noch direkt anwählen.

Wie im Praxisnetzwerk, so können Ärzte auch per Tablet auf alle Patientendaten und auf nahezu alle Funktionen der Praxissoftware zugreifen.Und Patienten auch noch direkt anwählen.

© buchachon / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Tablet Computer sind die Verkaufsschlager der IT-Branche. In diesem Jahr soll der Absatz die Fünf-Millionen-Marke in Deutschland durchbrechen, berichtet etwa der Branchenverband Bitkom.

Bereits 2012 seien 4,4 Millionen der flachen Computer mit Touch-Display verkauft worden. Mittlerweile besitzt laut Bitkom jeder zehnte Deutsche einen Tablet.

Ein Trend, der auch an den Arztpraxen nicht vorbeigeht. Immer mehr Ärzte wollen auf die einfach zu bedienenden Geräte im Praxisalltag oder auf Hausbesuch nicht verzichten.

Das müssen sie auch nicht, denn die Praxis-EDV läuft längst auch auf den smarten, handlichen Computern. Und das sogar in Vollversion, wie die App iQvisit der Frey ADV GmbH zeigt.

Zwar legt der Name der App nahe, dass es sich um eine Hausbesuchsversion handeln könnte, doch weit gefehlt. Um starten zu können, müssen sich Ärzte die App natürlich erst einmal im App-Store herunterladen.

Im Falle von iQvisit handelt es sich um eine App, die nur auf Apple-Tablets, also dem iPad, läuft.

Das Unternehmen bietet Ärzten aber auch ein Komplett-Paket an: Sie bekommen iPad samt App und Schnittstelle zur Praxissoftware Quincy geliefert.

Kompletter Patientenstamm verfügbar

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Über die App stehen dem Arzt nicht nur die Funktionen der Praxissoftware zur Verfügung. Das iPad - wie auch andere Tablets - eröffnet noch weitere Funktionalitäten.

Bei iQvisit kann sich der Arzt zunächst die Patientenakten inklusive Laborblättern, Verordnungsplänen, Befundbriefen und archivierter Dokumente aufs iPad laden.

Das kann der komplette Patientenstamm sein, es können aber auch nur die Daten der Patienten übertragen werden, die der Arzt an diesem Tag in der Praxis oder auf Hausbesuch behandeln wird.

Denn noch läuft der Abgleich per Echtzeit nicht. Die Daten werden bei iQvisit via USB-Kabel aufs iPad übertragen und später über denselben Weg mit der Praxis-EDV wieder synchronisiert.

Ein Betrieb von iQvisit mit Echtzeitkommunikation über eine gesicherte Datenverbindung via Deutsches Gesundheitsnetz (DGN) sei aber bereits in Arbeit, berichtet Frey-Geschäftsführer Lars Wichmann.

Tablets können mehr als der PC-Tower

Wie in der Praxis-EDV ist auch auf dem iPad der Patient mit all seinen Diagnosen und Leistungen einsehbar. Es lassen sich ebenso Abrechnungsziffern und ICD-10-Codes suchen und zufügen, sowie mit wenigen Fingertipps und Eingaben Rezepte ausfüllen, die später via Praxis-EDV ausgedruckt werden.

Dabei ist auch die Arzneidatenbank auf dem mobilen Gerät verfügbar. Spannend ist, dass die mobilen Software-Versionen oft sogar noch mehr können. Bei iQvisit ist in die Ansicht der Patientenkartei gleich das Kamera-Symbol eingefügt.

Ein Fingertipp auf das Symbol und der Arzt kann für die Dokumentation nicht nur ein Foto schießen, sondern bei Bedarf sogar ein Video drehen. Dieses wird auch direkt in der Patientenakte hinterlegt.

Ähnlich unkompliziert funktioniert der Versand von Erinnerungs-SMS oder unbedenklichen Befunden an den Patienten. Über einen Button in der Menüleiste können E-Mails und SMS direkt aus der Patientenkartei versendet werden.

Dass die mobilen Praxissoftware-Versionen durchaus auch bei den Ärzten den Nerv der Zeit treffen belegen die Nutzerzahlen. "iQvisit wird zurzeit von circa 500 Kunden genutzt", sagt Wichmann. Auch Dr. Erich Gehlen, Geschäftsführer des Softwarehauses Duria, berichtet, dass es schon "eine Reihe von Anwendern" gebe, die per Tablet oder Smartphone in einem Altenheim oder auf Hausbesuch auf die Arztsoftware zugreifen.

Auch der Zugriff per VPN geht

Das Softwarehaus Duria fährt bei der mobilen Nutzung der Praxissoftware allerdings zweigleisig. Entweder die Ärzte nutzen die Stand-alone-Lösung der Software oder die App.

Bei der Stand-alone-Lösung wird über eine gesicherte Internet-Verbindung, ein sogenanntes Virtual Private Network (VPN), auf die Patientendatenbank in der Praxis zugegriffen.

Nutzen Ärzte die App, dann befindet sich die Patientendatenbank direkt auf dem Tablet oder Smartphone. Dabei können die Ärzte auch hier die gewohnten Funktionalitäten der Praxissoftware mobil nutzen.

Aber: Die Daten müssen natürlich erst vom Praxisserver auf das Gerät und wieder zurück übertragen werden. "In Duria wird diese Funktionalität durch das sogenannte Tagesprotokoll abgebildet", erklärt Gehlen.

Das Tagesprotokoll müsse zunächst vom mobilen Gerät exportiert werden und dann auf den Zentralrechner importiert werden. Dabei stehen Ärzten mehrere Möglichkeiten offen: der Weg per USB- oder LAN-Schnittstelle, via WLAN oder auch hier über LAN oder WLAN mit einem Virtual Private Network.

Der Betrieb in Echtzeit

Ein anderer möglicher Weg, den Datenzugriff mobil zu organisieren wäre laut Gehlen die Variante, dass die Patientendatenbank immer auf allen Rechnern liegt. "Das heißt sie existiert n-mal bei n Rechnern."

In diesem Fall müsse ein Synchronisationsprogramm im Hintergrund laufen, das die Patientendatenbank permanent aktualisiert, sodass immer und überall der gleiche Patientenstand vorliegt. Das sei allerdings etwas "tricky", wie es Gehlen ausdrückt. In Duria sei diese Variante bisher nicht realisiert.

Ebenfalls mit einer App arbeiten die Softwarehäuser, die zur CompuGroup Medical (CGM) gehören: also die Systeme Turbomed, Medistar, Albis, CompuMed M1 und Data Vital. Auch hier kann von unterwegs auf die komplette medizinische Dokumentation im Praxissystem zugegriffen werden.

Allerdings braucht es für die sichere Kopplung von iPhone oder iPad mit der Praxis-EDV eine Schnittstelle, die vom jeweiligen Software-Anbieter freigeschaltet werden muss. Die Daten werden dann verschlüsselt online - über die telemed.net-Technologie - übertragen.

Die Karteikarte wird in der CGM App als einfache chronologische Liste mit Filteroptionen, Bildern, Dokumenten etc. angezeigt. So kann sich der Arzt durch die Patientenakte wischen.

Und auch hier zeigen sich wieder die Vorteile einer mobilen Lösung, denn über die App können Patienten direkt angewählt werden. Außerdem kann sich der Arzt, der auf Hausbesuch geht gleich noch den Anfahrtsweg aufzeigen lassen.

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