Aus Freiberuflern werden Mittelständler

NÜRNBERG/FÜRTH. Die Verflechtung der ambulanten mit der stationären Versorgung wird immer enger. Dabei können sich ambulante Anbieter gegen stationäre Einrichtungen durchaus behaupten, wie das Beispiel eines Verbunds von MVZ und stationären Einrichtungen im Großraum Nürnberg, Fürth und Bamberg zeigt.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Eine Medizinische Fachangestellte erhebt im MVZ Fürth mit Hilfe eines Gerätes einen Befund.

Eine Medizinische Fachangestellte erhebt im MVZ Fürth mit Hilfe eines Gerätes einen Befund.

© Foto: sbra

Hochspezialisierte operative Augenmedizin anzubieten, möglichst im Verbund mit dem Krankenhaus vor Ort - das war von Anfang an das Ziel, als sich Dr. Manuel Ober und Dr. Armin Scharrer vor 26 Jahren in einer Gemeinschaftspraxis im Zentrum von Fürth niederließen. Die enge Anbindung ans Krankenhaus war daher selbstverständlich.

Nach einem kontinuierlichen Wachstum in den ersten Jahren begann mit der Gesundheitsreform von 2003, die neue Möglichkeiten der Kooperation brachte, eine größer angelegte Expansionsphase. Seitdem ist aus der Gemeinschaftspraxis ein Verbund aus Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) an mehreren Standorten im Großraum Nürnberg/Fürth und Bamberg geworden. Teil der Ober-Scharrer-Gruppe mit 240 Angestellten, darunter etwa 40 Ärzte, sind auch stationäre Einrichtungen und Kooperationen mit Klinikträgern vor Ort.

Operative Leistungen bilden die Kernkompetenz

Das Geschäftsmodell, das hinter der Expansion steckt, ist so einfach wie effektiv: Kernkompetenz der "Augenärzte Dr. Ober - Dr. Scharrer" sind operative Leistungen. Auf eine hohe Auslastung der Kapazitäten sind letztlich alle Aktivitäten ausgerichtet. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Facharzt-Versorgung vor Ort. "Es ist nicht sinnvoll, Op-Zentren an jedem Ort zu haben, aber die fachärztliche Versorgung in der Fläche ist sinnvoll", sagt Jörg Sämann, Geschäftsführer der Gruppe am MVZ Fürth.

Die Gruppe unterhalte Op-Zentren an zentralen Orten mit augenärztlichen Filialen in der Peripherie, die dann bei Bedarf an ein Op-Zentrum verweisen. Die MVZ sind dabei immer stark auf die augenärztliche Versorgung ausgerichtet, mit jeweils einem Arzt einer anderen Fachrichtung - Allgemeinmedizin, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, HNO und Anästhesie. Die Ärzte der Gruppe arbeiten alle auf Basis einer Anstellung. "Im medizinischen Bereich arbeiten die Ärzte ohne Restriktionen, so frei, wie sie sein müssen, um ihren Beruf sinnvoll ausüben zu können", beschreibt Sämann das Arbeitsverhältnis. Das Management sorge lediglich für eine reibungslose Organisation.

Die Ärzte, die für Dr. Ober - Dr. Scharrer arbeiten, sind hoch spezialisiert. "Wissen Sie, das Auge zergliedert sich in der Medizin immer mehr. Für alle Operationen - zum Beispiel Glaskörper, Kataraktoperationen, refraktive Chirurgie - haben wir Spezialisten, die in ihrem Spezialgebiet dann auch hohe Op-Zahlen aufweisen", erläutert Dr. Armin Scharrer. Diese Spezialisten reisten von Zentrum zu Zentrum, wo sie jeweils ihre Operationen machen.

Es ist vor allem die hohe Spezialisierung, die die Gruppe geradezu dafür prädestiniert, Partner für die stationäre Versorgung zu werden. Dr. Ober und Dr. Scharrer unterhalten eigene Privatkliniken in der Region; sie arbeiten mit dem Klinikum in Fürth nach dem Belegarztmodell zusammen; und mit dem Klinikum Nürnberg-Nord gibt es eine enge Kooperation, die bis dahin geht, dass der Chefarzt der Klinik, Privatdozent Dr. Josef Schmidbauer, "einvernehmlich berufen" wurde, wie Klinikvorstand Dr. Alfred Estelmann erläutert.

In der Augenmedizin wird fast alles ambulant gemacht

Schmidbauer arbeitet für die Ober-Scharrer-Gruppe ebenso wie für das Klinikum, die Kooperation erstreckt sich aber noch weiter: zum Beispiel auf gemeinsame Gerätenutzung. "Gerade in der Augenmedizin wandern viele operative Leistungen in den ambulanten Bereich rüber", erläutert Estelmann. Eine Augenklinik brauche daher heute einen ambulanten Zugang. "Seit dem Start der Kooperation vor einem Jahr haben sich im Klinikum Nürnberg die Fallzahlen schon deutlich erhöht, bei vertretbarem Aufwand", sagt Jörg Sämann. Ein ähnliches Kooperationsmodell betreibt die Klinik in Nürnberg auch in der Strahlentherapie.

Professionelles Management, hoch spezialisierte Leistungen, enge Verzahnung von Klinik und Praxis - ist das die Zukunft der ambulanten Medizin? Vielleicht nicht jeder dieser Aspekte in jedem Fachgebiet. Aber eines ist klar: "Wir sind in der Augenmedizin nicht die einzigen, die so etwas machen", sagt Dr. Armin Scharrer. Das Ende der Entwicklung ist noch nicht erreicht.

Wollen Sie mehr darüber wissen, wie ein großes MVZ arbeitet, zum Beispiel bei Selbstzahlerleistungen? Dann lesen Sie "IGeL plus", das Ende der Woche erscheint (siehe Kasten unten rechts). Dort ist ein großer Praxisbericht über das MVZ Fürth zu finden.

STICHWORT

Augenärzte Dr. Ober - Dr. Scharrer

Die Chefs: Dr. Manuel Ober und Dr. Armin Scharrer, beide Augenärzte, seit 1982 niedergelassen.

Die Standorte: MVZ in Fürth, Nürnberg, Bamberg und Münchberg, mehrere stationäre Einrichtungen im Raum Nürnberg/Fürth.

Das Team: Insgesamt etwa 240 Angestellte, darunter ungefähr 40 Ärzte, die meisten davon Augenärzte.

Die Zuweiser: Kollegen aus ganz Nordbayern weisen in die Einrichtungen ein.

Die Patienten: Im Jahr werden in den Einrichtungen mehr als 100 000 Patienten betreut.

Internet: www.ober-scharrer.de

Lesen Sie dazu auch: Aus einer Praxis wird ein Unternehmen mit 40 Ärzten

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