Heilberufler 2030

Krankenhäuser als "Allrounder" auf dem Land?

Die Versorgungslandschaft wird sich in den kommenden 13 Jahren gewaltig verändern. Davon sind zumindest junge Ärzte, Zahnärzte und Apotheker überzeugt. Eine aktuelle Studie der apoBank zeigt ziemlich detailliert, was die jungen Heilberufler umtreibt.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Der Trend ist teilweise bereits heute zu beobachten: MVZ, teilweise von Klinikkonzernen gesteuert, übernehmen die Versorgung in ländlichen Gebieten. Wenn es nach jungen Heilberuflern geht, wird dieses Szenario im Jahr 2030 dominieren. Das ergibt sich aus den Ergebnissen der jüngsten Studie "Zukunftsbild Heilberufler 2030", für die die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) jeweils rund 100 junge, kurativ tätige Haus- und Fachärzte sowie Zahnärzte und Apotheker befragt hat.

Eines der markantesten Ergebnisse der Studie ist die Prognose von zwei Dritteln der Befragten, dass Kliniken "in ländlichen Regionen nahezu vollständig die ambulante medizinische Versorgung übernehmen" werden. Sogar 82 Prozent der Heilberufler gehen davon aus, dass private Investoren zunehmend Praxen/Apotheken aufkaufen und bundesweite Kettenkonzepte anbieten werden.

Viele Varianten der Spezialisierung

Die Antwort der selbstständigen Freiberufler auf diese kapitalkräftige Konkurrenz könnte eine zunehmende Spezialisierung sein. Denn 90 Prozent der Heilberufler sehen Spezialisierung als "bedeutenden Erfolgsfaktor", wobei die Quote bei Allgemeinmedizinern mit 79 Prozent etwas niedriger liegt. Das bedeute allerdings nicht, dass die Ärzte in Zukunft "alle in hoch investive und hoch spezialisierte Fachrichtungen reingehen", interpretiert Daniel Zehnich, Direktor Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank, das Ergebnis.

Vielmehr sei auch der erfolgreiche Aufbau einer allgemeinärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten mit innovativen Konzepten eine Art der Spezialisierung. "Das hat vielleicht sogar mehr Potenzial als Konzepte in Ballungsräumen."

Kliniken verlieren an Attraktivität

Die Rolle der Kliniken in rund eineinhalb Jahrzehnten wird von den jungen Heilberuflern allerdings ambivalent gesehen: Mehr als zwei Drittel der Ärzte erwarten, dass Krankenhäuser für junge Heilberufler als Arbeitgeber an Attraktivität verlieren werden, etwa weil die Arbeitszeiten nicht an die Bedürfnisse der Ärzte angepasst werden. Ebenfalls gut zwei Drittel der Ärzte erwarten, dass die "Sektoren ambulant und stationär zunehmend miteinander verschmelzen" werden. Das könnte dann auch bedeuten, dass Kliniken stärker als heute sektorübergreifend tätig werden.

Schrittmacher bei der Verschmelzung der Sektoren wird auf jeden Fall die Digitalisierung sein, so ein weiteres Ergebnis der Studie: Denn 83 Prozent der jungen Heilberufler erwarten eine Vernetzung von ambulantem und stationärem Sektor durch die Digitalisierung. Als selbstverständlich werden dabei von der großen Mehrheit der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker Standards wie digitale Abrechnung zwischen Apotheken und Krankenkassen (96 Prozent), elektronisches Rezept (94 Prozent), IT-gestützte Diagnostik (93 Prozent), digitales Management der Medikamenteneinnahme (90 Prozent) und die E-Gesundheitsakte (89 Prozent) angesehen.

So sehr die jungen Heilberufler eine starke Änderung der Versorgungslandschaft erwarten: Grundlegende Änderungen im Gesundheitssystem halten sie nicht für wahrscheinlich. Laut Studie halten es 71 Prozent der jungen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker für sehr oder eher wahrscheinlich, dass das duale System aus GKV und PKV bestehen bleibt. Nur 43 Prozent sehen die Einführung einer Bürgerversicherung als wahrscheinlich an. Noch weniger wahrscheinlich (25 Prozent) ist nach Meinung der Teilnehmer allerdings die Einführung einer Kopfpauschale, bei der jeder Bürger denselben Beitrag einzahlt.

Studie Zukunftsbild Heilberufler 2030

- Initiator: Deutsche Apotheker- und Ärztebank zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Forsa.

- Methodik: Online-Befragung von jeweils rund 100 kurativ tätigen Allgemeinärzten, Fachärzten, Zahnärzten und Apothekern im Alter zwischen 25 und 40 Jahren mit drei bis neun Jahren Berufserfahrung.

- Befragungszeitraum: Februar und März 2017

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