Glückt der Einstieg nach dem Ausstieg?

Für zwei Kieferorthopädinnen entscheidet sich am Mittwoch, ob sie wieder als Vertragszahnärztinnen arbeiten dürfen. Knapp fünf Jahre waren sie vom GKV-System ausgeschlossen - nach der Rückgabe der Kassenzulassung im Jahr 2004.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Raus aus dem KV-System: Das Bundessozialgericht entscheidet heute wieder über die Folgen der Zulassungsrückgabe von Kieferorthopäden in Niedersachsen.

Raus aus dem KV-System: Das Bundessozialgericht entscheidet heute wieder über die Folgen der Zulassungsrückgabe von Kieferorthopäden in Niedersachsen.

© Foto: Bilderbox

Niedersachsens vdek-Chef Jörg Niemann gibt Rückkehrwilligen in die GKV wenig Chancen. Der "Ärzte Zeitung" sagte er: "Die Geschichte der Aussteiger ist eine Geschichte des Scheiterns - als freiberufliche Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet." Selbst die Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KZVN) ist pessimistisch. Ein Vertreter der KZVN sagte: "Das Bundessozialgericht wird kaum gegen das Niedersächsische Sozialministerium entscheiden. Ich fürchte, das Gericht will ein Exempel statuieren!"

Die beiden Ärztinnen sind im Zuge des Streites über den Bemessungsmaßstab BEMA, den EBM der Zahnärzte, 2004 zusammen mit rund 45 niedersächsischen Kollegen aus dem KZV-System ausgestiegen (wir berichteten). Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und Kassen hatten damals den BEMA geändert.

In drei Bezirken des Landes gaben mehr als 50 Prozent der Kieferorthopäden die Zulassung zurück. Die Folge davon: Die Krankenkassen übernahmen hier den Sicherstellungsauftrag, und die Kollegen in den betroffenen Gebieten wurden per Gesetz sechs Jahre lang von der Wiederzulassung ausgeschlossen. Laut Paragraf 95 b SGB V dürfen die kollektiv ausgestiegenen Kieferorthopäden "eine erneute Zulassung frühestens nach Ablauf von sechs Jahren" beantragen.

Mit Angestellten sicherten sich Ärzte die GKV-Einnahmen.

Genau dagegen klagen die beiden Ärztinnen. Im ersten Fall bestreiten die Kieferorthopädinnen und mit ihnen die KZVN, Teil eines kollektiven Ausstiegs gewesen zu sein. Die sechsjährige Sperre dürfe deshalb nicht auf sie angewendet werden. Im zweiten Fall bezweifelt eine der beiden Ärztinnen, dass die Versorgung in dem Bezirk Hildesheim wegen des Ausstiegs von mehr als der Hälfte der Kieferorthopäden nicht mehr gesichert gewesen sei. Beide Anliegen der Kolleginnen wurden bereits mehrfach von den ersten Instanzen zurückgewiesen.

Wie haben die Kollegen die Zeit als Aussteiger aus dem GKV-System finanziell überlebt? Die meisten haben zwei Varianten gewählt, bestätigte ein Vertreter der KZVN. Entweder haben sie einen nicht mehr arbeitenden Zahnarzt reaktiviert und nach entsprechender Genehmigung in die Praxis geholt, um Patienten auch über die Gebührenordnung BEMA behandeln zu können. Oder sie haben sich zugelassene Kassenpartner in die Praxis geholt oder diese bei sich angestellt.

Beide Varianten sind vom paritätisch besetzten Zulassungsausschuss genehmigt worden, so die KZVN, allerdings gegen den Willen der im Ausschuss vertretenen Kassen, bestätigte Hanno Kummer, Sprecher des vdek Niedersachsen, und nur mit einer Stimme Mehrheit: der des neutralen Vorsitzenden.

Vom Ausgang des Verfahrens unberührt ist der Streit zwischen Krankenkassen und 17 Kieferorthopäden um die Behandlungshonorare, die die Ärzte trotz des Ausstiegs von den Kassen erhalten haben. "Wir haben nur unter Vorbehalt gezahlt", sagte Kummer, "und fordern das Geld zurück." Der Streit liegt vor dem Sozialgericht Hannover.

Lesen Sie dazu auch: Zahnärztestreik - wie geht es zurück ins System?

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