Ärzte-Umfrage zeigt

Große Skepsis gegenüber Online-Vernetzung

Niedergelassene Ärzte stehen E-Health nach wie vor sehr skeptisch gegenüber. Eine Umfrage zeigt: Nur der E-Arztbrief und wenige andere Anwendungen finden eine hohe Akzeptanz.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

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KOBLENZ. Nicht nur organisatorische Hürden stehen einer schnellen Umsetzung einer umfassenden Online-Vernetzung des Gesundheitswesens entgegen. Gerade bei niedergelassenen Ärzten ist auch noch viel Überzeugungsarbeit nötig. Denn die Mehrheit der Ärzte sieht bei vielen Online-Anwendungen offenbar keinen großen Nutzen.

Das zeigt der CGM Health-Monitor, eine repräsentative Online-Umfrage unter 482 niedergelassenen Ärzten, die im Auftrag des IT-Dienstleisters CompuGroup Medical (CGM) in Kooperation mit der "Ärzte Zeitung" gemacht worden ist.

Immerhin glauben 42,9 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass eine sichere, umfassende Online-Vernetzung "den Arbeitsaufwand in meiner Praxis reduzieren" würde. Nur gut jeder vierte Teilnehmer glaubt dagegen, die Vernetzung würde "meinen Patienten mehr Komfort bieten".

21,4 Prozent meinen, die Arzneimitteltherapiesicherheit würde erhöht. Dass eine Vernetzung den täglichen Praxisbetrieb verändern würde, sehen allerdings mehr als drei Viertel der Teilnehmer. Nur 23,7 Prozent der Teilnehmer sagen, sie hätte keine Auswirkungen.

Mehrheit der Ärzte vom Sinn des E-Arztbriefes überzeugt

Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in den Aussagen, welche Anwendungen die Ärzte als Online-Variante für sinnvoll halten: Die größte Akzeptanz haben demnach mit mehr als 60 Prozent das Online-Update für die Praxissoftware und der E-Arztbrief. Hier ist der direkte Nutzen im Praxisablauf wohl am ehesten spürbar.

Die Vorstellung, dass der E-Arztbrief zum Regelfall in der Versorgung wird, scheint viele Ärzte zu reizen. Drei von fünf Ärzten sind vom Sinn eines Online-Arztbriefes überzeugt.

Das Ergebnis wird von den Antworten der Umfrageteilnehmer in einer anderen Frage bestätigt: Demnach würden bei einer Gleichstellung des Honorars mit dem konventionellen Arztbrief 63 Prozent der Ärzte mit ihrer Praxis E-Arztbriefe versenden. Weitere sechs Prozent versenden bereits heute elektronische Arztbriefe.

Die Gleichstellung beim Honorar ist nach Meinung von Abrechnungsexperten bereits erreicht: Die Kostenpauschale EBM-Nr. 40120 ist so unbestimmt formuliert, dass die Übermittlung durchaus auch online erfolgen kann, auch wenn dann kein Porto bezahlt werden muss.

Probleme mit Datenschutz befürchtet

31 Prozent der Umfrageteilnehmer geben dagegen an, keine Arztbriefe online versenden zu wollen. Von diesen Ärzten führen 42 Prozent an, dass sie Probleme mit dem Datenschutz sehen und/oder kein Internet in der Praxis haben.

27,5 Prozent von ihnen bevorzugen weiterhin Papier, 19,5 Prozent halten Arztbriefe generell nicht für notwendig, und knapp fünf Prozent meinen, E-Arztbriefe seien zu kostenintensiv.

"Die immer wieder befeuerte Diskussion um das Thema Datenschutz führt zu Unsicherheitspotenzial im Bereich Softwareanwendungen", kommentiert Jürgen Veit, Head of Communication der CompuGroup Medical, das Ergebnis.

Bei vielen anderen E-Health-Anwendungen sei die Zurückhaltung darauf zurückzuführen, dass "die Gleichsetzung der E-Health-Leistung im EBM-Ziffer-Bereich noch nicht in einem adäquaten Rahmen erfolgt ist", so Veit weiter.

Tatsächlich ist die Akzeptanz von E-Health-Anwendungen wie Zuweiser-Portal, Medikationsmanagement, E-Rezept und telemedizinische Anwendungen weit unter der des E-Arztbriefes. Sie liegt zwischen 25 und 33 Prozent der teilnehmenden Ärzte.

Das ist möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass der praktische Nutzen zum Beispiel von Zuweiser-Portalen, etwa durch den schnellen Datenaustausch zu gemeinsamen Patienten oder eine problemlose Terminvereinbarung, bisher nur an wenigen Orten tatsächlich umgesetzt wird.

Online-Updates bieten Zeitvorteil

Ähnlich sieht es beim Online-Medikationsmanagement aus, das dazu beitragen könnte, die Sicherheit der Arzneimitteltherapie, besonders bei multimorbiden Patienten zu steigern.

Die geringen Akzeptanzraten für viele E-Health-Anwendungen sind um so erstaunlicher, als es durch die Online-Befragung unter den Teilnehmern eher einen Bias pro E-Health geben dürfte als dagegen.

Immerhin: Der CGM Health-Monitor zeigt, dass es mindestens eine weitere E-Health-Anwendung der Praxis-EDV gibt, die auf sehr breite Akzeptanz stößt: Fast 62 Prozent der Ärzte geben an, dass sie ein Online-Update der Praxis-EDV für sinnvoll halten.

Ähnlich wie beim Arztbrief ist auch bei dieser Anwendung der konkrete Nutzen leicht erschließbar: "Da den Nutzern dieser Online-Variante notwendige Änderungen in der Software in der Regel früher zur Verfügung stehen, führen auch kurzfristig umgesetzte Änderungen im EBM, wie zuletzt bei der Chronikerziffer, nicht zu Problemen bei der Abrechnung", erläutert Jürgen Veit.

Das zeigt sich auch in den Antworten auf weitere Fragen aus dem CGM Health-Monitor: 36 Prozent der Ärzte, die sich an der Umfrage beteiligt haben, ist der Zeitvorteil des Online-Updates im Vergleich zum Quartalsupdate auf DVD - in der Regel geht es um eine Woche - so wichtig, dass sie dafür auf die Online-Variante umsteigen würden. Gut 50 Prozent würden dagegen nicht umsteigen, 13 Prozent sind unentschlossen.

Das Problem rechtzeitiger Quartalsupdates hat durchaus Relevanz für Ärzte. Zwar sagen 73,9 Prozent der Teilnehmer am Health-Monitor, dass sie das Update in der Regel rechtzeitig für Änderungen und Neuerungen erhalten. Aber jeder fünfte klagt, dass es in der Regel Probleme dabei gibt. Dabei wünschen fast drei von vier der Ärzte, bei denen es Probleme mit dem Update gibt, dass die Updates möglichst zwei Wochen vor Quartalswechsel in der Praxis sein sollten.

Späte EBM-Änderungen

Brisant sind Quartalsupdates, die aktuelle EBM-Änderungen nicht mehr berücksichtigen, vor allem dann, wenn vom Bewertungsausschuss im letzten Moment wichtige Beschlüsse gefällt werden, wie zum Beispiel bei der Änderung der Chronikerpauschalen zu Jahresbeginn.

Immerhin bei 36 Prozent der Ärzte ist es durch kurzfristige EBM-Änderungen in der Vergangenheit zu Problemen bei der Abrechnung gekommen. Ein Online-Update hätte das vielleicht verhindert.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mehr Nutzerorientierung!

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