Inklusion im Job

Chronisch Kranke haben Angst vor dem "Outing"

Arbeitnehmer würden im Job lieber schweigen, wenn sie persönlich von chronischen Erkrankungen betroffen wären. Die Inklusion im Berufsleben sehen viele skeptisch. Das zeigt eine neue Studie.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Im Falle einer chronischen Erkrankung haben viele Arbeitnehmer Angst vor negativen Folgen im Berufsleben.

Im Falle einer chronischen Erkrankung haben viele Arbeitnehmer Angst vor negativen Folgen im Berufsleben.

© Dan Race / Fotolia.com

HAMBURG. Jeder zweite Berufstätige in Deutschland fürchtet, im Falle einer intimen chronischen Erkrankung wie einer Inkontinenz in seinem Arbeitsleben stark oder sehr stark eingeschränkt zu werden. Sie erwarten vor allem, in ihrer beruflichen Weiterentwicklung gebremst zu werden, dass die eigene Arbeitsleistung leiden könnte oder dass schon die weitere Ausübung ihrer bisherigen Tätigkeit problematisch werden würde.

43 Prozent gehen davon aus, dass die Beziehungen zu den Arbeitskollegen sehr stark oder stark beeinträchtigt würden. 42 Prozent befürchten sogar, dass so eine dauerhafte Erkrankung sie stark oder sehr stark darin einschränken könnte, überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können.

Das zeigt die Studie "Inklusion in Beruf und Alltag" im Auftrag des Medizinprodukteherstellers Coloplast. Für die bevölkerungsrepräsentative Studie, deren Ergebnisse der "Ärzte Zeitung" vorliegen, befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1000 Bundesbürger ab 18 Jahren.

Am stärksten ausgeprägt sind die Ängste in puncto chronische Erkrankungen im Job unter jungen Leuten. Mehr als alles andere fürchten die Berufstätigen im Alter von 18 bis 29 Jahren, ihre bisherige Tätigkeit nicht weiter ausüben zu können.

71 Prozent von ihnen rechnen hier mit starken oder sehr starken Einschränkungen. Direkt dahinter folgt mit 69 Prozent die Angst, die eigene Arbeitsleistung könnte unter einer sehr persönlichen chronischen Erkrankung leiden.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

"Die Zahlen zeigen, dass beim Thema Inklusion am Arbeitsplatz noch viel zu tun ist. Wir müssen Ängste abbauen und zeigen, dass eine chronische Krankheit nicht automatisch die berufliche Leistungsfähigkeit ausbremst", sagt Michael Zwick, Geschäftsführer Coloplast Deutschland.

Heute gebe es für viele persönliche, dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen qualitativ hochwertige, sichere und diskrete Hilfsmittel, die den Betroffenen eine erfolgreiche, aktive Teilnahme am Berufsleben ermöglichten, ergänzt er.

Jeder Vierte würde im Job schweigen

Die meisten Menschen könnten sich nicht vorstellen, eine persönliche chronische Erkrankung mit ihrem gesamten Kollegenkreis zu teilen. Nur 15 Prozent der Deutschen würden im Falle einer intimen chronischen Krankheit diese mit allen Kollegen besprechen.

59 Prozent sprächen mit wenigen, ihnen besonders nahstehenden Kollegen über die Erkrankung. Mit 26 Prozent würde mehr als jeder vierte Deutsche die Krankheit am Arbeitsplatz komplett geheim halten.

Zwar haben Menschen mit chronischen Erkrankungen einen Anspruch auf Inklusion am Arbeitsplatz. Aus Sicht der Umfrageteilnehmer muss hier aber bei den meisten chronischen Krankheiten noch sehr viel oder viel getan werden.

Über Handlungsbedarf einig

So sind 90 Prozent der Befragten dieser Ansicht, wenn es um die Inklusion am Arbeitsplatz von Menschen mit dauerhaften körperlichen Einschränkungen wie zum Beispiel einer Querschnittslähmung geht.

88 Prozent sehen diesen Handlungsbedarf bei Mitarbeitern mit Krebserkrankungen, 87 Prozent bei Beschäftigten mit mentalen Behinderungen wie einer Trisomie 21, bei intimen Indikationen wie einer Inkontinenz sehen 86 Prozent noch Optimierungspotenzial.

Bei psychischen Erkrankungen - in Deutschland zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage - sehen 84 Prozent Verbesserungsbedarf.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mär von der Inklusion im Job

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zum Pankreaskarzinom aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen