ISDN-Abschaltung

Wie Ärzte jetzt einen Telefonausfall verhindern

2018 ist Schluss mit dem ISDN-Netz. Dann wollen große Anbieter ihre Leitungen endgültig umstellen. Aber: Gerade Arztpraxen kann es auch schon früher treffen. Was können Betroffene jetzt tun – und Geld sparen?

Von Hannes Rügheimer Veröffentlicht:
Kein Anschluss unter dieser Nummer: Das können Ärzte einfach verhindern.

Kein Anschluss unter dieser Nummer: Das können Ärzte einfach verhindern.

© bank215 / Fotolia

NEU-ISENBURG. Gut 20 Jahre lang hat ISDN (Integrated Services Digital Network) seinen Kunden treue Dienste geleistet. Das digitale Telefonnetz war zuverlässig, lieferte gute Sprachqualität und unterstützte praktische Komfortfunktionen.

Kein Wunder, dass sich gerade Geschäftskunden bevorzugt für diese Anschlüsse entschieden haben – darunter nicht wenige Praxen, Kliniken und Ärztehäuser.

Doch nun wollen die Telekommunikationsanbieter ISDN loswerden. Spätestens 2018 plant Marktführer Telekom, die letzten alten Anschlüsse abgeschaltet zu haben. Auch Telekom-Wiederverkäufer wie 1&1 sind betroffen. Nur Vodafone will seinen Geschäftskunden notfalls noch ein paar Jahre länger Zeit lassen.

Doch auch bei diesem Netzbetreiber gilt ISDN als klares Auslaufmodell. Der Hintergrund: Für die Anbieter werden Betrieb und Unterhalt der ISDN-Technik immer teurer. Sie möchten die Kundenanschlüsse deshalb lieber auf die günstigere und modernere IP-Technik umstellen – vor allem, wenn sie mit DSL-Internet-Leitungen kombiniert sind.

Umstellung läuft auf vollen Touren

Denn der neue Anschlusstyp nutzt zum Telefonieren das Internet-Protokoll ("IP"). Mit zwei Leitungen und drei bis zehn Rufnummern bietet er auch vergleichbaren Komfort wie ISDN. Und während IP-Telefonie in früheren Jahren zu Recht den Ruf hatte, fehleranfällig und qualitativ minderwertig zu sein, ist die Technik mittlerweile deutlich gereift. Sie bietet heute fast dieselbe Zuverlässigkeit und Qualität wie das alte ISDN.

Daher läuft die Umstellung bereits auf vollen Touren. Viele ISDN-Kunden wurden von ihrem Anbieter bereits angeschrieben und zum Wechsel gedrängt. Ignorieren und aussitzen hilft in diesem Fall allenfalls kurzfristig.

Um komplette Vermittlungsstellen – also alle Kunden eines Stadtviertels beziehungsweise einer Region – zügig auf "All-IP" umstellen zu können, drohen die Betreiber verbliebenen Verweigerern im schlimmsten Fall mit der Zwangskündigung des Anschlusses.

Rechtzeitig reagieren

Kein Telefon und kein Internet mehr zu haben, wäre für Geschäftskunden natürlich der GAU. Deshalb sollten Betroffene sich nicht allzu viel Zeit lassen, sich auf die neue Sachlage einzustellen. Auch wenn im hektischen Tagesgeschäft für die Neukonzeption bestehender Telefonanlagen und -lösungen kaum Zeit bleibt.

Wie man angesichts der "IP-Umstellung" am besten vorgehen sollte, hängt von der bislang vorhandenen Telefontechnik ab. Größere Praxen oder Kliniken, die eine ausgewachsene Nebenstellenanlage betreiben, wenden sich am besten an den Anbieter oder Betreuer dieser Systeme.

Erfreulich: In den meisten Fällen muss nicht die komplette Telefonanlage ausgewechselt werden. Oft genügt es, die Komponente zu modernisieren, die bisher den Anschluss ans ISDN verwaltete.

Doch neben den Telefonanschlüssen versorgen ISDN-Leitungen oft auch weitere Systeme – EC-Bezahlterminals, Alarmanlagen oder Aufzug-Notrufsysteme. Auch in diesen Fällen gilt: Ansprechpartner für Fragen zur IP-Umstellung ist der jeweilige Anbieter. Er weiß, in welchem Umfang eine Nachrüstung oder Austausch erforderlich werden.

Einzelpraxen und kleine Praxisgemeinschaften haben jedoch in der Regel keine Telefonanlage. Ihnen genügen häufig ein bis zwei ISDN-Anschlüsse mit zwei bis vier Außen-Leitungen.

Dementsprechend gibt es in solchen Fällen oft auch gar kein Wartungsunternehmen, das für die installierte Technik zuständig wäre. Dann gilt nicht selten das Motto "Hilf Dir selbst".

Router als Adapter und Telefonanlage

Auch wenn die externe Telefonleitung auf IP-Technik umgestellt wird, müssen die internen Telefone und andere Geräte wie Fax oder Anrufbeantworter in der Regel nicht ersetzt werden. Benötigt wird vielmehr ein Adapter, der zwischen der intern genutzten, vorhandenen ISDN-Technik und der künftigen externen IP-Leitung "übersetzt".

Diese Funktion übernehmen nicht zuletzt moderne Internet-Router. Insbesondere die Topmodelle der "Fritzboxen" des Berliner Anbieters AVM beherrschen diese Übung. Sie verfügen zur Teilnehmerseite über eine ISDN-Schnittstelle (Fachjargon: S0-Bus), an der sich vorhandene ISDN-Geräte einfach anschließen lassen.

In Richtung Telefonnetz kommunizieren sie per IP. Anbieter wie 1&1 und Vodafone liefern dieselben AVM-Router zum Teil unter eigenen Produktbezeichnungen – die Technik ist jedoch weitgehend identisch.

Nicht ganz so einfach ist der Umstieg bei den Speedport-Routern, die die Deutsche Telekom ihren Kunden anbietet. Denn sie verfügen nur über analoge Telefonschnittstellen. Mit dem für 70 Euro separat angebotenen "Speedport ISDN-Adapter" lassen sich aber auch Telekom-Router entsprechend erweitern.

Anbieter an Kosten beteiligen

Übrigens: Wenn durch die IP-Umstellung Kosten für Neuanschaffungen oder Anpassungen anfallen, sollte man auf jeden Fall den Netzbetreiber darauf ansprechen. Zumindest anteilig werden solche Kosten im Rahmen der Kundenpflege nicht selten übernommen.

Und noch eine gute Nachricht: Oft steht nach der Umstellung sogar etwas mehr Telefonkomfort zur Verfügung als vorher. Denn in den genannten Routern sind vollwertige, kleine Telefonanlagen integriert, die Funktionen wie Makeln, Rückfragen oder Konferenzschaltungen unterstützen. Bei Bedarf lassen sich an den Internet-Boxen sogar schnurlose Telefone anmelden.

Und im Zusammenspiel mit geeigneten Endgeräten sowie Gegenstellen lässt sich dann unter Umständen sogar die neue "HD-Telefonie" nutzen. Sie liefert sogar noch höhere Sprachqualität und Verständlichkeit als das bisherige ISDN. Das wäre zumindest ein kleiner Lohn der Mühen und Kosten der Umstellung.

All-IP – was ist das?

Der Begriff bezeichnet die Umstellung bisheriger Übertragungstechniken in Telekommunikationsnetzen auf die Basis des Internet-Protokolls (IP) – also vom analogen auf den rein digitalen Anschluss.

Einzelne Dienste wie Telefonie, Fax, Mobilfunk, Internet oder Fernsehen werden dabei einheitlich über die digitalen Leitungen geschickt.

Der Nachteil: Fällt die DSL-Leitung aus oder der Router geht kaputt bzw. hat eine Störung, dann schweigt auch das Telefon.

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