Mancher Betriebsausflug wird zum Fall fürs Arbeitsgericht

Betriebsfeste oder -ausflüge, die vor der Urlaubszeit in vielen Arztpraxen anstehen, sind gut gemeinte Gesten des Praxischefs. Doch wie so vieles im Arbeitsleben ist auch dieser Bereich stark reglementiert.

Von Wolfgang Büser Veröffentlicht:
Auf das Wohl des Teams? Für Mitarbeiter ist das steuerfrei. © Kzenon / fotolia.com

Auf das Wohl des Teams? Für Mitarbeiter ist das steuerfrei. © Kzenon / fotolia.com

© Kzenon / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Für viele Arbeitnehmer der Höhepunkt des Jahres, für einige ein verlorener Tag. Bevor die Haupturlaubszeit beginnt, laden viele Arbeitgeber zum Betriebsausflug ein. Doch die gut gemeinten Einladungen zur Förderung des Betriebsklimas führen auch dazu, dass sich die Arbeitsgerichte einschalten mussten. So war zum Beispiel zu klären, ob Arbeitnehmer verpflichtet sind, an der Veranstaltung teilzunehmen oder ob sie den Tag auch ohne ihre Kollegen verbringen dürfen.

Einen konkreten Gesetzestext gibt es zu diesem Thema nicht. Zu ihrem "Glück" gezwungen werden dürfen die Arbeitnehmer - zum Beispiel durch Abzug eines Tages vom Erholungsurlaub - aber auch nicht. Und: Ob ein Praxischef darauf drängen sollte, dass lustlose Beschäftigte am Betriebsausflug teilnehmen, ist zumindest überlegenswert ...

Fest steht: Wer die Einladung des Arbeitgebers ablehnt, der muss seiner Arbeit nachgehen. Der Chef hat dafür zu sorgen, dass die Möglichkeit dazu besteht. Arbeitnehmer, die zu Hause geblieben sind und nicht zur Arbeit gehen - obwohl sie es könnten -, müssen auf einen Tag ihres Erholungsurlaubs verzichten. Andererseits: Ist für Daheimgebliebene keine Arbeit zu tun, so brauchen sie natürlich keinen Urlaubstag zu opfern.

Keinen Streit mehr gibt es seit einem Urteil des Bundesfinanzhofs, ob sich ein Betriebsfest auch zu einem Betriebsausflug mausern kann - und ob der Arbeitgeber dennoch seinen Aufwand steuerlich abrechnen kann. Vorausgesetzt wird allerdings unter anderem, dass in der Regel die Veranstaltung dem gesamten Praxisteam "zugänglich" ist. Von daher sind so genannte Incentive-Essen (als Belohnung nur für ausgewählte Mitarbeiter) keine begünstigten Betriebsveranstaltungen. Die Teilnahme von Angehörigen, Lebensgefährten oder sonstigen Gästen ist möglich. Aber: Die Aufwendungen für solche "Mitbringsel" werden bei der Höhe des steuerfreien Betrages von maximal 110 Euro pro Arbeitnehmer berücksichtigt. Wer zum Beispiel seinen (Ehe-)Partner oder Freund mitbringen darf, für den stehen also "pro Kopf" nur 55 Euro steuerfrei zur Verfügung.

Als "üblich" werden vom Finanzamt zwei Veranstaltungen pro Jahr angesehen (zum Beispiel ein Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier). Und das unabhängig davon, ob der einzelne Arbeitnehmer auch an beiden Veranstaltungen teilnimmt. Bei mehr als zwei Veranstaltungen darf der Arbeitgeber wählen, welche steuerfrei bleiben sollen.

Und wenn während eines Betriebsausflugs/-festes ein Unfall passiert oder auf dem Wege dorthin oder von dort nach Hause? Diese Veranstaltungen sind "dienstlich". Damit zählen die Unfälle als "Arbeitsunfälle", als wenn sie während der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg passieren.

Az.: 5 AZR 24270; 12 K 70/04; S 3 U 27/07; VI R 68/00; VI R 151/99; VI R 41/92; VI R 151/00; VI R 157/98; B 2 U 52/02 R; L 3/9 U 422/01

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert