Mehr Verdachtsfälle auf Berufskrankheiten

Während Arbeitsunfälle eindeutig von den Unfallversicherungen anerkannt werden, fristen die Berufskrankheiten ein Schattendasein. Obwohl auch hier die Zahl der Meldungen deutlich gestiegen ist. Anerkannt wird aber gerade einmal jede fünfte Erkrankung.

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DORTMUND (reh). Nicht nur die Zahl der Arbeitsunfälle hat wieder deutlich zugenommen: Sie stieg 2010 auf über eine Million (1.045.816) und lag damit 7,3 Prozent höher als ein Jahr zuvor (2009: 974 642).

Auch bei den Verdachtsfällen auf eine Berufskrankheit ist wieder ein deutlicher Sprung zu spüren.

Dabei sind es gerade die Berufskrankheiten, die Ärzte aufhorchen lassen sollten.

Im Vergleich zu mehr als einer Million Arbeitsunfälle scheint die Zahl von 73.425 Verdachtsfälle auf eine Berufskrankheit in einem Jahr eher niedrig zu liegen.

Datenerfassung der Arbeitsunfälle seit 1960

Die Daten stammen aus dem aktuellen Bericht "Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), in dem die BAuA die Daten zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in Deutschland sammelt.

Doch anders als bei den Arbeitsunfällen, die seit 1960 - so lange werden die Daten bereits erfasst - insgesamt einen kontinuierlich rückläufigen Trend aufweisen, natürlich mit kleinen Ausreißern nach oben, haben sich die Verdachtsmeldungen bei den Berufskrankheiten gerade gegenläufig entwickelt.

In den 1960er Jahren lagen die Arbeitsunfälle noch deutlich über 2,5 Millionen im Jahr. Einen kleinen Aufwärtstrend gab es laut BAuA-Bericht noch einmal Anfang der 90er Jahre, als wieder die Zwei-Millionen-Marke geknackt wurde. Seit 2005 liegen sie aber durchweg bei knapp über oder unter einer Million.

Den Anstieg der Unfallquote 2010 begründen die Autoren des Berichts mit der nach dem Krisenjahr 2009 wieder gestiegenen Beschäftigung. Zusätzlich hätten durch den starken Winter 2010 die Wegeunfälle um ein Viertel im Vergleich zu 2009 zugelegt. 2010 waren 226.554 Personen auf dem Weg zur Arbeit verunglückt.

Diskrepanz zwischen Meldungen durch Ärzte und die Anerkennung der Berufskrankheit

Bei den Berufskrankheiten hingegen wurden in den 1960er Jahren gerade einmal um die 30.000 Verdachtsfälle pro Jahr gemeldet. Einen drastischen Anstieg gab es 1993, als die Meldungen auf nahezu 110.000 hochschnellten.

Ab 2003 sackten die Meldungen jedoch auf ein Niveau zwischen 64.000 und 60.000 ab, um 2010 noch einmal deutlich auf über 73.000 Meldungen anzusteigen.

Ein Grund dafür könnte die Erweiterung des Katalogs der Berufskrankheiten im Sommer 2009 sein . Auffällig ist aber vor allem die große Diskrepanz zwischen den Meldungen durch die Ärzte und der Anerkennung der Berufskrankheiten.

2010 wurden gerade einmal 15.926 Fälle als Berufskrankheiten anerkannt. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten 2010 sogar um über vier Prozent (2009: 16 657 anerkannte Berufskrankheiten).

Ganz drastisch zeigt sich das bei den Hauterkrankungen (vgl. Grafik): Hier wurden von 24.022 Verdachtsfällen nur 570 als Berufskrankheit anerkannt. Das heißt, für die Behandlungskosten eines Großteils der Erkrankungen kommt nicht der zuständige Unfallversicherer beziehungsweise die zuständige Berufsgenossenschaft auf, sondern die Krankenversicherung.

Zahl der Toten durch Berufskranken stagniert seit Jahren

Auffällig ist, dass die Zahl der Toten durch Berufskrankheiten seit Jahren auf hohem Niveau stagniert. "Wir haben hier seit Jahren täglich mehr als sechs Tote", sagt Medizinaldirektor a.D. Dr. Franz H. Müsch. Müsch war langjähriger Ressort- bzw. Regierungsvertreter für das Bundesarbeitsministerium in den Berufskrankheitengremien.

Und in der Tat zählen die Statistiken im BAuA-Bericht seit 2002 jährlich über 2.000 Tote durch Berufskrankheiten. Signifikant ist der Anstieg seit 2005, da nahm die Zahl der Todesfälle auf 2.600 und somit auf rund sieben Tote täglich zu.

2009 gab es sogar fast acht Tote täglich (insgesamt 2803 Todesfälle durch Berufskrankheiten).

In 2010 lag die Zahl der Todesfälle bei 2.509. Wobei auch lange nach dem Asbestverbot über die Hälfte der Todesfälle durch Berufskrankheiten immer noch auf Erkrankungen zurückgehe, die das gefährliche Mineral verursache, so die BAuA.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der Druck muss steigen

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