Raum München

Time-Share-Praxis entlastet Ärzte von der Bürokratie

Eine medizinische Infrastruktur, die sich zeitweise anmieten lässt – ohne wirtschaftliches Risiko? Das bietet das Konzept der Time-Share-Praxis. Bereits zwei Praxen, in denen sich Ärzte lästige Organisationsarbeit abnehmen lassen, gibt es im Raum München.

Von Barbara Schneider Veröffentlicht:
Geben Ärzten Raum: die Gesundheitsmanager Michael und Barbara Müller aus Holzkirchen haben die Time-Share-Praxis erfunden.

Geben Ärzten Raum: die Gesundheitsmanager Michael und Barbara Müller aus Holzkirchen haben die Time-Share-Praxis erfunden.

© Jürgen Stoschek

MÜNCHEN. Ursula Gresser hat lange nach einem Praxis-Konzept gesucht, das zu ihr passt. Seit Sommer arbeitet die Internistin und Gichtexpertin nun in der Time-Share-Praxis in München-Freiham. Das Praxiskonzept biete ihr ein Maximum an Flexibilität, sagt sie. Aber auch die komplett ausgestattete Praxis und die Praxisgemeinschaft mit Kollegen anderer Fachrichtungen ist für sie ein Plus.

Die Time-Share-Praxis ist ein Praxiskonzept, das die Gesundheitsexperten Michael und Barbara Müller entwickelt haben und das sich nach wie vor stetig weiter entwickelt (wir berichteten). Die Idee ist einfach und setzt auf Aufgabenteilung. "Wir stellen die Infrastruktur, das heißt, ausgestattete Praxisräume, Geräte und die komplette nicht-medizinische Verwaltung", sagt Barbara Müller.

In der Praxis arbeiten dann Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, die sich ausschließlich um die medizinische Versorgung ihrer Patienten kümmern. "Wir erstellen in Absprache mit den Ärzten einen Belegungsplan, wann welcher Arzt zu welcher Zeit die Räume nutzt", sagt Müller.

Konzept startete 2006

Die erste Time-Share-Praxis haben die Gesundheitsexperten 2006 im Atrium Gesundheitszentrum in Holzkirchen eröffnet. Seit 2012 gibt es auch in München-Freiham eine Time-Share-Praxis. Die Praxis ist noch im Aufbau, was auch daran liegt, dass der Stadtteil noch am Entstehen ist. In den kommenden Jahren sollen am westlichen Stadtrand von München auf 350 Hektar Wohnungen für rund 20.000 Menschen entstehen.

In der Time-Share-Praxis in Freiham arbeiten inzwischen neun Ärzte – angefangen beim Dermatologen über Allgemeinmediziner bis hin zum Neurologen und eben der Gichtspezialistin. Dazu kommen mehrere MFA, die von der Time-Share-Praxis gestellt und bezahlt werden. Sieben Sprechzimmer hat die Praxis, dazu kommen noch elf Funktions- und Untersuchungszimmer.

Ursula Gresser, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist zwei Tage in der Woche in der Time-Share-Praxis in Freiham. "Das Time-Share-Konzept erlaubt es mir als Ärztin, mich 100 Prozent auf meine Patienten zu konzentrieren", sagt die Rheumatologin. Im Gichtzentrum München behandelt sie Privatpatienten und Selbstzahler: Menschen mit Gicht, ungeklärten Gelenkschmerzen oder ungeklärter Atherosklerose oder Erektionsstörungen gehören zu ihren Patienten.

Interessant für Praxis in Teilzeit

Im Time-Share-Konzept sieht Ursula Gresser einen enormen Vorteil: Denn der Papierkram und die gesamte Administration fallen weg, das übernimmt das Team der Gesundheitsexperten Müller. Im Gegenzug erhalten die Betreiber der Time-Share-Praxis eine prozentuale Kostenbeteiligung aus den Einnahmen. "Die liegt aber nicht höher, als es die Kostenquote einer selbst betriebenen Praxis wäre", sagt Gresser. "Ich habe nur dann eine Kostenabgabe zu entrichten, wenn ich tätig bin und dadurch Einnahmen erziele." In Urlaubszeiten fallen keine Kosten an. "Das ist ein großer Vorteil, wenn man wie ich keine Vollzeitpraxis betreiben möchte", sagt Gresser, die neben der Praxis noch als ärztliche Sachverständige für die Justiz arbeitet.

Und wie rechnet sich das Konzept für die Gesundheitsexperten Müller? "Einer unserer größten Benefits ist es, dass die Geräte höher ausgelastet sind als in einer normalen Hausarzt- oder HNO-Praxis", sagt Barbara Müller. Denn die Fixkosten für Geräte – angefangen beim Ultraschall bis hin zu EKG-Geräten – wie auch die Miete sind ja immer gleich. In der Time-Share-Praxis nutzen aber mehr Ärzte Geräte und Räumlichkeiten. In Holzkirchen etwa, sagt Müller, liegt die Auslastung bei 60 bis 70 Stunden die Woche. "Zum Vergleich: Ein Hausarzt nutzt seine Praxis im Schnitt 30 Stunden."

Ursula Gresser sieht noch einen Vorteil: In einer Praxis mit mehreren Kollegen unterschiedlicher Fachrichtungen gibt es Synergien. "Ich kann meine Kollegen zu einem Fall fragen, aber auch den Patienten vom Kollegen anschauen lassen."

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