Sachsen-Anhalt

Von der Filialpraxis zur eigenen Hausarztpraxis

Dr. Annett Lüders war Oberärztin in einer Reha-Klinik in Sachsen-Anhalt. Im Gemeinderat wird sie mit Lücken in der Versorgung auf dem Land konfrontiert: Dem Land gehen die Hausärzte aus. Und so beschließt Lüders Hausärztin zu werden - in einer KV-Filialpraxis.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Hausärztin Dr. Annett Lüders hat der KV eine Filialpraxis abgekauft. Tochter Anna (r.) würde diese gerne übernehmen, doch es hapert am Medizinstudium.

Hausärztin Dr. Annett Lüders hat der KV eine Filialpraxis abgekauft. Tochter Anna (r.) würde diese gerne übernehmen, doch es hapert am Medizinstudium.

© Zieler

LETZLINGEN. Eine "gute Fahrschule" nennt Hausärztin Dr. Annett Lüders ihre Tätigkeit in der Letzlinger Filialpraxis der KV Sachsen-Anhalt (KVSA). Anfang des Jahres hat sie die Praxis übernommen, in der sie bis dato angestellt war.

Sachsen-Anhalt gehen die Ärzte aus, insbesondere die Hausärzte auf dem "platten Land", dort, wo immer mehr alte und kranke Menschen wohnen, weil die Jungen der Arbeit hinterherziehen oder einfach keine Lust haben auf Idylle, Natur und Verlassenheit.

Das ist nichts Neues, weder für die, die in ländlichen Regionen leben, noch für Politik, Kassen oder die KV, die den Sicherstellungsauftrag inne hat. Und das ist auch nicht nur ein Problem Sachsen-Anhalts. "Nur trifft es uns besonders hart", sagt Dr. Burkhard John, KV-Vorstand.

Hausärztin im Heimatdorf

Er drängt und wirbt schon seit Jahren, dem Problem wirksam zu begegnen. Und er hat Partner gefunden - in der Landesregierung und der AOK Sachsen-Anhalt.

Ergebnis sind Professuren für Allgemeinmedizin an den Universitäten Halle und Magdeburg, Stipendien für angehende Ärzte, die im Land bleiben wollen, und Filialpraxen als Eigeneinrichtungen der KVSA, die Miete, Mobiliar, Technik und Ausstattung finanziert, Ärzte und Arzthelferinnen anstellt.

Bis vor Kurzem gehörte auch die Hausarztpraxis in Letzlingen der KVSA, die dort 2010 als erste Filialpraxis in Sachsen-Anhalt etabliert wurde. Angestellt waren zunächst zwei bereits pensionierte Mediziner, die sich die Sprechstunden teilten, vor zwei Jahren kam Dr. Annett Lüders dazu, eine ortsansässige Internistin, bis dato Oberärztin in einer Reha-Klinik.

"Ich saß damals im Gemeinderat und kannte die Probleme nur zu gut. Im Interesse einer langfristigen und tragfähigen Lösung habe ich mich entschlossen, Hausärztin in meinem Heimatdorf zu werden."

Annett Lüders, die nie zuvor in einer Niederlassung gearbeitet hatte, ließ sich bei der KVSA anstellen. "Mittlerweile weiß ich, wie es im Vertragsarztbereich zugeht, kenne die Patientenzahlen (1000 bis 1200 pro Quartal) und meine Einschätzung, auch finanziell klarzukommen, ist durchaus realistisch."

Seit Anfang 2014 gehört die Letzlinger Hausarztpraxis Dr. Annett Lüders. "Ich habe sie der KVSA abgekauft, preislich konnten wir uns einigen." Einen Kredit musste die Ärztin dafür nicht aufnehmen. "Ich bin sehr sparsam, fahre einen 15 Jahre alten Volvo - ein ideales Landarztauto."

Tochter will Praxis übernehmen

Beide Arzthelferinnen sind VERAHs (Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis), die Annett Lüders dank der besonderen Qualifizierung bestimmte Hausbesuche abnehmen und sie entlasten können. Seit Jahresbeginn arbeitet auch Tochter Anna mit in der Praxis. Sie ist Physiotherapeutin, würde jetzt aber gern Medizin studieren.

Doch ihr Abiturschnitt von 2,3 hat ihr bis heute den Weg an eine Universität in der Region verwehrt. "Ich bin ein Familienmensch, möchte nicht in Bayern oder im Ausland studieren."

Weil Anna ein Familienmensch ist, würde sie später gern in der Letzlinger Praxis als Hausärztin arbeiten, sie von ihrer Mutter übernehmen. Noch hat sie ihren Traum nicht aufgegeben. "Ich bewerbe mich in diesem Jahr zum siebten Mal."

Dass sie frühestens mit Mitte 30 Vertragsärztin werden könnte, ist für Anna Lüders kein Hindernis. "Besser spät als nie", sagt sie.

In der Praxis hat Annett Lüders mit der Übernahme etliches neu organisiert, etwa das Bestellsystem. Die Wartezeiten auf einen Termin und in der Praxis sind heute deutlich geringer. Selbst in Infektionshochzeiten. "Alles eine Frage der Organisation", ist Lüders überzeugt, die auf dem Weg zur papierlosen Praxis ist.

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