Hire a doctor: Einen Hausarzt gibt's schon ab 50 Euro pro Stunde zu mieten

Vermittlungsagenturen für ärztliche Vertretungskräfte haben Hochkonjunktur. Auch immer mehr Hausärzte suchen nach Praxisvertretungen. Experten erwarten, dass der Bedarf noch wächst.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Agenturen haben die Gesundheitsbranche als interessantes Feld für die Vermittlung von Personal entdeckt.

Agenturen haben die Gesundheitsbranche als interessantes Feld für die Vermittlung von Personal entdeckt.

© Foto: Andres Rodrigues Fotolia.de

Sie heißen DocTime24, Hire a Doctor oder praxis-vertretung.com: Agenturen, die Ausfallzeiten bei Auftraggebern durch Honorarärzte ausgleichen. Die starke Nachfrage nach Ärzten hat dazu geführt, dass in jüngster Zeit immer mehr Anbieter solcher Vermittlungen auf den Markt drängen.

Auch die Personalagentur Tiempo widmet sich über ihren Ableger Tiempo Med dem Gesundheitsbereich. Die Agentur vermittelt ärztliches Personal in eine Anstellung oder verleiht es für eine bestimmte Zeit. Derzeit hat Tiempo Med als Leiharbeiterin nur eine einzige Ärztin fest angestellt, die sich an verschiedenen Orten einsetzen lässt. Die Einsatzzeiten fangen laut Kai Dittmer von Tiempo Med bei zwei Wochen an, das Honorar ist Verhandlungssache. Er ist sicher, dass sich das Modell mit ärztlichen Leiharbeitern ausbauen lässt: "Der Bedarf an Ärzten ist nicht zu übersehen."

Die Agentur empfiehlt 14 Tage Vorlaufzeit

Überwiegend wird kurzfristiger Bedarf nach ärztlicher Arbeitskraft aber durch Honorarkräfte gedeckt. Wer eine solche Aushilfskraft für die Praxis plant, sollte mindestens 14 Tage vor dem Start bei einer Agentur anfragen. Navid Lodhia von der Göttinger Agentur Lodhiamedics rät nicht nur wegen des hohen Bedarfs zu einer noch früheren Anfrage. Für den Praxisinhaber habe das den Vorteil, sich vernünftig auf die Vertretung vorzubereiten und den Anbieter zu prüfen. Dabei rät er Praxisinhabern, auf Transparenz zu achten. "Beide Seiten brauchen Rechtssicherheit. Dafür ist ein unkomplizierter Zugang zum Vertragswerk erste Voraussetzung", sagt Lodhia, der seit über drei Jahren Ärzte vermittelt und dabei aus einem Pool von mehreren hundert Honorarärzten schöpft. Nach seinen Erfahrungen halten sich nicht alle in der Branche an die Transparenz. Er schätzt, dass es in 30 Prozent der Vermittlungen Probleme zwischen den Vertragspartnern gibt. Diese können etwa auftreten, wenn Absprachen zur Übernahme von Kosten oder Provisionen schriftlich nicht klar festgehalten sind.

Die Honorarsätze, zu denen Praxisinhaber einen Vertreter engagieren können, schwanken je nach Fachrichtung und gewünschter Spezialisierung. Hausärzte finden laut Lodhia Vertretungen ab 50 Euro je Stunde aufwärts. Für den Auftraggeber kommen noch die Benzinkosten und die Unterkunft hinzu. Für stark nachgefragte Spezialisten kann der Stundensatz auf 100 Euro klettern. Am schwersten ist es derzeit, Onkologen zu buchen. Die Vermittlungsprovision kassieren die meisten Agenturen inzwischen bei den Auftraggebern, weil die Nachfrage nach ärztlicher Arbeitszeit stark angestiegen ist. Auch Lodhiamedics reagiert auf den Markt und stellt im März um - bislang zahlen dort noch die Honorarärzte.

Für Sven Konzack von DocTime24 ist klar, dass das suchende Unternehmen die Provision zahlt - in diesem Fall erhält die Agentur einen Stundenlohn für jeden gebuchten Tag des Arztes. "Das Unternehmen verdient mit der Arbeitskraft Geld, also zahlt es auch die Provision", sagt Konzack.

Er ist seit vier Jahren in der Personalvermittlung tätig und wegen des hohen Bedarfs am Jahresbeginn mit der auf Ärzte spezialisierten Agentur gestartet. Er hat die Erfahrung gemacht, dass für Hausärzte im Süden zwischen 60 und 70 Euro, im Osten eher zwischen 50 und 60 Euro die Stunde gezahlt werden.

Neben dem Preis ist nach Erfahrungen Lodhias auch die Perspektive, die sich aus einer Honorartätigkeit entwickeln kann, für die Ärzte wichtig. Trotz des derzeitigen Booms sollten sich Ärzte nach seiner Ansicht genau überlegen, ob und wie lange sie die oft anstrengende und mit häufigen Ortswechseln verbundene Tätigkeit als Honorarkräfte ausüben wollen - er mpfiehlt maximal drei Jahre.

Vertretungsbedarf entsteht meist unter Zeitdruck

Bevor sich ein Arzt als Honorarkraft verpflichtet, sollten Agenturen nach Lodhias Meinung auf Chancen und Grenzen gleichermaßen hinweisen. Das Problem für die Auftraggeber: Sie stehen in aller Regel unter hohem Zeitdruck. Die von Lodhia empfohlenen mehreren Wochen Vorlaufzeit sind etwa bei Ausfallzeiten durch Krankheit nicht einzuhalten: "Vertretungsbedarf entsteht oft in Hochdrucksituationen. Dann muss eine Agentur auch sofort reagieren können." Nach seiner Einschätzung werden solche Situationen wegen des steigenden Durchschnittsalters der Praxisinhaber künftig häufiger eintreten.

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