KV-Safe-Net

Dicker Zuspruch an der Saar

Die Online-Vernetzung der Kassenärzte im Saarland macht große Fortschritte. Ein Förderprogramm soll die Akzeptanz für den E-Arztbrief stärken.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN. Die flächendeckende Vernetzung der knapp 1500 Arzt-Praxen im Saarland kommt voran.

Nachdem die Vertragsärzte voriges Jahr noch heftig über Datenschutz, Kosten und Zwangsmaßnahmen der KV gestritten hatten, haben sich inzwischen mehr als drei Viertel aller Praxen beim Datennetz KV-Safe-Net angemeldet.

"Das zeigt, dass das Ganze jetzt richtig Fahrt aufnimmt", sagte der saarländische KV-Vorsitzende Dr. Gunter Hauptmann in einem Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Mittlerweile seien 1132 der 1491 Praxen an der Saar bei KV-Safe-Net dabei. Dafür war die KV-Führung ihren Kritikern entgegen gekommen und zu zahlreichen Kompromissen bereit. So hatte sie den Zeitdruck aus dem Online-Projekt genommen und den Starttermin vom 1. Januar auf den 1. Juli 2014 verschoben.

Auch vom Zwang, KV-Safe-Net zu nutzen, ist die KV Saarland abgerückt. Wer seine Daten nicht über das neue Netz schicken will, kann sie auch künftig bei der KV-Verwaltung direkt abgeben - allerdings gegen eine Bearbeitungsgebühr von 100 Euro pro Quartal.

KV erlaubt Ausnahmen

Außerdem sind Ausnahmegenehmigungen möglich - zum Beispiel für ältere Mediziner, die bald in Rente gehen, und für KV-Mitglieder mit wenig Patienten wie zum Beispiel Psychotherapeuten. Bis dato hat die KV nach eigener Auskunft 80 solcher Ausnahmegenehmigungen erteilt.

Darüber hinaus hat KV ihr Förderprogramm ausgeweitet, mit dem sie den Vertragsärzten den Umstieg auf die neue Online-Abrechnung schmackhaft machen will.

Den 200-Euro-Zuschuss für die nötige neue "Blackbox" bekommen nun alle, die bis Ende März einen Antrag gestellt haben. Zunächst sollten nur die ersten 500 in den Genuss der Förderung kommen. Auch will die KV allen Ärzten bis Ende 2015 monatlich zehn Euro für die KV-Safe-Net-Gebühr erstatten.

Trotzdem ist die Kritik an den Vernetzungsplänen der KV-Spitze noch nicht ganz verstummt. "Ich halte das in Zeiten der NSA-Spähaffäre für unverantwortlich", meinte der Sprecher der Liste der Freien Ärzte in der KV-Vertreterversammlung, Dr. Thomas Kajdi.

Er erwägt nach wie vor, gegen die Online-Pläne zu klagen und lässt das gerade von einem Juristen prüfen. Wichtigstes Argument ist für ihn der Datenschutz. "Der einzelne Arzt ist doch weiter verantwortlich für den Schutz der Patientendaten", so Kajdi.

Grünes Licht vom Datenschützer

Allerdings hat sich die KV-Spitze für die Vernetzung der saarländischen Kassenarzt-Praxen auch den Segen der saarländischen Datenschutzbeauftragten geholt. "Sie hat bestätigt, dass KV-Safe-Net das anerkannte Verfahren ist zur Übermittlung von Patientendaten", versicherte KV-Chef Hauptmann.

Auch bei der Fernwartung des Routers komme kein Techniker an die Patientendaten, sondern nur an den Router. Man wolle zwar eine Vernetzung mit den Krankenhäusern. Mit den staatlichen Gesundheitsämtern sei das aber nicht geplant. Höchstens das Krebsregister komme noch ans Netz.

Die Abrechnung via KV-Safe-Net ist nur der Einstieg in die weitere Vernetzung der saarländischen Kassenarzt-Praxen. Ende 2013 hatte die Vertreterversammlung ein neues Förderprogramm beschlossen, um die Einführung des elektronischen Arztbriefes zu forcieren.

Ab Juli erhalten Ärzte für den Versand eines "e-Arztbriefs" einen Euro, für den Empfang 50 Cent. Die Förderung ist auf zwei Jahre befristet. Die KV will dafür jährlich bis zu einer Million Euro bereitstellen. "Ich will die Arztpraxen im Saarland so vernetzen", erläuterte Hauptmann, "dass sie sicher miteinander kommunizieren können".

Ein Grund für die hohe Beteiligung an KV-Safe-Net im Saarland sind möglicherweise die laut KV in dieser Form bundesweit einmaligen Online-Testabrechnungen. Sie sind künftig nur noch via KV-Safe-Net möglich. Damit können die Ärzte auch mitten im Quartal ihre Abrechnungen so oft sie wollen online prüfen lassen und erhalten schon nach wenigen Sekunden Antwort von der KV.

Weitgehend selbst entwickelt

Die Software dafür hat die Saar-KV seit 2009 weitgehend selbst entwickelt. Sie prüft die Abrechnungen automatisiert auf rund 4500 Bestimmungen. Drei bis vier Spezialisten füttern das Programm regelmäßig mit Neuerungen.

"Das System ist eine unglaubliche Hilfe. Es wurde begeistert angenommen", so der zuständige KV-Referatsleiter Holger Grothe. "Die ständigen Änderungen sind für die Praxen schwer zu bewältigen", sagt Grothe. "Wenn wir sie nicht auf die Fehler hinweisen würden, würden Praxen sonst kriminalisiert".

Auch die Streitigkeiten der Kassenärzte mit der KV haben abgenommen. Gab es 2008 noch 287 Widersprüche gegen Abrechnungen, so waren es in den ersten drei Quartalen 2013 nur noch 76. KV-Kritiker Dr. Thomas Kajdi weist freilich darauf hin, die Arbeit für die niedergelassenen Mediziner sei trotzdem nicht weniger, sondern mehr geworden.

"Für die Abrechnung", so Kajdi, "habe ich früher einen halben Nachmittag gebraucht. Heute sind es fast zwei Tage".

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